Blues aus der Südpfalz
Es müssen nicht immer die amerikanischen Südstaaten sein: Timo Gross ist seit Jahrzehnten einer der führenden Gitarristen des Genres in Europa und arbeitet zudem erfolgreich als Produzent.

Von Peter Wiest
Bad Bergzabern. Wer ihn je auf der Bühne erlebt hat, der weiß: Der Mann hat den Blues – und wie! Gespürt hat er ihn selbst bereits vor fünf Jahrzehnten im Kindesalter, als er im längst legendären "Rockpalast" im Fernsehen Eric Clapton sah und hörte und fortan wusste: Das – und nur das – war und ist die Musik, die er selbst machen und die er letztlich leben würde. Ein hehres Vorhaben zwar für einen heranwachsenden Jungen, der nicht in den urbluesigen amerikanischen Südstaaten, sondern in Bad Bergzabern in der Südpfalz aufwuchs. Aber Timo Gross hat es geschafft. Und nicht nur das: Er hat sogar seine Heimat zu einer Art deutschem Südstaaten-Blues-Hotspot gemacht.
Dabei war es kein leichter Weg für ihn hin zum Blues. Es war eine Straße, die über musikalische Umwege führte, was jedoch den zielstrebigen jungen Mann nicht davon abhalten konnte, die einmal eingeschlagene Richtung konsequent weiter zu gehen. Ab 1979 erlernte er das Gitarrenspiel als Autodidakt und hatte die folgenden Jahre zunächst Auftritte mit Schüler- und Amateurbands; parallel dazu war er Mitglied im Schulorchester Bad Bergzabern.
Erst mal der klassische Weg also, sollte man da meinen – bis hin zur Band Dosenbier, die ab 1984 gut 50 Konzerte im Jahr hatte, allerdings mit Musik, die auf Partys und Hits abgestimmt war und damit nicht unbedingt das, was Timo Gross wirklich wollte. Das sollte sich ändern, nachdem er 1988 an der Amsterdamer Hochschule der Künste das Gitarrenstudium aufnahm. Auch wenn er das Studium bereits nach zweieinhalb Jahren abbrach: Damit war die Richtung hin zum Blues – und nur zu diesem – vorgegeben.
Der Rest ist schon ein Stück regionale Musikgeschichte mit künstlerischen Engagements der unterschiedlichsten Art, Kooperation mit anderen regionalen Szene-Granden und nicht zuletzt auch mit diversen Preisen und Auszeichnungen. Bereits 1991 war Timo Gross Preisträger des Kompositionswettbewerbs der Musikerfachzeitschrift "Solo"; 1999 erhielt er dann den südpfälzischen Musikpreis. 1994 folgte der erste Plattenvertrag mit der Band Speakeasy. Ab 1996 arbeitete er mit Musikern wie Rolf Stahlhofen von den Söhnen Mannheims, Chris Norman von Smokie, der Hip Hop Band Cozmic Soul oder der Renee Walker Band, war 2001 musikalischer Direktor für Kathy Kelly von der Kelly Family, hatte Fernsehauftritte mit Künstlern wie Gunther Gabriel und tourte mit den Boogaloo Kings durch Österreich, die Schweiz und Deutschland. Zwischenzeitlich war er nach Heidelberg gezogen, wo er bis 2004 anderthalb Jahrzehnte lang lebte und nicht nur musikalische Verbindungen knüpfte, die bis heute fortbestehen. Ab 2003 gab es im Mannheimer Capitol eine monatliche "Blues Lounge" sowie im Walldorfer Session Kulturwerk eine wöchentliche "Soulnight" mit Cozmic Soul.
Hintergrund
Steckbrief
Name: Timo Gross
Instrumente: Gitarre, Stimme
Musikstil: Blues, Blues-Rock
Bands: Dosenbier, Renee Walker Band, Boogaloo Kings, Cozmic Soul und andere
Musikalische Kooperationen: Kathy Kelly, Larry Garner, Jim
Steckbrief
Name: Timo Gross
Instrumente: Gitarre, Stimme
Musikstil: Blues, Blues-Rock
Bands: Dosenbier, Renee Walker Band, Boogaloo Kings, Cozmic Soul und andere
Musikalische Kooperationen: Kathy Kelly, Larry Garner, Jim Kahr, Kosho, Rolf Stahlhofen, Adax Dörsam, Veronique Gayot und andere
Alben als Künstler und Produzent: "Down to the Delta" (2005); "Travellin‘" (2007); "The Vineyard Sessions" Volume 1 and 2 (2009 und 2010); "Crossing Borders" (2012, mit Richie Arndt und Alex Conti); "Heavy Soul" (2016); "Leadbelly Calls" (2020 mit Adax Dörsam)
Alben als Produzent: "Come on" (Johnny Rieger/2009); "Blue Colours Red Lights" (Marius Tilly Band/2012); "Wild Cat" (Veronique Gayot/2018); "Southwards" (Don Ender/2019); "Animal" (Veronique Gayot/2021)
Livekonzerte: In zahlreichen europäischen Ländern, von Clubs bis hin zu großen Blues-Festivals. Derzeit wegen Corona noch keine in Planung.
Kontakt: timo.gross@online.de
Homepage: www.timogross.com
Der endgültige Durchbruch kam 2004 mit der Produktion der ersten eigenen Blues-CD "Down to the Delta", die im Bluesnews Magazin Album des Monats wurde und positive Resonanz in ganz Europa fand, was wiederum zu zahlreichen Live-Gigs in diversen Ländern und auch zur Teilnahme an Europas größtem Bluesfestival in Gaildorf in der Nähe von Schwäbisch-Hall führte. Damit nicht genug: Parallel zum eigenen Gitarrenspiel nahm Timo Gross die Arbeit als Dozent auf, zunächst an der Jugendmusikschule Bad Schönborn, und gründete schließlich ein eigenes "Gitarreninstitut". Kooperationen mit weiteren bekannten Namen der Szene waren unausweichlich, so etwa mit Kosho von den Söhnen Mannheims, mit Jim Kahr oder mit Laith Al Deen. Und auch als Produzent ist Timo Gross längst bekannt und genießt einen guten Ruf. Zurück in Bad Bergzabern, richtete er in seinem Keller ein Studio ein, in welchem zahlreiche Alben entstanden, die er seit 2016 auf dem eigenen Label "Grand Cru Records" vertreibt.
Die Arbeit als Musiker und Produzent hat ihn das zweite Jahrzehnt des neuen Jahrtausends komplett ausgefüllt – bis zum Corona-Lockdown, der ihn dann gleich doppelt hart traf. Vorher tourte er solo, mit Band oder mit anderen Musikern durch halb Europa und spielte vor begeistertem Publikum auf relativ "kleinen" Gigs wie etwa beim Heidelberger Weststadtfest bis hin zu Auftritten beim "Springbeat Festival" in Russland, dem "Summerblues" in Basel oder dem "Blues au Chateau" in der Bretagne. Nach dem Lockdown konnte er zumindest teilweise mit der Arbeit im Studio einen Ausgleich finden und produzierte unter anderem zusammen mit Adax Dörsam das Ende letzten Jahres erschienene Album "Leadbelly Calls". Mit einem Livestream-Konzert davon begeisterten die beiden unlängst im Netz ihre Fangemeinde und hoffen jetzt darauf, das Ganze möglichst bald auch vor "richtigem" Publikum präsentieren zu können.



