"Lieber kleine Momente als ein’ großer Plan"
Benedikt Niedermaier feiert die kleinen Momente des Lebens und sein neues Album.

Von Moritz Mayer
Heidelberg. Unser Alltag ist oftmals bis ins letzte Detail durchgetaktet. Gleichzeitig stehen täglich Entscheidungen an und Möglichkeiten offen. "Ich wollte raus aus der Überforderung von 1000 Optionen und hier im Moment sein", fasst der Heidelberger Arzt und Songpoet Benedikt Niedermaier seine Ausgangssituation zusammen. Seinen Ausweg findet er in der Musik, die für ihn ein bisschen wie meditieren sei. In seinem Song "Mit dem Kopf" setzt er sich mit dem Druck auseinander, ständig die Zukunft planen zu müssen, wobei die Besinnung auf die Gegenwart zu kurz komme. So singt Benedikt Niedermaier fast balladenartig: "Lieber kleine Momente als ein’ großer Plan." Obwohl ihm das nach eigenen Aussagen nicht immer gelingt, zieht er auf seiner EP – ein Tonträger zwischen Album und Single – optimistische Klänge den melancholischen vor.
Die Leichtigkeit in seinen Liedern stellt eine Rückbesinnung auf seine Kindheit dar, die ihn zur Musik führte. Bereits in jungen Jahren nahm Benedikt Niedermaier Cello-Unterricht. Im Laufe der Zeit brachte er sich selbst noch Klavierspielen und Gitarre bei. Neben seinem Medizinstudium widmete er sich an der Robert-Schumann-Hochschule in Düsseldorf auch der Musik. Inzwischen ist er im Heidelberger Uni-Klinikum angekommen, wo der 27-Jährige eine Facharztausbildung als Chirurg absolviert.
Das eigenständig Erlernte spiegelt sich in seiner Musik wider. Seine Lieder sollen auch die menschlichen Schwächen verdeutlichen. "Das Instrument klingt nun mal, wie es klingt, deshalb wollte ich die Musik nicht bis zum letzten am Computer reinigen", erklärt Niedermaier. Der nihilistische Ansatz betrifft auch bewusst die Auswahl der Instrumente. "Das recht Simple in den Liedern ist gerade das Coole." Durch diesen Stil will der Singer-Songwriter "authentisch und nahbar" wirken. Außerdem hofft er, dass er seine Hörerschaft dazu bringt, mal wieder zu einem Instrument zu greifen.
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Ganz spontan entstanden auch seine Lyrics. Die Songtexte erwuchsen aus Hunderten Gedankenblitzen, die Niedermaier als Sprachnachrichten festhielt und vertonte. "Die Leute in der Fußgängerzone haben mich komisch angeschaut, als ich in mein Handy spontan Verse eingesungen habe", erinnert er sich.
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In "Glück", dem Titelstück der EP, singt Niedermaier vom Leben im Hier und Jetzt. Mit modernen, aber monoton anmutenden Beats erweckt er den Anschein, als wolle er Reize unterdrücken, um im Moment ankommen zu können. "Der Klang holt mich aus dem Alltag raus – und das ist für mich Glück."
Auch wenn die Lieder des Sing-Songwriters aus der eigenen Feder stammen, stechen die Lyrics aus "Wie ein Kind" heraus. Darin verwendet Niedermaier den Refrain aus einem Gedicht von Rainer Maria Rilke. In "Du musst das Leben nicht verstehen" schreibt der Dichter eine Hommage an die kindliche Leichtigkeit. Eben jene, nach der auch Benedikt Niedermaier strebt. Das inhaltlich sentimental anmutende Lied erfährt durch eine schwungvolle repetitive Melodik einen leichten Charakter – so als würde beim Zuhören das innere Kind vor einem die Umgebung erkunden. Und für einen Moment kann Alltägliches vergessen werden, wodurch das Leben eben jenen festlichen Moment erfährt, von dem Niedermaier auf seiner EP singt.
Info: Anhören lässt sich die EP "Glück" von Benedikt Niedermaier auf allen üblichen Musikstreaming-Plattformen. Bei iTunes und Amazon Music für 3,49 Euro erhältlich.