Die Halle 02 ist gerettet
Heidelberger Gemeinderat beschließt Sanierung und gibt den Betreibern einen Zwei-Jahres-Vertrag - die entschieden sich erst in der Nacht zum Weitermachen
Nach den ganzen hitzigen Rededuellen und den hochkochenden Emotionen, gerade im Publikum, fiel der Entschluss am Donnerstagabend um 21.15 Uhr im Gemeinderat überraschend einmütig. Mit nur zwei Enthaltungen und keiner Gegenstimme darf die Halle 02 weitermachen - und zwar mit den bisherigen Betreibern. Allerdings nicht ganz so, wie es ihre Macher, das "Atelier Kontrast", vorgehabt hatten.
Die hatten gegenüber der RNZ am letzten Samstag erklärt, dass nur ein fünfjähriger Mietvertrag für sie in Frage käme, sie bräuchten Planungssicherheit. Und am Rande der Sitzung erneuerten sie ihre Forderung, von der sie eigentlich nicht abweichen wollten: "Zwei Jahre sind für uns keine Option, es war lange genug Zeit zum Entscheiden, ob man mit uns weiter den Weg gehen will oder nicht. Für einen Zwei-Jahres-Mietvertrag rentiert sich der Umbau nicht. Niemand kann ohne langfristige Perspektive investieren - und vor allem seine Angestellten behalten. Die normalen Verträge mit Lieferanten und Banken beginnen erst mit fünf Jahren" bekräftigte Halle 02-Geschäftsführer Felix Grädler.
Aber das verweigerte ihnen der Gemeinderat: Nach einer gut eineinhalbstündigen Debatte wurde die Sitzung für eine halbe Stunde unterbrochen, OB Eckart Würzner, die Fraktionsvorsitzenden und der Halle 02-Gesellschafter Hannes Seibold verschwanden im Hinterzimmer und bastelten einen Kompromiss in drei Teilen: Erstens: Die Gebäude werden für 4,4 Millionen Euro saniert. Das fand mit einer Gegenstimme und zehn Enthaltungen (vor allem von Teilen der CDU, der SPD, der FDP und der gesamten "Heidelberger") noch am meisten Widerstand (bei 27 Ja-Stimmen). Zweitens: Die jetzigen Halle 02-Betreiber bekommen einen Mietvertrag über zwei Jahre, beginnend am 1. Januar (36 Ja-Stimmen, zwei Enthaltungen). Und drittens: Die Wirtschaftlichkeit des Halle 02-Konzeptes soll von einem externen Wirtschaftsprüfer auf Herz und Nieren getestet werden. Dann wird bis zum 30. Juni 2013 "über einen möglichen langfristigen Anschlussvertrag entschieden" (wieder 36 Ja-Stimmen, zwei Enthaltungen). Eigentlich ein typischer Kompromiss, bei dem die Halle 02-Betreiber Federn lassen mussten, aber auch diejenigen Kräfte im Gemeinderat, die ganz andere Ideen für die Hallen am Rande des neuen Stadtteils Bahnstadt haben.
In der Sitzung vorher waren die gegensätzlichen Meinungen ungebremst aufeinandergeprallt. Da gab es die Grünen und Generation-HD, die sich für das jetzige Konzept der Halle 02 stark machten und ihnen eine weitere Zukunft ermöglichen wollten - zumal, wie Pascal Baumgärtner (Generation-HD) und Kathrin Rabus (Grüne) argumentierten, die Jugendkultur in der Stadt immer sehr kurz gehalten werde und jetzt in finanziell wieder engeren Zeiten wieder mal als erste dran glauben müsse. "Für junge Leute in Heidelberg gibt es außer der Halle 02 keine Angebote. Wo sollen die denn hin?", fragte Rabus,
Dann gab es ein breites Mittelfeld, vertreten von Jan Gradel (CDU), der an sich nichts gegen das Halle 02-Konzept hatte, aber gerne die Zuschussfrage und die Wirtschaftlichkeit geklärt hätte - nach der Sanierung hätte die Halle 02 von der Stadt 200.000 Euro im Jahr gebraucht (bisher sind es etwa 35.000 Euro). Zu diesem Feld gehörte auch die Mehrheit der SPD, deren Fraktionsvorsitzende Anke Schuster sich vor allem an dem Fünf-Jahres-Mietvertrag stieß. Das sei unüblich, Zuschüsse würden nur auf zwei Jahre gewährt: "Gerade hier müssen sich die Vertreter anderer Einrichtungen und Vereine, auch im Kulturbereich, benachteiligt vorkommen, wenn ihnen selbst viel geringere Zuschüsse nicht gewährt werden können."
Und dann gab es Wolfgang Lachenauer ("Die Heidelberger") und Michael Eckert (FDP), die grundsätzlich wurden: Sie fanden, dass die Halle 02 mit ihrem Discobetrieb eigentlich besser anderswo hingehöre, vielleicht auf eine US-Liegenschaft - auf jeden Fall nicht in ein Wohngebiet. Sonst bekomme man hier ähnliche Probleme wie in der Altstadt. Und überhaupt, so fragte Lachenauer: Passe es in die Zeit, ein Gebäude für viel Geld umzubauen, um dort einen defizitären Kulturbetrieb zu etablieren, den die Stadt dann auch noch bezuschussen müsse? Die Antwort nach dem Kompromiss: Ja, es passt offenbar - zumindest für den Gemeinderat. Überhaupt wurde in der Debatte relativ oft mit dem Stadtetat argumentiert, zu dem die Fraktionen vorher ihre Stellungnahmen abgegeben hatten: Im geplanten Doppelhaushalt 2013/14 ist vorgesehen, knapp 70 Millionen Euro neue Schulden zu machen.
Die Betreiber der Halle 02 hatten sich bis zum späten Abend noch nicht entschieden, ob sie mit diesem Kompromiss leben können - zunächst. Auch blieb am Ende der Sitzung der Applaus der gut 50 "Hallenfreunde" aus, während die Felix Grädler und Hannes Seibold sofort aus dem Rathaus stürzten, um sich zu beraten. Und diese Beratung fand in der Nacht ein für die Befürworter glückliches Ende: "Yeah! Die Halle bleibt!!", ließen die Verantwortlichen in der Nacht ihre Fans bei Facebook und Twitter wissen.