Dan Auerbach

"Je älter wir werden, desto besser verstehen wir uns"

The Black Keys sind im kreativen Höhenflug. Dan Auerbach erklärt, warum Songwriting süchtig macht.

07.08.2025 UPDATE: 07.08.2025 04:00 Uhr 3 Minuten, 32 Sekunden
Dan Auerbach (r.) und Patrick Carney. Foto: Jim Herrington​

Von Steffen Rüth

Sie stammen aus der Kleinstadt Akron im US-Bundesstaat Ohio, waren als Kinder schon beste Freunde und veröffentlichen als The Black Keys seit 2001 regelmäßig fulminante Rockalben mit mal mehr, mal weniger Punk-, Indie- oder Popeinschlag. Auf ihrer 13. Scheibe spielen die mit zahlreichen Grammys dekorierten und heute in Nashville/Tennessee lebenden Dan Auerbach (46) und Patrick Carney (45) mit mehr Pop-Elementen denn je, und sogar ein Keyboard kommt zum Einsatz. Steffen Rüth im Gespräch mit Sänger und Gitarrist Dan Auerbach.

Dan, euer neues Album "No Rain, No Flowers" kommt nur ein Jahr nach "Ohio Players". Vor wenigen Wochen habt ihr ausgiebig in Europa getourt, jetzt spielt ihr eine große Sommertournee in den USA. Macht ihr überhaupt mal Pause?

Dan Auerbach: Wir hatten gerade eine komplette Woche frei, die Patrick und ich daheim in Nashville mit unseren Familien verbracht haben. Das tat gut, denn du hast schon recht, unser Job kann eine ziemliche Strapaze sein. Aber er ist auch eine schöne Strapaze.

Wie leicht oder schwer fällt es euch, neue Songs zu entwickeln?

Das ist wirklich in diesen ganzen bald 25 Jahren nie ein Problem gewesen. Wir müssen gar nicht großartig darüber sprechen, was wir tun, wir legen einfach los. Wir waren dieses Mal etwa anderthalb Monate im Studio, haben geschrieben und gemacht und getan, mit ein paar Leuten zusammengearbeitet, und bevor du selbst es wirklich realisierst, hast du wieder eine neue Platte fertig. Aber in der Tat: Wir haben jetzt in sechs Jahren fünf Alben rausgebracht. Kreativ sind wir auf einem echten Höhenflug.

Ein wiederkehrendes Motiv auf "No Rain, No Flowers" sind die Höhen und Tiefen des Lebens als solches, nicht wahr?

Das ist richtig, doch auch das war nicht von vornherein geplant, sondern hat sich so herauskristallisiert. Im vergangenen Jahr mussten wir eine große Tour absagen, wir haben unser Management gewechselt, es gab ein bisschen Ungemach, und das wiederum hat uns angestachelt. Wir wollten das Beste aus der blöden Situation machen. Und etwas Schöneres, als frische Songs zu schreiben, gibt es für uns beide einfach nicht.

Was ist denn das Tolle daran?

Das lässt sich schwer in Worte fassen, und ich es auch nicht wirklich gut mit irgendetwas anderem vergleichen. Du spürst einfach eine tiefe Befriedigung, wenn du ein Lied komponiert hast, das dir gefällt. Ich möchte sogar sagen, dass diese Tätigkeit süchtig macht. Pat und mich zumindest. Wir machen diese Arbeit seit einem Vierteljahrhundert, und sie ist immer noch extrem aufregend für uns.

The Black Keys sind bekannt für erdige Rockmusik mit einem gewissen Hauch von Blues. Doch "No Rain, No Flowers" ist, jedenfalls für eure Verhältnisse, voll mit Pop-, Funk- und Soul-Songs. Wie kam es dazu?

Das liegt an unserer Nebenbeschäftigung (lacht). In jüngster Zeit sind Pat und ich zu Hobby-DJs geworden. Wir spielen vor allem altes, echt obskures Zeug, ein bisschen Reggae, afrikanische Musik, Rapper aus Estland, all diese verrückten, tollen Sachen. Das macht nicht nur Spaß, sondern hat uns auch die Augen und Ohren geöffnet. Wir haben sehr schnell sehr viele Songs fürs neue Album gesammelt, und fast alle sind wie gemacht, um die Leute auf die Tanzfläche zu ziehen.

Besteht die Chance, dich selbst auf der Tanzfläche zu erleben?

Die Chance besteht, sie ist jedoch sehr gering. Damit ich tanzen gehe, muss alles zusammenpassen – die richtige Musik, die richtige Stimmung, der richtige Drink.

Ihr arbeitet bei den neuen Songs mit ungewöhnlichen Kollegen zusammen – mit Rick Nowels zum Beispiel, dem Songwriter zahlreicher Hits etwa für Madonna, Dido und Stevie Nicks. Wieso tut ihr das?

Wir haben uns mit den Jahren geöffnet. Früher, auf ungefähr den ersten vier Alben, hätten wir niemals jemanden von außen auch nur in die Nähe unserer Musik gelassen. Aber es macht Spaß, sich kreativ mit Topleuten auszutauschen. Seit wir vor Jahren mit Danger Mouse gearbeitet haben, sind wir auf den Geschmack gekommen. Bei "Ohio Players" hatten wir das Vergnügen, mit Beck und mit Noel Gallagher zu schreiben und aufzunehmen. Jetzt mit Rick Nowels haben wir zum ersten Mal am Keyboard komponiert statt an der Gitarre. Ich liebe vor allem das Lana-del-Rey-Album "Ultraviolence", das er produziert hat. Das Verrückte ist: Obwohl er kein junger Mann mehr ist, war Rick zum ersten Mal überhaupt in seinem Leben in Nashville.

Noch überraschender ist die Kollaboration mit dem Hip-Hop-Produzenten und Komponisten Scott Storch, dem Mann hinter "Candy Shop" von 50 Cent und vielen anderen Superhits. Eure Zusammenarbeit "Babygirl" ist eine richtig gutgelaunte Sommernummer.

Scott ist nicht nur ein Held unserer High-School-Zeit, sondern auch ein echtes Genie. Immer, wenn wir auflegen, spielen wir garantiert etwas von Scott. Er ist nicht nur ein Hip-Hop-Magier, sondern ein echtes musikalisches Genie. Ich bin sicher, er ist in der Lage, in jedem Genre Welthits zu erschaffen.

Auch The Black Keys werden stilistisch ja immer diverser.

Das hat viel mit dem Zutrauen in unser eigenes Können zu tun. Anfangs waren wir zu unsicher, um uns allzu weit aus Blues- und Rock-Gefilden herauszuwagen. Das ist heute längst anders. Wir haben immer alle erdenklichen Genres gern gemocht, sowohl Pat und ich haben ja in jungen Jahren in Plattenläden gearbeitet, wir sind einfach Musikliebhaber durch und durch.

Wie hat sich euer persönliches Verhältnis in den vielen Jahren eigentlich verändert?

So gut wie gar nicht. Wir haben unsere eigene Familie, unser eigenes Leben. Doch The Black Keys nehmen unvermindert einen sehr großen Teil unserer Zeit in Anspruch. Wir wollen das auch gar nicht anders. Ich habe den Eindruck, je älter wir werden, desto mehr Dinge haben wir gemeinsam, desto besser verstehen uns.



Info: Das neue Album "No Rain, No Flowers" von The Black Keys erscheint an diesem Freitag, 8. August.