Völlig abgehoben im Raumanzug: Nadja Rui begibt sich als Joni auf eine fantasievolle Reise. Foto: Susanne Reichardt
Von Ingeborg Salomon
Heidelberg. Wenn die Schüler nicht in den Zwinger3 gehen können, weil der Corona bedingt (noch) als Probenraum gebraucht wird, gehen die Schauspieler des Jungen Theaters Heidelberg eben in die Klassenzimmer. So fand die Premiere von "Satelliten am Nachthimmel" am Donnerstagmorgen in der Waldparkschule statt – unter ungewöhnlichen Bedingungen und sehr zur Freude von Lehrern und Schülern. Die Sechstklässler saßen brav auf Abstand, kicherten fröhlich und beklatschten das Zwei-Personen-Stück begeistert. Wohl auch, weil sie prima nachvollziehen konnten, wie sich Hauptfigur Joni fühlt.
Das Mädchen, facettenreich gespielt von Nadja Rui, hat nämlich das Gefühl, irgendwie auf dem falschen Planeten zu leben. Eigentlich ist alles ganz normal, sie hat Eltern, die manchmal nerven, und einen kleinen Bruder, den sie in den Schlaf singt. Diesen Knirps verkörpert Simon Labhart mit einer guten Portion Naivität, bis der Kleine im Verlauf des Stücks zu großer Form aufläuft. Er begleitet Joni nämlich auf ihren fantastischen Reisen ins All, denn dort hat das Mädchen ein Schwarzes Loch gefunden. Das sitzt genau in der Mitte ihres Bauches und saugt alles ein, was ihr zu nahekommt.
Regisseurin Yvonne Kespohl hat Kristofer Gronskags Geschichte vom Anderssein einfühlsam umgesetzt und trifft ziemlich genau das Lebensgefühl vieler Jugendlicher vor und in der Pubertät. Nadja Rui und Simon Labhart zeigen sichtliche Spielfreude und vollen Körpereinsatz, auch in den Rollen der Erwachsenen. Die sind vorwiegend ratlos und äußern sich in Plattitüden, die beim Publikum immer wieder viel Heiterkeit hervorriefen. ("Wie groß Du geworden bist!")
Dass auf Kulisse, Licht- und Tontechnik verzichtet werden muss, stört kaum, ermöglicht den jungen Zuschauern aber volle Konzentration auf Mimik und Gestik der Schauspieler. Mariam Haas und Lydia Huller haben Kostüme entworfen, die genauso fantastisch sind wie die Ideen von Joni und ihrem Bruder. Ein dickes Extra-Lob gebührt dem wunderbar aufgeblähten "Schlechten Gewissen" in Knallgelb, das so herrlich in sich zusammenfällt. Nach 40 kurzweiligen Minuten ist Joni in ihrem Leben angekommen; nun ist zwar nicht alles gut, aber Vieles anders.
Das Stück ist für eine Doppelstunde konzipiert, nach der Aufführung können die Schüler noch weitere 40 Minuten mit den Schauspielern diskutieren.
Info: Das Junge Theater ist mobil in Schulen unterwegs, Informationen und Buchung bei Claudia Villinger unter Tel.: 06221.5835.460.