Er stand neben Alvin Lee in Woodstock auf der Bühne: Bassist Leo
Lyons, der nun in Finkenbach im Odenwald auftrat. Foto: Weindl
Von Harald Berlinghof
Heidelberg. Leo Lyons gründete 1966 gemeinsam mit Alvin Lee die Rockband "Ten Years After". Vor 50 Jahren spielte Lyons mit seiner Gruppe beim viertägigen Woodstock-Festival, das am 15. August 1969 begann. Die RNZ traf den legendären Rockmusiker vor seinem Auftritt am Rande des diesjährigen Finkenbach-Open-Air-Festivals (wir berichteten).
Leo, ein Song auf Ihrer neuen CD "live woodstock 69" hat den Titel "Do You Wish You Were At Woodstock?". Was empfinden Sie, wenn Sie heute an Woodstock zurückdenken?
Es war einfach ein großer Spaß. Obwohl die USA damals ja sehr innerlich zerrissen waren. Aber Woodstock, das waren die Hippies. Es ging einfach darum, eine bessere Welt zu schaffen. Heute bin ich froh, es gemacht zu haben. Ich bin nicht stolz, eher glücklich darüber, dabei gewesen zu sein und ein Teil dieser Zeit gewesen zu sein.
Auf Ihrer neuen Live-CD spielen Sie mit Ihrer aktuellen Band Hundred Seventy Split fünf Songs von Ten Years After, die Sie auch in Woodstock gespielt haben, und weitere alte Ten- Years-After-Songs. Wo haben Sie die Lieder aufgenommen?
Die Songs sind an verschiedenen Auftrittsorten während einer Deutschlandtour im Frühjahr entstanden.
Wie kam Ten Years After zum Festival? Sie waren zu dieser Zeit noch gar nicht so sehr berühmt. Zu großen Stars wurden Sie ja erst mit dem Woodstock-Film und den Platten.
Es stimmt, wir hatten "Ten Years After" erst 1966 gegründet. Aber wir hatten vor Woodstock schon drei US-Tourneen gespielt. Und nach Woodstock nahm das Ganze dann noch einmal Fahrt auf. Vor Woodstock spielten wir vor vielleicht 3000 Leuten, danach vor 20.000 bis 30.000, zum Beispiel in Baseball-Stadien. In Deutschland waren es nicht ganz so viele, vielleicht 10.000 im Schnitt.
Sie wurden vor Ihrem Auftritt in Woodstock mit einem Hubschrauber vom Hotel "Holiday Inn" zur Bühne gebracht. Dachten Sie darüber nach, angesichts der Umstände abzusagen?
Nicht wirklich. Der Flug dauerte nur fünf oder sechs Minuten. Aber das Warten, bis wir dran waren, zerrte schon an den Nerven. Die Zufahrtswege waren alle blockiert. Mit so vielen Zuschauern hatte man eben nicht gerechnet. Am Sonntagnachmittag war noch ein Sturm losgebrochen, und es regnete stark. Zwischen den Kabeln stand das Wasser auf der Bühne. Unten war alles voller Matsch.
Sie haben am Sonntagabend um acht Uhr gespielt. Der Auftritt dauerte eine gute Stunde. Aber es gab technische Probleme: Wie haben Sie reagiert?
Die Elektrik geriet in Gefahr. Wir haben dann unseren Auftritt unterbrochen. Um die Leute bei Laune zu halten, hat Chick Churchill ein langes Schlagzeugsolo eingestreut. Das funktionierte. Wir nannten das Stück "Hobbit". Aber eigentlich war der Zeitpunkt unseres Auftritts perfekt. Es hatte schon aufgehört zu regnen, es war ganz schön warm, und die Sonne ging unter. Man sah von der Bühne auf die Hügel mit diesen Massen von jungen Leuten. Aber wir waren ja mit Verspätung dran, und am nächsten Morgen ging es schon um vier oder fünf Uhr weiter, irgendwo nach Missouri für das nächste Konzert.
Hatten Sie als junge Band Kontakt zu den Stars des Festivals, wie Jimi Hendrix oder Jefferson Airplane?
Oh ja, das war ganz unproblematisch. Das waren alles junge, unternehmungslustige Hippies. Man traf sich hinter der Bühne und redete miteinander.
Alvin Lee, der Gitarrist, starb vor wenigen Jahren. Wie haben Sie ihn in Erinnerung? War er eher der Boss der Band oder ein kumpelhafter Freund?
Alvin Lee und ich gründeten gemeinsam bereits 1959 die Atomites, dann 1960 die Jaybirds. Da war er 15 Jahre alt und ich 16. Über einen langen Zeitraum machten wir gemeinsam Musik. Während dieser Zeit waren wir wie Brüder.