Festivalleiter Rainer KernFoto: Joanna Frota Kurkowska
Von Peter Wiest
Mannheim/Heidelberg. Die Vorfreude ist groß – vielleicht größer als je zuvor. Dabei ist doch "eigentlich alles wie immer, nur anders", hatte Festivalleiter Rainer Kern bei der Ankündigung des 22. Enjoy Jazz-Festivals in einer Mischung aus Nonchalance und Realismus gesagt. "Wie immer" sind dabei zumindest die Programmauswahl und die Vielfalt der darbietenden Künstler, wie man es seit 1999 von Enjoy Jazz kennt und gewohnt ist. Was dagegen "anders" ist, weiß längst jeder. Dass das Festival überhaupt stattfinden kann, ist in Zeiten von Corona schon fast sensationell. Und dass es unter eingeschränkten Bedingungen und strenger Beachtung sämtlicher pandemiebedingter Richtlinien und Hygiene-Vorschriften über die Bühnen der Region gehen wird, versteht sich mittlerweile fast von selbst.
Von Haus aus war und ist Enjoy Jazz ja ein "Festival für Jazz und Anderes", wie die Veranstalter stets betont haben. Dass dieses "Andere" jedoch einmal auch die Veranstaltungs-Modalitäten und Besucherzahlen betreffen könnte, hätte sich im letzten Herbst kaum jemand vorstellen mögen. Stark eingeschränkte Besucherzahlen bei allen Konzerten, Hinterlegung der persönlichen Daten der Besucher, Abstands-Regeln in den Sälen, Maskenpflicht in den Foyers und beim Gang zum Sitzplatz: All dies ist derzeit bei öffentlichen Veranstaltungen schon fast normal. Hinzu kommt jedoch bei Enjoy Jazz, so Rainer Kern, dass sich in Anbetracht der Lage fast permanent auch bei den Konzerten selbst Änderungen ergeben können.
"Es gibt ja sogenannte Negativ-Länder, aus denen Künstler überhaupt nicht einreisen dürfen oder bei denen sich die Einreise-Modalitäten ständig ändern", erklärt der Festivalleiter, "was zur Folge hat, dass wir manchmal gar nicht wissen, ob ein Musiker aus dem Ausland nach dem Corona-Test nur einen Tag oder länger in Quarantäne muss". Folgerichtig ist bei der Organisation genau das gefragt, was "im Jazz ja gerade unsere Kompetenz ist", wie es Kern ausdrückt: "Nämlich Improvisation". Das Ganze sei letztlich "ein großer Balance-Akt", den man aber mit Sicherheit bewältigen werde, zumal "das gesamte Enjoy Jazz-Team noch engagierter ist als sonst schon".
Zumindest musikalisch wird dann doch "eigentlich alles wie immer" sein, blickt der Festivalleiter auf das bevorstehende Programm. Zwar bedauert er einerseits, dass durch die Einreisebedingungen Künstler wie Joshua Redman oder Archie Shepp nicht dabei sein können; andererseits jedoch darf sich das Publikum auf viele neue Gesichter freuen.
Die beachtliche Reihe an Piano-Solo-Konzerten etwa war so ursprünglich nicht vorgesehen, verrät Kern: "Das hat sich so ergeben. Und jetzt freue ich mich wirklich auf jeden einzelnen dieser Auftritte".
Ansonsten macht auch bei der 22. Ausgabe von Enjoy Jazz die Mischung den Reiz aus. Neben den Konzerten wird es auch wieder Matineen, Talk-Veranstaltungen, Symposien und Aktionen mit und um die 2019 installierten "Thinkers in Residence" geben, die sich seither im Festival-Rahmen mit der Zukunft und der ästhetischen Dimension von Festivals, Kunst und Kulturarbeit auseinandersetzen.
Dass auch die Künstler selbst durchaus zwiespältige Gefühle hätten bei Auftritten in dieser Zeit und unter diesen Umständen, habe er natürlich ebenfalls feststellen können. Fakt sei jedoch, dass sie alle überglücklich seien, überhaupt wieder live spielen zu können: "Und das überwiegt alles andere".
Möglich geworden ist Enjoy Jazz gerade auch in Corona-Zeiten letztlich nur dadurch, dass "wir ein nicht kommerzielles Festival sind und mittlerweile ja auch das Siegel der Gemeinnützigkeit haben", betont Kern abschließend: "Ohne öffentliche und private Unterstützung könnte es nicht stattfinden".
Dafür sei man sehr dankbar – und auch deshalb "werden alle, die daran beteiligt sind, ob hinter den Kulissen oder auf der Bühne, dafür Sorge tragen, dass wir gemeinsam gut durch diese Krise kommen".