Gerhard Vormwald: Mannheim, D 1970. Repro: Susann Behnke-Pfuhl
Von Susann Behnke-Pfuhl
Mannheim. Nachdem Gerhard Vormwald seine Laufbahn als Werbefotograf in den 1990er Jahren aufgab, zog er mit seiner Familie von Paris aufs Land. Dort entstehen poetische Naturaufnahmen - farbige, ausdrucksstarke Pflanzen- und Naturstillleben. In ihrer sinnlichen Anschaulichkeit entfalten die Motive ein Eigenleben, neigen sich Pflanzenstängel zueinander, klettern Käfer an Scabiosen hoch, wiegen sich Klatschmohn und Kamille im Wind.
Ungewöhnlich ist diese Werkserie für den Mannheimer Fotografen, der - neben seiner Tätigkeit in der Werbung - eher für Fotografien der einfachen Leute und gesellschaftlicher Randgruppen bekannt ist. Die Ausstellung der Mannheimer Galerie Zephyr gibt drei Jahre nach seinem Tod einen Überblick über das vielschichtige Werk.
Ein Höhepunkt seines Schaffens ist sicherlich die Serie "Concrete Illusions", in der er Fotografien von Gebäuden collagiert, sodass sich häufig eine surreale Wirkung ergibt. Manche Konstruktionen scheinen komplett (am Computer) ersonnen zu sein, sehen aber real aus. Vormwald spielt mit dem Wahrheitscharakter von Fotografie. Seine eigenen Fantasien kommen ihm - wie in "Affenhaus" - dazwischen und enttarnen das ansonsten völlig glaubhafte Bild der Wirklichkeit.
In den 1980ern war es sein Markenzeichen, mit unsichtbaren Bildkonstruktionen irreale Bildträume wahr werden zu lassen. Er fotografiert in Paris Cover für die großen Zeitschriften Stern, Playboy und Zeitmagazin. In seiner Kunst, die er scharf von seiner kommerziellen Fotografie trennte, entstehen geheimnisvolle Bilder, in denen mit wenigen Mitteln Illusionen erzeugt werden. Seine reportageartigen Fotografien, die von 1965 bis 1979 datieren, sind dagegen ernsterer Natur. Der 1948 in Heidelberg geborene Vormwald verlor im Alter von acht Jahren seinen Vater. Viele Aufnahmen entstanden damals in Gedenken an seinen Tod. Besonders die Reihe "La vie en rose" über Friedhöfe, die er schon 1978 im Heidelberger Kunstverein ausstellte und in Mannheim in überarbeiteter Form zeigt, nimmt auf ihn Bezug.
Im Vordergrund seiner Aufnahmen in den europäischen Städten und der Metropole New York stehen Menschen, die er auf der Straße oder in Parks antrifft. Eine Dame im Persianer und zwei Pudel. Ein älteres Paar mit Eiswaffeln in der Hand. Wartende in einer Bushaltestelle in England. Ein Kind vor trostlosen Hochhäusern. Obdachlose auf der Parkbank oder dem Boden. Mit der Kamera in der Hand geht Vormwald nah heran, traut sich in die gefährliche Bronx.
Seine Handschrift war divers. Er experimentierte mit vielen Techniken. Für seine Schwarzlichtserie verwendete er belichtete Negative in einer umgebauten Kamera. Viele seiner Bildfindungen sind surreal wie die Stillleben aus der Serie "Die Autonomie der Dinge" mit Wein, Kartoffeln, Zigaretten und Kerzen, in denen er diesen Dingen seines Alltags "ein zweites Gesicht" geben wollte. An Magritte erinnernd, stellt er in seinen zufälligen Bilddialogen (Blind date essentials) die Anmut einer Rose der Schwere eines hängenden Steins gegenüber.
Info: "Gerhard Vormwald"; Galerie Zephyr im Museum Zeughaus der Reiss-Engelhorn-Museen, Mannheim, C 5, die bis so von 11 bis 18 Uhr, bis 30. Juni