Stefan Häfner arbeitet seit 1992 in der Kreativen Werkstatt der Diakonie Stetten. Dort entstand auch sein Bild "Großer Hahn". Foto: Friederike Hentschel
Von Ingeborg Salomon
Heidelberg. In der Haspelgasse tummeln sich Löwen, Tiger, Bären, Schlangen und Drachen. Die meisten sind friedlich, aber Schmusetiere sind sie alle nicht. In der aktuellen Ausstellung zeigt das Heidelberger Museum "Haus Cajeth" Tierdarstellungen von sieben Künstlern. Als Untertitel der Ausstellung haben Inhaberin Barbara Schulz und Kuratorin Karin Liane Mysz Verse aus Wilhelm Busch "Naturgeschichtlichen Alphabet" ausgewählt: "Die Lerche in die Lüfte steigt, der Löwe brüllt, wenn er nicht schweigt".
Zu Tieren hat jeder Besucher seinen ganz eigenen Zugang, und den verlangen auch die sehr unterschiedlichen Stile der ausstellenden Künstler. Natürlich kommt das Haus Cajeth auch in seiner aktuellen Ausstellung nicht an Pellegrino Vignali vorbei, schließlich hat das Museum die größte Bildersammlung des 1984 verstorbenen Italieners. Vignali war Analphabet, doch seine Bilder sprechen eine ganz eigene, sehr ausdrucksstarke und symbolhafte Sprache. Es gibt keinen überflüssigen Strich und keinen entbehrlichen Schnörkel, dafür findet sich fast auf jedem Bild mindestens eine Schlange, die wie ein roter Faden durch Vignalis archaische Welt führt.
"Tiere haben uns Menschen zu allen Zeiten fasziniert", erklärt Karin Liane Mysz im Gespräch mit der RNZ und weist darauf hin, dass bereits die ältesten Felszeichnungen der Menschheit Tiere zeigen. Die Bilder aus der Lubang-Jeriji-Saléh-Höhle auf Borneo sind rund 40.000 Jahre alt, "und sie interessieren uns immer noch", so Mysz. Der Gang durch die hohen barocken Räume bietet für große und kleine Besucher Vieles, das sich genauer zu betrachten lohnt. Gleich im ersten Zimmer hängen mehrere Bilder von Leonardo Marchetti, die Barbara Schulz aus Italien mitgebracht hat. Marchetti malt immer das gleiche Tier, aber die Frage, welche Kreatur uns da so intensiv anschaut, bleibt offen. Jeder soll seine eigene Antwort finden.
Ganz anders arbeitet der 1964 geborene Stefan Häfner, der seine Bilder in der Kreativen Werkstatt der Diakonie Stetten entstehen lässt. Häfner ist ein ausgezeichneter Beobachter, bei seinem "Großen Hahn" sitzt jede Feder. Der intensive Blick des Tieres, sein leicht geöffneter Schnabel und seine gespreizten Klauen wirken angriffslustig. So erzählt das Bild seine eigene Geschichte, die im Kopf des Betrachters entsteht.
Eher idyllisch sind die Bilder von Albino Menozzi, der den Besucher zu einer Landpartie nach Italien einlädt. Sein Ölgemälde "Zum Hahnenkampf" greift das gleiche Tiermotiv auf wie Häfner. Doch Menozzis Hähne sind freundlich einander zugewandt und thronen über einem Pferdegespann, mit dem vier gut gelaunte Menschen durch eine grünende Landschaft fahren.
Der 1915 geborene und 1999 gestorbene Menozzi wuchs in bitterer Armut auf und ließ sich als 18-Jähriger für den Straßenbau in Äthiopien anwerben. Gegen Ende des Italienisch-Abessinischen Krieges wurde er von den Engländern interniert und starb im Lager fast an Malaria. Doch beim Malen erinnerte er sich an die vertraute Landschaft seiner Jugend, an Kutschfahrten und Obstgärten.
Info: Die Ausstellung "Tierleben im Museum Haus Cajeth" ist bis 26. Februar 2019 in Heidelberg, Haspelgasse 12, zu sehen; geöffnet ist Montag bis Samstag von 11 bis 17 Uhr. Am 29. November lädt das Museum um 19 Uhr zu einer szenischen Lesung ein. Der Verleger Christian Ewald präsentiert die Katzengraben-Presse Berlin-Köpenick.