Stadt will keinen jahrelangen Leerstand
Oberbürgermeister Eckart Würzner vor dem Bürgerforum zu seinen Vorschlägen für die Konversionsflächen in der Südstadt

Vor einem Monat machte Oberbürgermeister Eckart Würzner einen ungewöhnlichen Vorschlag: Ein Teil der bisher zivil genutzten Flächen im östlichen Mark Twain Village (Südstadt) - wozu auch Wohnungen für die Soldaten zählen - soll an Eigennutzer verkauft werden. Einige in der Stadt kritisierten, Würzner habe über die Köpfe der Bürger hinweg mit dem Grundstückseigentümer, der Bima (Bundesanstalt für Immobilienaufgaben), verhandelt, ohne die Ergebnisse der Bürgerbeteiligung abzuwarten. Ein Meilenstein dafür ist das Bürgerforum am heutigen Freitag von 19.30 bis 22 Uhr in der Aula des Helmholtz-Gymnasiums, Rohrbacher Straße 102. Ab 19 Uhr können sich die Bürger in einer Ausstellung über die Liegenschaften und über den Planungsprozess informieren.
Was hinter seinem Vorschlag steckt, erklärt Würzner im RNZ-Interview.
Herr Würzner, es ist der Eindruck entstanden, Sie hätten sich mit der Bima bereits darauf geeinigt, was mit Mark Twain Village passieren soll. Stimmt das denn so?
Nein. Wir sind erst am Anfang der Verhandlungen. Der Bürgerbeteiligungsprozess wird auch erst jetzt konkret. Allerdings haben wir in den bisherigen Verhandlungen mit der Bima erreicht, dass sie der Stadt eine Kaufoption für rund 80 Prozent aller innerstädtischen Konversionsflächen in Heidelberg anbietet. Das ist ein enormer Erfolg. Damit haben wir den größtmöglichen Handlungsspielraum für den jetzt im Detail beginnenden Bürgerdialog. Mit der Kaufoption hat die Stadt die riesige Chance, genau die Ziele umzusetzen, für die sich viele Akteure in Heidelberg einsetzen. Falls wir nicht kaufen, muss die Bima die Flächen europaweit meistbietend ausschreiben. Dann bekommt der Investor mit dem höchsten Angebot den Zuschlag, und wir haben längst nicht mehr so gute Möglichkeiten, unsere Ziele durchzusetzen.
Und was ist mit Mark Twain Village?
Große Bereiche von Mark Twain Village wie das Hauptquartier, die Schulgebäude usw. wurden uns ebenfalls als Option angeboten. Bei den Wohnbauten in Mark Twain Village vertritt die Bima die Einschätzung, dass der Stadt kein Vorkaufsrecht zusteht, da die Immobilien nicht militärisch genutzt worden waren. In diesem Bereich haben wir einen Dissens, das muss man klar sagen. Seitens der Stadt sehen wir auch hier ein Optionsrecht der Kommune. Jetzt könnten wir uns lange mit der Bima rechtlich streiten - auf die Gefahr hin, dass die Häuser jahrelang leerstehen. Oder die Bima könnte versuchen, mit einer Ausschreibung Fakten zu schaffen. Beides ist nicht in unserem Sinn. Stattdessen hat uns die Bima ein Angebot gemacht, über das ich mich sehr freue: Sie ist bereit, die erste frei werdende Teilfläche in Mark Twain Village östlich der Römerstraße zunächst einmal selbst zu vermieten und einen Teil der Wohnungen einzeln an Bürger zu verkaufen. Damit wäre keine Ausschreibung notwendig - und die Wohnungen stünden sehr schnell und preisgünstig zur Verfügung. Genau das ist unser Ziel, wie es auch in den Konversionsleitlinien definiert wurde. Das wären mit einem Schlag 270 Wohnungen für den angespannten Heidelberger Wohnungsmarkt, als erster Entwicklungsabschnitt von Mark Twain Village.
Wurden mit Ihren Vorschlägen über die Köpfe des Entwicklungsbeirates oder der Bürger hinwegentschieden?
Nein, im Gegenteil. Wir haben mit dem Verhandlungsergebnis die Grundlage dafür geschaffen, dass wir auf den Konversionsflächen genau die Ziele verfolgen können, die der Entwicklungsbeirat beschlossen hat. Die angebotenen Kaufoptionen und die Bereitschaft, dass die Bima weitere Immobilien zumindest für eine Zwischenzeit nicht ausschreibt, sondern direkt vermietet, verschafft uns Handlungsspielraum. Das ist auch nur ein Angebot und soll neben der Gesamtentwicklung von Mark Twain Village am 12. Oktober ganz offen diskutiert werden.
Was war Ihre Motivation, schon recht konkrete Vorschläge zu machen?
Ich halte diese Verhandlungsergebnisse mit der Bima für eine gute Chance. Das Angebot der Bima ist nach meiner Überzeugung die beste Möglichkeit, unsere gemeinsam beschlossenen Ziele zu erreichen. Ich werbe dafür, dass wir diese Chance nutzen, die Flächen natürlich zeitlich gestaffelt anzukaufen und beispielsweise den genossenschaftlichen Wohnbauträgern, Wohngruppen, unserer GGH und anderen zur Entwicklung weiterzugeben.
Was wäre die Alternative gewesen?
Es gibt einige denkbare Alternativen, es gibt bundesweit etliche Beispiele. Diese Beispiele zeigen eines ganz klar: Erfolgreiche Konversionsprojekte basierten immer auf einer vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Eigentümer - also Bima - und Kommune. Hier sind wir in Heidelberg auf einem hervorragenden Weg. Ansonsten kann es passieren wie in Darmstadt und anderen Städten, wo Flächen jahrelang brach liegen.
Schaffen Sie damit nicht schon Fakten? Kann denn an denen noch etwas geändert werden?
Hier liegt ein Angebot auf dem Tisch. Es wurden noch überhaupt keine Fakten geschaffen. Wir haben jetzt die Chance, auf Grundlage dieses Angebotes Fläche für Fläche zu entwickeln. Genau darüber werden wir im Entwicklungsbeirat und im Rahmen der Bürgerbeteiligung sprechen. Als erstes diskutieren wir jetzt am 12. Oktober beim Bürgerforum über alle Areale in der Südstadt., also die gesamte Mark Twain Village und Campbell Baracks. Da gibt es mehr als 800 Wohnungen, eine Schule, eine Kapelle, Spielplätze und und und. Da ist Platz für jede Menge Ideen.
Wie ist bisher die Resonanz auf Ihre Vorschläge? Die Genossenschaften haben ja mittlerweile die Kritik daran größtenteils zurückgezogen ...
Ich kann verstehen, dass die Genossenschaften irritiert waren, nachdem anfangs leider ein falsches Bild vermittelt worden war. Wir konnten dies in einem sehr guten Gespräch schnell ausräumen. Sowohl die Genossenschaften als auch die Stadt haben großes Interesse, im Rahmen der Konversion partnerschaftlich zusammenzuarbeiten. Ich bin froh, dass uns die Genossenschaften bei dieser Aufgabe ihre Unterstützung zugesagt haben. Jeder Einzelne ist bei dieser Jahrhundertaufgabe überfordert. Nur wenn wir geschlossen zusammenstehen, werden wir diese Aufgabe meistern. Nur mal zum Vergleich: Wir sprechen hier über die Entwicklung einer Gesamtfläche, die die Größe von Altstadt und Bergheim zusammengenommen umfasst. Wir entwickeln in zehn bis fünfzehn Jahren, was früher Jahrhunderte benötigte.



