Annette Dorothea Weber vom COMMUNITYartCENTER und Nationaltheater-Intendant Christian Holtzhauer setzen ein Zeichen für die Freiheit der Kunst. Foto: Gerold
Von Sebastian Blum
Mannheim. Mit der "Mannheimer Erklärung der Vielen" haben am gestrigen Donnerstag neun lokale Kunst- und Kulturinstitutionen ein Papier zum Erhalt der künstlerischen Freiheit vorgestellt und unterzeichnet. Das Bündnis von Kunstschaffenden wehrt sich gegen rechte Gruppierungen und Parteien, die "die Freiheit der Kunst und die Kunst der Vielen einschränken und für sich instrumentalisieren wollen", heißt es in einem gemeinsamen Schreiben. Der an eine bundesweite Kampagne angelehnte Appell soll heute von 15 weiteren kommunalen und landesweiten Initiativen veröffentlicht werden, die sich seit November vergangenen Jahres formiert haben.
"Wir wollen dafür sorgen, dass die Freiräume der Kunst unangetastet bleiben", sagte Christian Holtzhauer, Schauspielintendant des Mannheimer Nationaltheaters, auf einer Pressekonferenz. Hintergrund der Initiative ist, was die Kunst- und Kulturszene als Angriffe auf die Kunstfreiheit wertet, die von rechten politischen Gruppierungen ausgehen.
Morddrohungen, Hassmails, die Forderung, Zuschüsse zu kürzen: Der traurige Höhepunkt wurde im Herbst 2017 erreicht, als der Friedrichstadtpalast in Berlin wegen einer Bombendrohung rund 2000 Personen kurz vor Vorstellungsbeginn evakuieren musste. Solche Szenen sind in Mannheim bisher ausgeblieben, aber "Attacken von rechts auf sozialen Medien sind seit anderthalb Jahren Normalität", erklärte Annette Dorothea Weber vom Community-Art-Center, einer von zwei Hauptinitiatoren der Mannheimer Erklärung.
Man wolle den Anfängen wehren, denn auch in Baden-Württemberg gab es bereits Versuche seitens der AfD, politischen Einfluss auf kulturelle Institutionen zu nehmen. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Landes-AfD, Rainer Balzer, fordert etwa auf seiner Homepage, den Zuschuss für die Popakademie zu kürzen, einer staatlichen Hochschule für Musik in Mannheim. Auf den Studiengang "Weltmusik" hat sich Balzer besonders eingeschossen. Laut Name müsse es sich dabei um Musik handeln, die auf der ganzen Welt erklinge. "Warum sollen wir dann Geld dafür ausgeben, damit sie in Mannheim stattfindet?", schreibt der Politiker. Der Mehrwert dieser Art von Musik erschließe sich der AfD nicht. Die staatliche Förderung gehe zu Ungunsten der Musikhochschule.
Dass sich das Bündnis der Vielen mit der politischen Erklärung selbst programmatisch einschränkt, wiesen die Mannheimer Kunstschaffenden zurück. Es gehe um Haltung und Selbstverpflichtung zur Vielfalt. "Da ist trotzdem was dran. Wir vertreten auch im Programm keine völkischen Positionen", sagte Jan-Philipp Possmann von zeitraumexit. Holtzhauer ergänzte, dass es Grenzen gebe, die Erklärung aber keinen Einfluss auf das Angebot habe. Im Gegenteil: "Die Gesellschaft kann mehr Glitzer vertragen."
Ins Leben gerufen wurde das Bündnis in Berlin. Bundesweit haben sich bisher 2000 Kulturinstitutionen und einzelne Künstler an jeweils eigenen kommunalen oder landesweiten solidarischen Initiativen beteiligt. Weitere Initiatoren in Mannheim sind der Verein Kulturparkett Rhein-Neckar, die Alte Feuerwache, das EinTanzHaus, die Künstlerinitiative "Bunte Vielfalt statt völkischer Einfalt", der Verein KulturQuer QuerKultur Rhein-Neckar und das Theaterhaus G 7 (TiG7).