75. Bach-Stunde (v.l.): Horst Dücker, Friedemann Schulz, Arnold Werner-Jensen (mit Jubiläumstorte), Thierry Stöckel, Irina Simmes und Museumsdirektor Frieder Hepp. F.: Museum
Von Matthias Roth
Heidelberg. Den Titel übernahm Arnold Werner-Jensen von Helmut Walcha, der an der Frankfurter Hochschule "Bach-Stunden" veranstaltete und dabei Cembalo- und Orgelwerke des Thomaskantors vorstellte. Als Werner-Jensen an der Hochschule in Weingarten ein Cembalo erhielt, führte er unter diesem Titel eigene Konzerte auf. In Heidelberg wurde die Idee sonntäglicher Matineen im Kurpfälzischen Museum unter diesem Titel erst 2002 geboren: Hintergrund war die Tatsache, dass das Museum zwar einige Originalinstrumente beherbergte, diese aber bis dahin selten gespielt wurden.
Nun fand die 75. Bach-Stunde im Großen Salon des Museums statt, und dieser war fast zu klein für die vielen interessierten Besucher. Dabei stand gar kein Bach auf dem Programm: Das ist kein Einzelfall, weiß man, und hängt in diesem Fall mit dem gewählten Instrument zusammen, dem historischen Dulcker-Hammerflügel aus dem Jahre 1789/90. Werke von Haydn und Mozart wurden daher nun präsentiert - und ein Spätwerk von Beethoven: Vier "Schottische Lieder" für Singstimme und Klaviertrio, eine absolute Rarität, die selten im Konzert zu hören ist.
Der zart besaitete Hammerflügel, den Georg Ott vom Nürnberger Nationalmuseum restaurierte, steht musikgeschichtlich zwischen Cembalo und modernem Flügel. Klanglich eher dem ersten zugeneigt, funktioniert seine Mechanik dem heutigen Flügel ähnlich. Frappierend war nun bei Haydns Trio B-Dur, das Werner-Jensen zusammen mit Thierry Stöckel (Violine) und Friedemann Düker (Cello) spielte, die große Palette an Klangfarben, die in der Höhe ganz anders ist als im Bassregister oder der eher gleichmäßigen Mittellage.
Auch dynamisch war der Flügel gegen die modernen Streichinstrumente eher im Nachteil, doch die Interpreten wussten das in großen Teilen sensibel auszugleichen. In Mozarts g-Moll-Klavierquartett, das eher dialogisch gebaut ist, gelang der dynamische Ausgleich zwischen solistischem Klavierpart und Streichern ausgezeichnet und sensibilisierte das Ohr für feine Nuancen, besonders im Andante. Aber auch kraftvoll kann das Hammerklavier klingen, wie man im Unisono-Thema des Allegro, aber auch im Mozart-Finale deutlich spürte.
Die Sopranistin Irina Simmes, die nach vielen Jahren am Heidelberger Theater nach Dortmund wechselte, sang vier Beethoven-Lieder (plus eines als Zugabe) und passte ihre Stimme dem kleinen Raum und dem differenziert spielenden Ensemble perfekt an. Saubere Artikulation und feinste Lyrismen verbanden sich hier in hinreißender Weise, und so konnte man jedes Wort der deutsch gesungenen Lieder gut verstehen und nachempfinden.
Museumsdirektor Dr. Frieder Hepp bedankte sich herzlich bei Prof. Arnold Werner-Jensen, der diese Konzertreihe, die sich komplett selbst finanziert, mit unermüdlichem Einsatz befeuert. Als Dank gab es für alle eine Jubiläumstorte der Konditorei Schafheutle, die anschließend angeschnitten wurde.