Poltes Film eröffnete am gestrigen Mittwoch das Festival
Der Eröffnungsfilm war "Wer hat eigentlich die Liebe erfunden?" von Kerstin Polte

Nochmal durchstarten: Charlotte (Corinna Harfouch) und ihr Mann Paul (Karl Kranzkowski) fliehen aus ihrem Alltag. Foto: Alamode Film
Von Stefan Otto
Ludwigshafen. "Ich fühle mich unglaublich geehrt", bekennt Regisseurin Kerstin Polte, deren fantasievolle Tragikomödie "Wer hat eigentlich die Liebe erfunden?" am gestrigen Mittwoch das 14. Festival des deutschen Films auf der Ludwigshafener Parkinsel eröffnet hat. "Ich habe an der Hochschule Karlsruhe in der Filmklasse von Didi Danquart studiert", berichtet Polte. "Lustigerweise hat damals einer seiner Filme (’Offset’) das Festival in Ludwigshafen eröffnet."
Bei dieser Gelegenheit habe sie 2006 das Festival kennen- und liebengelernt und insgeheim schon den Wunsch gehegt, dass eines Tages ein Film von ihr hier vorgestellt werde. "Jetzt freue ich mich enorm, dass dieser Traum schon mit meinem Debütfilm in Erfüllung geht, und dann auch noch ebenfalls als Festivaleröffnung. Was gibt es Schöneres?!"
Polte, 1975 in Wiesbaden geboren, ging nach ihrer Schulzeit zuerst nach Kanada, um in Québec Theater, Film und Literatur zu studieren. Zurück in Europa lernte sie bei Danquart und an der Zürcher Hochschule der Künste. Parallel zum Studium arbeitete sie als Redakteurin und Regisseurin acht Jahre lang für die Jugendprogramme des SWR in Baden-Baden. "In dieser Zeit war ich beruflich viel in Ludwigshafen, Heidelberg und besonders in Mannheim unterwegs", erinnert sie.

Kerstin Polte. Foto: zg
Im Zwinger in Heidelberg inszenierte sie 2005 zusammen mit Bettina Bruinier und Marie Enzler das Stück "Calling Patty Hearst" um die Entführung der Enkeltochter von Medien-Tycoon William Randolph Hearst. Nach ein paar Kurzfilmen drehte sie die Dokumentation "Kein Zickenfox" über das Frauenblasorchester Berlin, mit 65 Musikerinnen das größte seiner Art überhaupt.
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"Wer hat eigentlich die Liebe erfunden?" ist ihr erster 94 Minuten langer Spielfilm. "Die Geschichte ist letztlich eine Reise meiner Figuren von der Enge ihres Alltags, von der eingeklemmten Drehtür am Anfang, bis hin zur Weite, zu den Wolken und zum Meer, wo sie endlich wieder atmen können", erklärt Polte, die auch das Drehbuch geschrieben hat. "Es geht um eine Familie, die sich erst mal verlieren muss, um einander wiederzufinden."
Da ist Charlotte (gespielt von Corinna Harfouch), die in letzter Zeit mehr vergisst als sie erlebt. "Warum soll ich verschwinden, wenn ich gar nicht da war?" fragt sie im Alter und beschließt, nun wenigstens jenen Rest des Lebens, der ihr noch bleibt, zu genießen. Wie einen Hund lässt sie ihren Mann Paul (Karl Kranzkowski) an einem Autobahnrastplatz zurück und startet mit ihrer Enkelin Jo in Richtung Meer. Paul und Jos Mutter Alex (Meret Becker) folgen ihnen, bis sie alle auf einer kleinen Insel stranden, auf der Gott in einem Leuchtturm lebt, den Seelenfunk abhört und sich unendlich langweilt.
"Kein Mensch versucht mehr, sein Schicksal auszutricksen oder mit mir um die Wette zu laufen", bedauert er. Den Schöpfer, der hier den Namen Horster trägt, spielt Bruno Cathomas, der noch bis vor wenigen Wochen bei den Nibelungenfestspielen in Worms der bucklige König Siegmund war. "Ich wollte, dass meine Zuschauer und Zuschauerinnen spüren, dass es sich immer lohnt, mit seinem Schicksal um die Wette zu rennen, selbst wenn man letztendlich verliert", erläutert Polte eine Botschaft, die ihr sommerlicher Film vermittelt.
Während ihres Studiums in Zürich, ergänzt sie dazu, sei bei ihrem Vater eine schwere Krankheit diagnostiziert worden, was dazu geführt habe, dass sie selbst angefangen habe, die Momente in ihrer Einzigartigkeit intensiver wahrzunehmen und zu genießen. "Als Familie sind wir näher zusammengerückt", berichtet sie zudem. "Es kam mir sogar manchmal so vor, als würden wir uns noch einmal ganz neu kennen- und berühren lernen. Wir waren fast in einer Aufbruchstimmung."
Allzu oft versäumten es die Menschen, ihr Leben zu genießen, "auch mal kreuz und quer zu leben", wie Polte sagt. "Wir verschieben unsere Abenteuer und Sehnsüchte auf morgen, und wenn das Morgen endlich kommt, macht das Leben allzu häufig einen Strich durch die Rechnung."
Info: Zu sehen am 24.8. und 1.9. um 18 Uhr, am 26.8. um 14 Uhr und am 9.9. um 22 Uhr.



