"Amores Pasados" bei Enjoy Jazz in der Heidelberger Heiliggeistkirche

Wunderbar rein und träumerisch beschwören melancholische Gesänge eine verflossene Liebe

25.10.2016 UPDATE: 26.10.2016 06:00 Uhr 1 Minute, 28 Sekunden

Von der Gregorianik über den lateinamerikanischen Folk bis zur Moderne: "Amores Pasados" in der Heiliggeistkirche. Foto: kö

Von Rainer Köhl

Brückenschläge zwischen E und U sind immer beliebt. Das Projekt "Amores Pasados" verbindet barocke Lautenlieder mit modernen Äquivalenten, die von Rockmusikern geschrieben wurden. Der britische Tenor John Potter präsentierte mit seinen Mitstreitern das Projekt nun bei Enjoy Jazz in der Heidelberger Heiliggeistkirche. John Potter, ehemaliges Mitglied des inzwischen aufgelösten Hilliard Ensemble, ist seit langem schon ein Fan der Rockband Genesis. Deren Keyboarder Tony Banks wurde ebenso wie John Paul Jones (Led Zeppelin) und auch Sting beauftragt, neue Lautenlieder im Stile der alten Meister zu schreiben.

Tony Banks nahm sich Gedichte von Thomas Campion (17. Jh.) vor, John Paul Jones vertonte Gedichte spanischer Autoren aus verschiedenen Jahrhunderten, darunter des Mittelalter-Poeten Lope de Vega. Dessen Songs hinterließen die stärksten Eindrücke aus dem Bereich der neuen Vertonungen. Die vitalen Rhythmen, welche die Songs von Jones begleiteten, die beschwingten, folkloristisch gefärbten Melodien, ließen Anklänge an lateinamerikanische Weihnachts- und Freudenlieder wach werden.

Anna Maria Friman, Sängerin des Trios Medieval, ist ebenso Mitstreiterin in dem Projekt wie die beiden Lautenisten Ariel Abramovich und Jacob Heringman. Ruhevolle Klänge, die in der Grgeorianik wurzeln, gab es neben vitalen Lautensongs. Gesänge, die zwischen Archaik und Sinnlichkeit pendelten. Für Letzteres sorgte Anna Maria Friman mit ihrem sehr reinen Gesang. Zart träumerisch präsentierte sich die norwegische Sopranistin, den Gefühlen einer vergangenen Liebe nachträumend und von stillen Ornamenten der beiden Lauten umgeben. Wunderbar rein und schmucklos sang sie, im Timbre an einen Knabensopran erinnernd. Und auch die Hardanger Fiddle, das traditionelle Instrument Norwegens, spielte die Sängerin gerne, gab den Songs damit noch weitere süße Sinnlichkeit durch den warm sirrenden Saitenklang. "Amores Pasados", die Vergänglichkeit der Liebe, hat eine poetische Heimstatt in den melancholischen Lautenliedern des englischen Barock, deren maßgebliche Schöpfer John Dowland und Thomas Campion waren. Von Dowland hatte das Projekt nichts im Repertoire, dafür aber von den Barockmeistern Picforth und John Campion.

Hinzu kamen eigene Arrangements der Musiker von Songs britische Jahrhundertwende-Komponisten wie E. J. Moeran und Peter Warlock. Ein sehnsüchtiges Liebeslied, Thomas Campions "Follow thy fair sun", sang Potter. Sie tat dies nobel im Gemüt und Stimme, sodass man spüren konnte, dass die Liebe im Mittelhochdeutschen noch "Minne" genannt wurde. Nachwehendes Liebesleid war hier eingebungsvoll eingefangen. Aber auch wehmütig Sentimentales hatte das Quartett im Repertoire, Songs, die an amerikanische Filmkompositionen der 1950er Jahre erinnern.

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