Die Pop-Band Pudeldame

Jonas Nay - "Die Songs habe ich zur Katharsis genutzt"

Die Pop-Band Pudeldame kommt mit ihrem neuen Album "Kein schlechtes Wetter" nach Frankfurt in den Elfer Music Club.

20.11.2025 UPDATE: 20.11.2025 04:00 Uhr 3 Minuten, 18 Sekunden
Pudeldame veröffentlichten im März 2021 ihr Debütalbum „Kinder ohne Freunde“. Die Band ist bekannt für ihren einzigartigen Mix aus tanzbarem Pop, rauem Bandsound und lyrischer Finesse. Fotos/: Jonas Unden/AFP

Von Steffen Rüth

Zuletzt spielte Jonas Nay in "Der Tätowierer von Auschwitz" einen SS-Mann. Zum Ausgleich schreibt der Schauspieler Songs und tourt mit seiner Band Pudeldame durchs Land. Im Gespräch mit Steffen Rüth geht es um Hoffnung und die reinigende Wirkung von Musik.

Jonas Nay ist jemand, mit dem man schnell ins Gespräch kommt. Kaum hat man ihn an der Strippe, plaudert er über den Sommer, seinen Handballverein, die Frage, wo man die KI jetzt schon ranlässt und wo besser noch nicht. Gar nicht so einfach, noch ein paar Fragen zu Nays neuem Album unterzubringen, bevor er auch schon wieder weiter muss. "Kein schlechtes Wetter" heißt das famose, warme, handgemachte Pop-Album von Pudeldame. Die Band gibt es seit 2016, neben Sänger und Keyboarder Nay (im Hauptberuf Schauspieler mit tollen Darbietungen etwa in "Deutschland 83", "Der Tätowierer von Auschwitz" und demnächst "Sternstunde der Mörder") spielt David Grabowski Gitarre, Nico Bauckholt Bass und Moritz Hamm Schlagzeug. Am Freitag, 21. November, 20 Uhr, tritt die Band im Elfer Music Club in Frankfurt am Main auf.

Herr Nay, wie kam es zu dem Album "Kein schlechtes Wetter"?

Wir hatten den großen Wunsch, so dicht wie nur möglich an unseren Livesound ran zu kommen. Das war uns ein richtiges Bedürfnis und für Pudeldame auch ein Novum. Wir sind eine richtige Band, und wir wollten diesen Bandsound nach vorne bringen. Kurz haben wir sogar überlegt, ob wir das Album gleich komplett live aufnehmen.

Weil Sie als Schauspieler viel zu tun hatten, haben Sie zwei Jahre lang an den Liedern gearbeitet...

Ja, keines unserer drei Alben ist über einen so langen Zeitraum entstanden, doch das Gute ist, dass wir diese Songs alle schon live ausprobieren und die Erkenntnisse daraus ins Studio mitnehmen konnten. Wir sind als Band noch einmal enger zusammengewachsen. Wenn du über neun, zehn Jahre so viele Höhen und Tiefen gemeinsam erlebst wie wir, dann schweißt dich das zusammen.

Sie haben Filmkomposition und Jazzpiano studiert. Spielen Sie lieber in einer Band als alleine?

Es gab Phasen in meinem Leben, da habe ich sechs, sieben Stunden am Tag Klavier gespielt und geübt. Das hat mich sehr weitergebracht. Aber den Austausch, den du beim Spielen mit einer Band hast, finde ich fast noch wertvoller. Da stehst du gemeinsam auf der Bühne und erlebst mit den Leuten im Publikum euphorisierende Momente. Das ist unheimlich berauschend.

Sie und David habt schon auf dem Gymnasium in Lübeck zusammen Musik gemacht.

Wir waren die Rhythmusgruppe unserer Schulbigband. Damals klangen wir noch ein bisschen jazziger, inspiriert von Singer/Songwritern aber auch vom Funk der Big Band. Es war ein wilder, handgemachter Mix. Wir sind als Livemusiker gestartet, ich muss ungefähr 16 oder 17 gewesen sein.

Im Lied "Man hofft" sagen Sie: "Man hofft, solange man lebt". Entspricht das Ihrer Sicht aufs Leben an sich?

Ja. Die Hoffnung stirbt zuletzt, daran glaube ich. Ich habe den Text geschrieben, als ich in London war, um für "Der Tätowierer von Auschwitz" PR zu machen. Ich saß in diesem altehrwürdigen Hotel und musste als einziger Deutscher in dieser Produktion, die den Holocaust behandelt, in einer fremden Sprache Interviews geben. Noch dazu ist meine Rolle die eines realexistierenden SS-Rottenführers, der schlimme, unmenschliche Verbrechen begangen hat. David hat mir dann diese Musik geschickt, und sie war für mich wie ein Katalysator. Ich weiß noch, wie ich direkt die ersten Zeilen schrieb, inspiriert von der Figur des Abbe Nilsson aus Astrid Lindgrens Roman "Madita". Abbe hat einen Taugenichts als Vater und muss irgendwie die elterliche Bäckerei am Laufen halten. "Man hofft, solange man lebt", ist sein Mantra.

Sie haben nach "Der Tätowierer von Auschwitz" ein Jahr lang nicht gedreht...

Mich hat diese Zeit emotional krass belastet. Ich konnte danach einfach nicht mehr. Danach habe ich Zeit gebraucht, und in dieser Zeit habe ich viel Musik gemacht. Die Songs von Pudeldame konnte ich zur Katharsis nutzen.

Was war das für ein Gefühl, als Sie während der "Auschwitz"-PR den Songtext geschrieben haben?

Ich weiß noch, wie ich zu dem Song in meinem Hotelzimmer herumgesprungen bin. Ich musste einfach diesen Stress aus dem Körper und aus dem Kopf kriegen. Durch meine Texte bei Pudeldame kann ich sehr viele Dinge verarbeiten, das ist ein super wichtiges Ventil für mich. Wir waren an dem Tag auch in einem Zentrum für Holocaust-Überlebende gewesen, und mir ist dort ganz viel Ablehnung entgegengesprungen, obwohl ich als junger Deutscher für den Dialog dort war.

Entstand auch "In der Mall" während der Arbeit am "Tätowierer von Auschwitz"?

Ja, als wir in Bratislava drehten. Wir waren dort sehr lange, das Wetter war furchtbar, und irgendwo in dieser Landschaft hatten sie die Baracken von Auschwitz nachgebaut. Alles an dieser Stadt und dieser Zeit war für mich bedrückend. Und dann gab es diesen einen Ort – das Einkaufszentrum in der Nähe meines Appartements. Da bin ich abends immer reingegangen, habe eine Suppe geschlürft und saß so rum.

Ist auch der "Wien Love Song" in Ihrer Zeit in Bratislava entstanden? Die Städte liegen ja nah beieinander.

Nein, den "Wien Love Song" habe ich geschrieben, als ich in Wien den ARD-Vierteiler "Sternstunde der Mörder" gedreht habe. Eine wunderschöne Stadt. Und David hat eine Wienerin als Partnerin an seiner Seite. Das geht sich gut aus.

Info: Tickets für 28,30 Euro unter: www.eventim.de