Eine zauberhafte Idylle ist der Trappensee mit seinem Schlösschen. Für Lesungen und Begegnungen mit Autoren erweist er sich gerade als sehr geeignet. Foto: Fritz
Von Brigitte Fritz-Kador
Heilbronn. Schrittweise nimmt das Literaturhaus Heilbronn seinen Betrieb auf, noch ist das dafür renovierte und ausgebaute Trappenseeschlösschen auf seiner winzigen Insel im nicht viel größeren Trappensee – Corona und dem Denkmalschutz anzurechnend – nicht voll funktionsfähig. Dennoch: Das Innenleben erlaubt schon eine eingeschränkte Öffnung, die Ausstellung zu Dichtern und Autoren, entweder in Heilbronn geboren oder in autobiographischem Bezug stehend, ist "gebrauchsfertig", weil interaktiv angelegt. Nicht nur schwarz auf weiß, sondern auch in Videoeinspielungen begegnet man hier Heinrich von Kleist, Wilhelm Waiblinger, Ludwig Pfau, Victoria Wolff, Otto Rombach, Theodor Heuss, Herbert Asmodi und dem endlich wiederentdeckten "Knastpoeten" Ernst S. Steffen.
Den "Literaturbetrieb" konnte Anton Knittel, Leiter des Hauses, nun eingeschränkt beginnen, anspruchsvolle Projekte wie eine zweitägige Tagung zu Kleist und Hölderlin mussten aufgeschoben werden, aber die Reihe "Debut am See", ist gestartet. Diese Lesungen junger Autorinnen und Autoren finden nicht im Literaturhaus statt, es ist von den Dimensionen her eben eher ein "Literaturhäusle ist, sondern direkt gegenüber, in der städtischen Gaststätte "Trappensee", die glücklicherweise über auch atmosphärisch geeignete Räumlichkeiten verfügt.
Den Anfang machte Damiano Femfert, er las aus seinem Erstling "Rivenports Freund", eine Art moderner Kaspar-Hauser-Erzählung.
Der junge und so liebenswürdige Autor, 1985 in Frankfurt geboren, hat bisher Theaterstücke, Drehbücher für Kurz- und Spielfilme geschrieben, ist auch als Kurator in der Kunstszene tätig und lebt in Rom. Er ist ein begabter Erzähler, auch ein guter Vorleser, dessen schier ungezügelte Fabulierlust aber die streng redigierende Hand eines guten Lektorats gebraucht hätte. Dennoch: Die Begegnung mit Literatur nicht nur auf dem Papier ist geraden in Corona-Zeiten nicht zu unterschätzen.
So ist nun auch noch einiges zu erwarten. Am 24. Oktober ist ein "echter Heilbronner" Gast am See: Cihan Acar, der Autor von "Hawaii", dessen hochgelobter Erstling auch in Heilbronn spielt – das (!) "Hawaii" heißt hier im Volksmund ein Stadtteil, in dem zu leben eher problematisch ist. Vielleicht kommt Acar dann sogar als doppelter Preisträger: Den Literaturpreis der Doppelfeld-Stiftung hat er bereits, "Hawaii" steht aber auch auf der Shortlist für den Aspekte-Buchpreis, der am 15. Oktober bekannt gegeben wird.
Am Freitag, 6. November, liest Knittel selber aus "WeinLESEN", aus Werken von Arnold Stadler (war schon "special guest" bei der Eröffnung), dazu gibt es die passenden Weine. Warm anziehen muss man sich – nicht nur wegen des gut gelüfteten Vortragssaales – ausgerechnet am Freitag, 13. November. Dann fragt hier der in Heilbronn geborene Romancier und Satiriker Oliver Maria Schmitt: "Ist Heilbronn überhaupt eine Stadt – oder eher ein irreparabler Bewusstseinszustand? Kann ein gesunder Mensch lebenslänglich Heilbronn überleben?"
In Beantwortung dieser Frage heißt sein Buch, das an diesem Abend "Weltpremiere" hat "Wenn schon tot, dann in Heilbronn". Es enthält die 25 besten Kolumnen, die Schmitt für das anspruchsvolle Heilbronn-Magazin "Hanix" geschrieben hat. Der See und das Schlösschen im Rokoko-Look sind eben nicht nur reine, kleine Idylle in "Splendid Isolation", dem Standort nach. Die Stadt hat dem Literaturhaus auch das Prädikat "Anker für das Kleistarchiv Sembder" zugewiesen, doch davon ist nichts, aber auch gar nichts umgesetzt worden, das lag an der Politik. Aber Anker gehören ja auch unter Wasser.