Ins Manuskript versunken: Monika Gossmann in „Mank“ – ein Film über Autor Herman J. Mankiewicz. Foto: Netflix/Teamonfire
Von Stefan Otto
Ludwigshafen. "Fräulein Frieda ist nicht nur Krankenschwester und Physiotherapeutin. Sie hat auch in der alten Heimat Ernährungswissenschaft studiert. Nicht wahr, liebes Fräulein?" Mit diesen Worten wird Monika Gossmanns Filmfigur "Fraulein Frieda", wie es im Abspann heißt, eingeführt. Sie trägt das weiße Kleid einer Krankenschwester, eine Strickjacke und einen Haarkranz oder Gretchenzopf wie zuletzt Julia Timoschenko. "Mank" beginnt 1940 und blickt von hier aus mehrfach zurück ins vorangegangene Jahrzehnt. Einmal auch nach vorne, ins Jahr 1942, als Orson Welles und Herman J. Mankiewicz als Drehbuchautoren mit dem Oscar für "Citizen Kane" ausgezeichnet werden.
"Mank" steht für "Mankiewicz", dessen Arbeit am Drehbuch der Film schildert. Der Schriftsteller, gespielt von Gary Oldman (Oscar für "Die dunkelste Stunde"), liegt nach einem Autounfall mit einem gebrochenen Bein im Bett und diktiert seine Eingebungen einer Sekretärin. Fräulein Frieda umsorgt den Alkoholkranken derweil, massiert ihn und gibt ihm zu trinken, was er begehrt. "Herr Mank hat ermöglicht, dass meine Familie einreisen konnte", erklärt sie einmal. "Ihm verdanken wir, dass wir aus Deutschland rausgekommen sind, juristisch und finanziell. Er hat unser ganzes Dorf hierhergebracht, über einhundert Bewohner."
Herman J. Mankiewicz (1897-1953) war deutsch-jüdischer Abstammung, erläutert Monika Gossmann. "Seine Eltern haben in Berlin gelebt und sind emigriert." Während des Naziregimes habe er tatsächlich eine Ortschaft aus Deutschland in die USA umgesiedelt. Im Film trägt diese Neuansiedlung den Namen "Mankheim", doch dies sei "eine Erfindung" und eine Anspielung auf Mannheim, meint Gossmann.
Sie selbst wurde 1981 in Alma-Ata, dem heutigen Almaty, im zentralasiatischen Kasachstan geboren. Sieben Jahre später, zu Zeiten von Glasnost und Perestroika, kam die russlanddeutsche Familie nach Ludwigshafen. Hier ist die heute 39-Jährige als Tochter einer Lehrerin und des Oppauer Augenarztes Viktor Gossmann aufgewachsen. Bereits in einer Aufführung ihrer Oggersheimer Grundschule übernahm sie die Hauptrolle in Otfried Preußlers "Die kleine Hexe". Später engagierte sie sich an der Freilichtbühne Mannheim und besuchte das Ludwigshafener Carl-Bosch-Gymnasium. In den Cinestar-Kinos, als sie noch "Village Cinema" hießen, in der Walzmühle war sie oft und im Corso in der Wredestraße, als das noch existierte. Dazu im Mannheimer Kinder- und Jugendtheater Schnawwl, im Nationaltheater und natürlich im Pfalzbau, wie sie erzählt.
"Direkt nach dem Abitur bin ich nach Hamburg gezogen", berichtet Gossmann. Ab 2000 besuchte sie dort die Stage School und bis 2004 die Contemporary Dance School. Als Teil der kurzlebigen Girlgroup Ashana realisierte sie im Sommer 2004 auch den Dance-Hit "U Gonna Get It!" Ein weiteres Studium absolvierte sie an jenem Moskauer Künstlertheater, das der einflussreiche Schauspiellehrer Konstantin Stanislawski begründet hatte. Es folgten Engagements in Moskau wie am Hof-Theater Tromm im Odenwald, in Taunusstein und im österreichischen Graz. Im deutschen Fernsehen war Monika Gossmann unter anderem in den Vorabendserien "Küstenwache" und "SOKO Wismar" zu sehen.
Nachdem sie in Berlin begonnen hatte, Schauspiel zu unterrichten, wurde ihr im vergangenen Jahr eine Professur an der University of Florida angeboten. Deshalb erhielt sie eine Arbeitserlaubnis, ohne die man in den Vereinigten Staaten nicht drehen kann. "So habe ich einen Agenten gefunden, und er hat mir ein Massen-E-Casting geschickt", rekapituliert Gossmann, wie es zum Engagement für "Mank" kam. "Ich habe ein Video von mir gedreht, hatte einen Recall mit der Casting-Direktorin und dann einen Recall mit David Fincher über Zoom. Danach hatte ich die Rolle."
Sie hatte im vergangenen Winter sechs Proben- und 16 Drehtage, darunter eine Woche auf jener Ranch im entlegenen kalifornischen Viktorville, in der Mankiewicz vor 80 Jahren tatsächlich Orson Welles’ epochalen Filmklassiker "Citizen Kane" verfasst hatte. "Das ist schon irre, in diesen Gebäuden zu sein, und zu verstehen, ja, hier ist das entstanden, und hier gab es diese Leute wirklich, die wir jetzt verkörpern", schwärmt die Schauspielerin noch heute. Für sie sei durch die Zusammenarbeit mit David Fincher ("Gone Girl", "Fight Club") ein Traum in Erfüllung gegangen, so Gossmann, die außerhalb der Corona-Restriktionen zwischen Berlin und Florida pendelt. "Er ist tatsächlich mein Lieblingsregisseur. Ich wollte unbedingt verstehen, wie er arbeitet, und war auch in meiner freien Zeit am Set. Ich habe ihn beim Drehen beobachtet, um dieses Wissen in meine Arbeit als Schauspielerin einfließen zu lassen. Er fand das gut."
Info: Das Filmdrama "Mank" ist aktuell bei Netflix abrufbar.