Port25 Mannheim

"Das Digitale hat uns eine neue Tür eröffnet"

Yvonne Vogel und Kim Behm bilden ab Juli die neue Doppelspitze des Port25. Die nächste Ausstellung im Haus befasst sich mit Rechtspopulismus.

23.06.2021 UPDATE: 24.06.2021 06:00 Uhr 3 Minuten, 36 Sekunden
Yvonne Vogel (links) und Kim Behm. Foto: Port25/Toni Montana

Von Julia Behrens

Mannheim. Den Port25 im Stadtteil Jungbusch gibt es seit 2015. Direkt am Hafen gelegen, formt er mit dem Kreativwirtschaftszentrum C-Hub und der Pop-Akademie in der Nachbarschaft ein hippes, interkulturelles Areal mit Strahlkraft. Zunächst ging der Port25 mit Stefanie Kleinsorge an den Start, die ihn mit sechs Ausstellungen im Jahr schnell als wichtige Plattform für zeitgenössische Kunst etablierte. Die Kuratorin öffnete den "Raum für Gegenwartskunst" nicht nur für die Regionale Deltabeben, die Biennale für aktuelle Fotografie und die Vergabe des Heinrich-Vetter-Preises, sondern initiierte selbst zahlreiche Schauen. Mit Doppel- oder Gruppenausstellungen von Künstlerinnen und Künstlern aus der Region machte sie lokales Potenzial sichtbar, lud aber auch auswärtige Kunstschaffende ein.

Als Kleinsorge im Februar 2020 Leiterin des Bereichs Kultur der Stadtverwaltung Ludwigshafen wurde, übernahm Yvonne Vogel am Port25 die Ausstellungsleitung, während die Galeristin Kim Behm als Ausstellungskuratorin einsprang. Jetzt werden Vogel und Behm das Haus ab Juli offiziell leiten. Sie zeichnen sich damit für die nächsten zwei Jahre – mit Option auf Verlängerung um weitere zwei Jahre – auch für den kaufmännischen Part verantwortlich. Voraussetzung ist, dass sie ein eigenes Unternehmen gründen und zukünftig selbstständig mit einem von der Stadt zur Verfügung gestellten Budget wirtschaften.

Die Ausstellung „Lichtecht – Edgar Lissel & Claus Stolz“ ist gerade zu Ende gegangen. Foto: Port25/Toni Montana

Frau Vogel, Sie leben in Heidelberg und sind vielen noch aus dem Heidelberger Kunstverein bekannt. Sie sind von Anfang an beim Port25 dabei?

Vogel: Ich habe an der Freien Kunstakademie in Mannheim studiert und währenddessen schon im Heidelberger Kunstverein an der Kasse gearbeitet. Dann wurde die Stelle der technischen Leitung frei, ich war gerade mit dem Studium fertig und habe diese Arbeit übernommen. Ich habe mich bewusst gegen eine künstlerische Laufbahn entschieden und konnte tatsächlich mehr Kreativität aus meiner neuen beruflichen Tätigkeit schöpfen als aus meiner Kunst. Die Unterhaltung mit den Künstlern, die Auseinandersetzung mit dem Raum beim Ausstellungsaufbau war so intensiv, dass ich mein Atelier auflöste. Später habe ich Frau Kleinsorge kennengelernt, die interimsmäßig für Susanne Weiß am HDKV einsprang. Die Zusammenarbeit mit ihr hat so gut geklappt, dass wir gemeinsam nach Mannheim gegangen sind, um den Port25 zu eröffnen. Auf diese Weise war ich als technische Leiterin schon in der Entstehungsphase des Hauses an Entscheidungsprozessen beteiligt.

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Frau Behm, Sie sind im Februar 2020 dazu gekommen, nachdem Frau Kleinsorge und Frau Vogel im Rahmen eines Symposiums mit Ihnen kooperiert hatten. Können Sie uns Ihren Werdegang skizzieren?

Behm: Ich habe in Marburg Kunstgeschichte studiert, konnte im Anschluss durch eine Urlaubsvertretung eine Stelle in einer Mannheimer Galerie antreten und habe mich später in Frankfurt als Galeristin selbstständig gemacht. 2019 bin ich mit meiner Galerie in die Galerie von Friedrich Kasten in Mannheim mit eingezogen, wo wir jetzt in einem Room-Sharing-Konzept abwechselnd Ausstellungen zeigen. Dies gibt mir viel Spielraum, noch etwas anderes zu machen. Das Programm meiner Galerie ist international ausgerichtet, mit Positionen aus dem abstrakten, konkreten und konzeptuellen Segment. Dabei ist es mir wichtig, klar zu trennen zwischen den beiden Bereichen Port25 und Galerie.

Ein Betrag von Grzegorz Pleszynski zu „Harte Zeiten“. Foto: Port25/Toni Montana

Ausgerechnet als Sie beide interimsmäßig übernahmen, kam Corona. Einige Ausstellungen wie das Deltabeben 20/21 konnten nicht real eröffnet werden. Sie haben mit einem umfangreichen Digitalprogramm reagiert.

Behm: Wir hatten Glück, denn zum Zeitpunkt der Schließung hatten wir die Biennale für aktuelle Fotografie im Haus. Durch sie inspiriert sind wir relativ früh auf digitale Vermittlungsformate umgestiegen. Um die Neugier der Besucher zu wecken, haben wir Onlineführungen angeboten, kurze Videos gedreht und virtuelle Vernissagen veranstaltet.

Vogel: Wir werden das in jedem Fall weiterentwickeln und gegebenenfalls hybride Formate anbieten. Es ist außerdem eine große Chance, aus anderen Bereichen zu lernen. Das Digitale hat uns eine neue Tür eröffnet, mit der wir auch ein jüngeres Publikum und Menschen an anderen Orten erreichen möchten, die dann vielleicht einmal unser Haus besuchen. Zum Glück haben wir seit Mai wieder geöffnet und konnten dadurch in der Ausstellung Lichtecht von Edgar Lissel und Claus Stolz Besucher empfangen.

In Synergie mit der Musik- und Kreativszene vor Ort wurde von Anfang an ein interdisziplinäres Rahmenprogramm entwickelt, wie die Akustik-Reihe HÖRsPORT mit experimenteller Musik sowie Lesungen und Workshops. Was ist weiter geplant?

Vogel: Diese Reihen, die Frau Kleinsorge von vornherein mit kreiert hat, werden wir auf jeden Fall fortsetzen. Da können wir hier im Jungbusch sehr viel mitnehmen, zum Beispiel Kooperationen mit dem Zeitraum Exit, dem Laboratorium 17 oder der Jugend-Theatergruppe von Lisa Massetti in unserem Viertel – es gibt viele Möglichkeiten und eine große Offenheit. Wir haben jetzt jeweils zu den Ausstellungen auch digitale Workshops veranstaltet, die hoffentlich bald wieder analog im gegenüberliegenden C-Hub stattfinden können.

Behm: Der Port25 ist jung. Frau Kleinsorge hat es trotzdem geschafft, das Haus auf die Kunstlandkarte zu bringen. Das ist etwas, worauf wir aufbauen können. Wenn das, was man vorfindet, gut ist, sollte man sich darum bemühen, es fortzusetzen und weiter auszubauen.

Auch die Ausstellungen überraschten oft mit ungewöhnlichen, auf lokaler Vernetzung basierenden Ansätzen. Welche Ausstellungen erwarten uns in den nächsten zwei Jahren?

Vogel: Unsere Auftakt-Ausstellung heißt "Harte Zeiten" und eröffnet am 31. Juli. Es geht darin um die heutige Rolle von Kunstschaffenden und um allgemein-gesellschaftliche Fragen vor dem Hintergrund rechtspopulistischer Strömungen. Es ist ein Kooperationsprojekt zwischen dem Künstlerbund Baden-Württemberg, uns und der Galeria Miejska in Mannheims polnischer Partnerstadt Bydgoszcz, die wie der Port25 eine Art städtische Galerie ist. Dazu wird es ebenfalls ein interessantes Programm an beiden Standorten geben, zum Beispiel ein Perfomance-Weekend hier bei uns.

Behm: Daran schließt sich eine Mischung von Einzel- und Gruppenausstellungen an. Wir möchten Positionen aus dem Rhein-Neckar-Raum in einen internationalen Kontext stellen und können schon verraten, dass die Mannheimerin Myriam Holme die erste Einzelschau bestreiten wird. Für Gruppenausstellungen werden wir generell regionale und internationale Künstlerinnen und Künstler auswählen und diese in Bezug zueinander setzen.

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