Zum Lachen sind Jan Henrik Stahlberg (als Rocky, rechts) und Franz Rogowski (als Thorben) in dem heiß diskutierten Kinofilm "Fikkefuchs". Foto: Alamode Film
Von Kirsten Kieninger
Mannheim. Dieser Text könnte mit dem Bekenntnis beginnen: Ich habe "Fikkefuchs" gesehen und mich wirklich amüsiert - obwohl ich eine Frau bin. Denn seit sich Jan Henrik Stahlbergs Film dem Kinostart näherte, hat die aktuelle Debatte um sexuelle Belästigung und Sexismus im Alltag einen neuen Aufreger: einen kleinen deutschen Spielfilm, gestemmt ganz ohne Fördergelder. Ein "satirisches Spiel mit dem Feuer", so hat das kleine Team um Stahlberg mit Produzentin Saralisa Volm und Autor Wolfram Fleischhauer den Film 2015 während der Crowdfunding-Kampagne angekündigt: "Ein kleiner, schmutziger Film. Ein unbequem unterhaltsamer Film. Ein Film, der absolut nicht allen gefallen wird."
Nun gefällt der Film tatsächlich sehr vielen Kritikern nicht. Vor allem auffällig vielen Männern. Was natürlich auch daran liegt, dass es mehr männliche als weibliche Filmkritiker gibt. Aber das ist ein anderes Thema - oder auch nicht? Zurück zu "Fikkefuchs", dem kleinen Film, der nun große Zeitungsredaktionen dazu bringt, gleich mehrere Rezensionen zu veröffentlichen, einer positiven Kritik lieber noch eine relativierende bis offen angeekelte hinterher zu schieben.
Ob die positiven Kritiken schon im Sommer nach der Premiere des Films beim Filmfest München unbeschwert geschrieben wurden, während nun im Angesicht von metoo überkritisch auf alles gezielt wird, was annähernd unter Sexismus-Verdacht fallen könnte?
In dieser aufgeheizten Jagdstimmung ist der "Fikkefuchs" auf Kinotour. Nun war Regisseur und Hauptdarsteller Jan Henrik Stahlberg zu Gast im Mannheimer Odeon. Betrachtet man das Publikum, das sich in diesen angeblich "frauenverachtenden", "unangenehmen" und "ekligen Männerfilm" gewagt hat, so wäre "Pärchenfilm" das bessere Label.
Das Kino ist gut besucht, Frauen- und Männeranteil sind ausgewogen - auch in den vielstimmigen Lachern während des Films. Und zum Lachen sind Torben und Rocky, die beiden "Helden" des Films, wahrlich: Ein etwa 50-jähriger, abgehalfterter Kerl, der Selbstwert und -täuschung daraus zieht, früher der "Stecher von Wuppertal" gewesen zu sein und sein durch ständigen Porno-Konsum völlig verblitzter, Anmache-Amok laufender (Vielleicht-)Sohn Torben. Zwei armselige Gestalten, die Frauen als "Fotzen" titulieren und bis ins Extrem vorführen, wie traurig es letztendlich ist, wenn die Kommunikation zwischen Bedürfnissen und Realität derart gestört ist.
Es ist immer besser, darüber zu reden. Im Publikumsgespräch nach dem Film wirft zwar keine(r) dem Film Frauenfeindlichkeit vor. Allerdings gibt es Stimmen, die den Film "zu laut" finden. Stahlberg, der schon 2004 in seinem ersten Film "Muxmäuschenstill" satirisch extrem überzeichnete und das rabenschwarze belgische Serienkiller-Mockumentary "Mann beißt Hund" (1992) als prägenden Einfluss nennt, erklärt, dass das durchaus Absicht sei: "damit ich als Zuschauer überhaupt nicht erst denke, ich soll mich mit denen identifizieren. Ich glaube, nur dann kann die Reise beginnen: Wenn ich erst Mal ganz klar weiß, ok, das sind echt Honks." Und fügt hinzu: "Deshalb würde ich auch von dem Rezensenten, von der Rezensentin erwarten, wenn diese ironische Stimme aus dem Off kommt, zu sagen: Das ist jetzt nicht der Filmemacher, der da spricht."
"Fikkefuchs" ist tatsächlich ein "unbequemer" Film, das haben im Saal viele so wahrgenommen. Ein Zuschauer bekannte, er sei erleichtert, über dieses Unbehagen auch direkt zu sprechen. Insofern ist die Kinotour von "Fikkefuchs" ein guter Beitrag zur Sexismus-Debatte. Sprechen könnte man allerdings noch über viel mehr.
Darüber, ob nicht die meisten Hollywoodfilme sexistisch sind. "Ich mag junge Frauen, ich will das junge Reh. Die ausgediente Hirschkuh am Wegesrand interessiert mich nicht", das würde ein Held wie Tom Cruise (55) im Gegensatz zu Rocky zwar niemals auf der Leinwand sinnieren; doch seine Filmpartnerinnen sind seit 1983 selbstverständlich niemals älter geworden.
Oder darüber, ob die zwei Männer, die mir nach der "Fikkefuchs"-Veranstaltung keine 100 Meter vom Kino entfernt begegnen, auch solche Honks sind, wie Torben und Rocky? Ich werde im Vorübergehen zwar nicht mit "Fotze", aber mit "Hey, Honey!" von der Seite angequatscht. Die Sexismus-Debatte kann gerne weitergehen, nur ist "Fikkefuchs" nicht unbedingt das richtige Opfer.
Info: "Fikkefuchs" läuft täglich im Odeon, Mannheim. In Heidelberg am 26., 28. und 29. November im Karlstorkino.