Seit vergangenen Freitag proben die internationalen Sänger der Schola Heidelberg für das
Jubiläums-Festival. Foto: Thilo Ross
Von Birgit Sommer
Heidelberg. Ein Kraftakt ist es, den sich das Klangforum Heidelberg mit seinen beiden Ensembles "Schola Heidelberg" und "ensemble aisthesis" zu seinem 25-jährigen Bestehen vorgenommen hat. Vom 25. bis zum 29. Oktober feiern Sänger und Musiker ein Kulturfestival unter dem Thema "Diktaturen". Für ein Jubiläum klingt das natürlich düster, aber als Dirigent Walter Nußbaum und sein Geschäftsführer Dominique Mayr im Jahr 2014 auf das Thema stießen, war die große Aktualität noch gar nicht abzusehen.
Der Dokumentarfilm um Verschwinden und Tod der Tübinger Studentin Elisabeth Käsemann 1977 in Argentinien stand am Anfang ihrer Überlegungen, sich musikalisch mit Diktaturen zu beschäftigen. Die deutsche Politik kümmerte sich damals nicht um die Entführung, denn die Fußballweltmeisterschaft in Argentinien 1978 stand bevor. Sehr schnell entdeckten die beiden, dass es ein zeitloses Thema war. "Bei den Komponisten weltweit, die dafür ein 15-Minuten-Stück komponieren sollten, sprang der Funke sofort über", sagt Mayr. Sie alle bringen charakteristische biografische Hintergründe mit ein. Daniel Péter Bíro lebt in Kanada und hat als gebürtiger Ungar Erfahrung mit verschiedenen Arten von Diktatur; der Italiener Aureliano Cattaneo setzt sich mit dem Faschismus der 1930er Jahre auseinander. Alberto Hortigüela greift die vorerst letzte europäische Diktatur in seiner Heimat Spanien auf. Xilin Wang, heute einer der renommiertesten Komponisten Chinas, erlebte in wechselnden politischen und kulturrevolutionären Verhältnissen immer wieder Repressionen. Der türkische Komponist Mithatcan Öcal befasst sich mit der aktuellen politischdiplomatischen Problematik seines Landes (eine Ausreisegenehmigung zum Festival hat er bisher noch nicht), während Erik Oña, geboren in Argentinien, die Vertonbarkeit des Verstummens der "Desaparecidos" (Verschwundene) hinterfragt. Alvaro Carlevaro aus Urugay erinnert an die Zeit der Diktatur in seiner Heimat. Aus René Leibowitz’ letzter Oper "Todos Caerán" werden im Rahmen von "Diktaturen" einzelne Szenen uraufgeführt.
Die Eröffnung des Festivals am Donnerstag, 26. Oktober, um 18 Uhr in der Alten Aula beginnt mit einer Performance. Im Mittelpunkt steht die Filmvorführung "Das Mädchen - Was geschah mit Elisabeth K.?" mit dem Podiumsgespräch mit der Berliner Juristin Tonja Salomon als "Zeitzeugin" und Dr. Dorothee Weitbrecht (Elisabeth Käsemann Stiftung). Mit einbezogen wird der Start der Ringvorlesungen des Historischen Seminars am Mittwoch, 25. Oktober, um 18 Uhr mit Gerd Koenen: "Ursprünge und Elemente des modernen Kommunismus" (Hörsaal 06 der Universität). Neue und Alte Aula und die Hebelhalle sind die Räume für Klänge und Begleitprogramme von Freitag bis Sonntag. Finanziert wird das Festival von internationalen Kulturstiftungen.
Info: Konzertkarten und Festivalpässe gibt es unter www.klanghd.de und bei der RNZ unter Tel. 06221 / 519.1210.