Von Stefan Otto
Mannheim/Heidelberg. Alle freuen sich für sie, aber nicht mit ihr, denn sie selbst freut sich nicht. Camila ist schwanger: Seit "7 Semanas" ("Sieben Wochen"). Das gleichnamige, konzentrierte Drama der jungen chilenischen Regisseurin Constanza Figari läuft im Wettbewerb des Internationalen Filmfestivals Mannheim-Heidelberg.
Sie könnten sich doch ein Kätzchen zulegen, schlägt Camila vor. Sie ist um die 20, studiert Tanz und ist mit ihrem Freund Simón, der bald eine feste Arbeitsstelle bekommen wird, auf der Suche nach der ersten gemeinsamen Wohnung. Alle Zeichen deuten also in Richtung Familie. Umso mehr, als Camila unverhofft schwanger wird.
7 Weeks - Trailer from IFFMH on Vimeo.
Das spricht sich bald herum. "Cami", wie sie genannt wird, empfängt Glückwünsche von allen Seiten, jeder äußert ehrliche Vorfreude, und Simón sowie die Familie treffen bereits erste Vorbereitungen für das erwachende Leben. Eine Tochter wäre schön, meint Simón und kauft das erste Paar Schühchen für den Nachwuchs. Alle reden schon über das Kind, nur Cami, die es in sich trägt, nicht. Die junge Frau wird immer stiller. Sie zweifelt, zieht sich in sich zurück und lässt den Termin beim Frauenarzt sausen.
Sehr bald ahnt der Zuschauer, was Cami einmal sagen wird: "Ich will es nicht haben." Bis es so weit ist und auch danach noch, sind wir immer ganz nah bei der Schwangeren. So nah wie etwa den Hauptfiguren in den Filmen der belgischen Brüder Dardenne ("Das unbekannte Mädchen"). Das ganze innere Drama von "Sieben Wochen" spielt sich auf dem Gesicht seiner Protagonistin (gut: Paulina Moreno Vivanco) ab. Weil die erst 27-jährige Regisseurin Constanza Figari uns dabei nicht nahelegt, was wir zu denken oder wie wir zu urteilen haben, sind wir ähnlich auf uns gestellt wie Camila. Sehr intensiv, ja, grausam intensiv, erleben wir auf diese Weise mit, wie sie, umfangen von den Vorstellungen und Hoffnungen ihres Umfelds, eine einsame Entscheidung trifft.
In Chile ist Abtreibung erst seit 2017 in Ausnahmefällen erlaubt. Der Film entstand vor dem Hintergrund der aktuellen chilenischen Debatte über das Gesetz der "Tres Causales", der drei Gründe, wonach sie legalisiert werden kann. Die Produktion dürfte gute Chancen auf eine Auszeichnung haben. Am Samstag wissen wir mehr: Dann steigt die Preisverleihung beim 67. Internationalen Filmfestival im Stadthaus Mannheim.
Info: Der Film läuft am heutigen Freitag um 21.30 Uhr und morgigen Samstag um 17.30 Uhr im Kino Atlantis in Mannheim. Am Sonntag, 25. November um 17 Uhr im Kinozelt II auf dem Heidelberger Messplatz. www.iffmh.de