Der Afrika-Reisende Anselm Pahnke machte mit seinem Fahrrad beim Heidelberger Gloria-Kino Station. Foto: Friederike Hentschel
Von Kirsten Kieninger
Heidelberg. Er wollte partout nicht allein reisen. Einen Film wollte er zuerst auch nicht machen. Nur nach Afrika wollte er schon immer einmal. Inzwischen hat Anselm Pahnke all das getan und jetzt seinen Film "Anderswo. Allein in Afrika" im Heidelberger Gloria-Kino vorgestellt. Auf seiner Kinotour durch Deutschland ist der 29-Jährige mit dem Fahrrad unterwegs, demselben, das auch in Afrika sein treues Gefährt war: 15.000 km, 414 Tage, kreuz und quer durch 15 Länder.
Nun sind Superlative bei der Kino-Vermarktung von Selbsterfahrungs-Reise-Dokus nie weit - spätestens seit 2017 "Weit" (50.000 km per Anhalter um die Welt) zum Überraschungserfolg und Dauerbrenner wurde, boomt das Genre. Und so reichte jetzt die Schlange vor der Kinokasse quer über die Hauptstraße, als Anselm Pahnke Heidelberg besuchte. "Dieses Reisen ist mein Leben geworden", wird er später beim Publikumsgespräch kommentieren, als er nach der Vorstellung sein Rad samt Packtaschen in den Kinosaal schiebt.
Als 25-jähriger Geophysik-Student ist er 2015 wenige Tage nach seinem Bachelor-Abschluss nach Südafrika aufgebrochen. Als er schließlich ganz Afrika durchquert hatte, mit nur einem Satz Ritzel, Kette und Tretlager, einen Riss im Mantel handfest mit Zahnseide geflickt, hat er aufgehört zu filmen. Aber er ist weiter gefahren: In Israel hat er seinem Rad neue Verschleißteile gegönnt, dann ging es durch den Nahen und Mittleren Osten, über den Himalaya, nach Südostasien bis nach Australien. Insgesamt 40.000 km und 40 Länder liegen auf seinem Weg. Seit zweieinhalb Jahren ist er wieder in Deutschland.
Wie ging es ihm, als er zurückgekommen ist? "Ich habe das voll unterschätzt, das war richtig heftig." Er sei nicht darauf vorbereitet gewesen, dass die Erwartungen und Ängste seines Umfeldes ihn so berührten: "Wenn jemand Mut hat, dann löst das bei den anderen Angst aus". Aber auf seiner Reise habe er gelernt, seinem Herzen zu vertrauen und einfach er selbst zu sein. Er wolle sich nicht für sein Umfeld verstellen und Antworten auf Erwartungen anderer liefern müssen: "Ich bin da vehement. Ich denke nicht daran, was nach der Kinotour kommt und ich will auch nicht darüber reden."
Das sympathische Selbstvertrauen, das Anselm Pahnke heute ausstrahlt, war ihm zu Beginn seiner Reise noch fremd. Gestartet war er mit zwei Reisegefährten, die er sich über das Internet gesucht hatte. Nach drei Monaten traten die beiden die Rückreise an, und Anselm sah sich mitten in der Kalahari-Wüste mit dem Alleinsein konfrontiert. Mit seiner kleinen Kamera als Begleiter und "Ansprechpartner" hat er sich darauf eingelassen - auf sich selbst und auf Länder und Leute. Hat allein in der Wildnis kampiert. Immer aus Brunnen getrunken. Ohne Reisekrankenversicherung Malaria und Typhus getrotzt. Sich auf abenteuerliche Weise ein Visum für Äthiopien organisiert. Gegen die Passatwinde gestemmt. Unvergessliche Begegnungen gehabt.
Nur zwei bis drei Euro am Tag habe er ausgegeben, erzählt er, insgesamt rund 2000 Euro - "und die drei Jahre kannst du gar nicht aufrechnen. Los geht’s!" Genau hier setzt die Faszination für diese Reise-Dokus an: Sie liefern mitreißende Bilderreigen, die miterleben lassen, wie jemand genau das tut, was man sich ohne Weiteres nicht zutrauen würde. Anselm Pahnke hat sich allein auf Reisen ein Herz gefasst. Und nach der Veranstaltung umringt eine neugierige Menschentraube vor dem Kino ihn und sein Rad - ganz so wie in Afrika.
Info: www.gloria-kamera-kinos.de - weitere Vorführungen des Films sind Ende Februar geplant.