Hochleistung im Boxenlaufstall
Bis zu 40 Liter am Tag geben die Milchkühe von Karl Gruppenbacher - Dem Zufall kann man da nichts überlassen

Aglasterhausen. Sanft geschwungene Hügel, saftig-grüne Wiesen, kleine Feldwege: Der Arbeitsplatz von Karl (55) und Julia Gruppenbacher (27), Vater und Tochter, liegt so ländlich-idyllisch, als wäre er von einer Milchpackung abgemalt. Passend wäre es ja: Schließlich versorgen die beiden hier, im Kleinen Odenwald zwischen Aglasterhausen und Breitenbronn, rund 120 Milchkühe. Nur: Auf den Hängen rundum ist keine Schwarz-Bunte, kein Deutsches Fleckvieh zu sehen. Die Tiere sind dauerhaft im großen Stall untergebracht, sommers wie winters.
Schade für die Tiere? Landwirt Karl Gruppenbacher hat nicht das Gefühl, sich für seinen Stall rechtfertigen zu müssen. Mit Selbstverständlichkeit führt er durch die Stallungen, zeigt und erklärt mit viel Geduld, wie die moderne, "konventionelle" Landwirtschaft funktioniert.
"Wir kommen ursprünglich aus dem Anbindestall", öffnet Gruppenbacher die Augen für die Vorzüge, die sein sogenannter "Boxenlaufstall" bietet. Als sein Vater Anfang der 1960er den ersten Betrieb, damals noch mitten im Ort, gründete, standen die Kühe noch auf engem Raum, auf einem festen Platz. Deckenhöhe: 2,50 Meter. "Da konnte man sich noch so sehr bemühen: Es war eigentlich immer stickig und heiß", erinnert er sich.
Der Neubau, 2007 in Angriff genommen, ist von einem ganz anderen Kaliber: Auf einer Grundfläche von 65 mal 34 Metern können sich die Kühe relativ frei bewegen. "Die sollen auch ungestört aneinander vorbeigehen können", sagt Gruppenbacher. Futter gibt es im Mittelgang, kleine Boxen mit Stroh-Einstreu werden als Liegemöglichkeiten angeboten, an verschiedenen Bürsten können die Tiere sich reiben. Die enorme Höhe der Halle sorgt für eine gute Luftzirkulation, die Seitenwände können zur Temperatursteuerung komplett geöffnet oder geschlossen werden.
Natürlich kann man bedauern, dass die Kühe viel Zeit auf Betonboden verbringen müssen. Warum also nicht wenigstens bei gutem Wetter Auslauf? Gruppenbacher wehrt ab: "Wir brauchen eine gleichmäßig hohe Nährstoffversorgung." Seine Tiere sind in zwei Leistungsgruppen aufgeteilt: Die eine Hälfte gibt rund 25 Liter Milch am Tag; die "Hochleistungsgruppe", wie Gruppenbacher sie nennt, schafft hingegen 40 Liter - das geht aber nur, wenn genug Nahrung aufgenommen wird.
Gleichbleibende Qualität garantiert die Mischung der Silage, individuell auf die Milchleistung zugeschnitten. Würden die Kühe ausschließlich frisches Gras weiden, müssten sie mehr fressen - zudem schwankt der Nährstoffgehalt. Wie hier kalkuliert wird - eine Wissenschaft für sich.
Fehlende Konstanz ist es, die Gruppenbacher Sorgen bereitet. Der Stall war teuer, Kredite müssen bedient werden - dazu muss der Ertrag stimmen. Kleine Veränderungen im Milchpreis entscheiden, ob der Landwirt draufzahlt oder Gewinn macht. Morgens und abends werden die Tiere gemolken, Gruppenbacher und Tochter Julia legen die Melkmaschinen per Hand an. Rund 4500 Liter werden alle zwei Tage vom Hof geholt - "genauestens kontrolliert", wie der Bauer betont. Ob es dann 35 Cent pro Liter gibt oder 37 Cent, ist ein bedeutender Unterschied.
Gefährlich sind auch neue Regelungen: "Wenn ein Gesetz sagt, die Tiere müssen 30 Prozent mehr Platz bekommen, bedeutet das für mich massive Verluste", sagt Gruppenbacher. Genauestens beobachtet er daher entsprechende Regierungspläne. Auch Verordnungen zu Ausgleichsflächen, zur Ausbringung der Gülle oder zum Anbau von Nutzpflanzen können einen Hof aus dem Gleichgewicht bringen. Rund 120 Hektar Fläche gehören zum Gruppenbacher-Milchviehbetrieb. Der Stall selbst erscheint in Relation, trotz seiner Größe, als winziges Häuschen - kann aber nur Dank der umliegenden Flächen betrieben werden.
Trotz der Schwierigkeiten: Karl Gruppenbacher ist Landwirt aus Überzeugung. Und er glaubt auch an seine Art der Milchviehhaltung. Bio? Eine schöne Idee, meint er - "aber die Leute sind nicht bereit, dafür auch angemessen zu zahlen".