Die Capella Carolina der Heidelberger Universität singt unter der Leitung von Franz Wassermann (Mitte, vorn). Foto: Tobias Schwerdt
Von Christoph Wagner
Heidelberg. Seit Arnold Schönberg vor mehr als 100 Jahren postuliert hat, "Musik soll nicht schön sein, sondern wahr", ist Schönheit kein Qualitätskriterium mehr, dient im Gegenteil allenfalls dazu, sie als epigonal abzuqualifizieren. Doch nun scheint der Sinn für Schönheit überhaupt verloren zu gehen. Beispiele gibt es genug und in alle Stilen.
Umso beglückender war es, das Konzert "Weihnachten rund ums Mittelmeer" der Camerata Carolina zu hören. Der knapp 50 Mitglieder – darunter viele ausländische Studierende – zählende Kammerchor des Internationalen Studienzentrums der Universität unter der Leitung von Franz Wassermann wurde primär durch die kaum zu überbietende Klangschönheit dieses Ensembles zum bewegenden Ereignis.
Die Reise führte durch die europäischen Mittelmeer-Anrainerstaaten. In zwölf verschiedenen Sprachen musste der Chor singen, durchaus angemessen seiner Anbindung an das Internationale Studienzentrum. Es erklangen volkstümliche Lieder aus Spanien, Katalonien, Frankreich, Italien, Slowenien, Kroatien und Griechenland in meist ambitionierten Sätzen zeitgenössischer Komponisten. Aber auch der Chor "Bethléem" des französischen Romantikers Charles Gounod und ein Ausschnitt aus dem Oratorium "L’Enfance du Christ" von Hector Berlioz waren zu hören.
Musikdirektor Franz Wassermann, einst Schüler von Helmuth Rilling, weltweit in vielen Ländern als Dirigent unterwegs und mehr als eine Generation älter als die meisten seiner Chormitglieder, verzichtete in seinen Interpretationen auf jeden vordergründigen Effekt. Er sorgte quasi im Hintergrund für einen in jeder Dynamik ausgewogenen und homogenen Klang und einen federnden oder schwingenden, also stets lebendigen und energiereichen Rhythmus. Er verlieh dadurch allen Stücken eine völlig natürliche Ausdruckskraft.
Katharina Holle zeigte in dem sängerisch anspruchsvollen, makellos und einfühlsam gesungenen Sopransolo in "Cantique de Noël" des französischen Opernkomponisten Adolphe Adam, dass Wassermann im Chor über viele hochkarätige Einzelstimmen verfügt, ohne die diese Qualität wohl kaum möglich wäre.
Statt einer Zugabe durfte zum Schluss das Publikum zusammen mit dem Chor das Weihnachtslied "O du fröhliche" singen, von dem nur wenige wissen, dass es ursprünglich ein sizilianisches Marielied war. Es bleibt nur, Chor und Dirigent für dieses wunderschöne musikalische Weihnachtsgeschenk zu danken.