"Linda": In der Altstadt ist es fast genauso schlimm wie früher

Nach einem Gespräch mit der Stadt und der Polizei: Anwohnerinitiative berichtet weiter von lauten Kneipen und zu wenig Kontrollen

30.11.2011 UPDATE: 30.11.2011 08:12 Uhr 2 Minuten, 11 Sekunden
Von Micha Hörnle

Um die Altstadt-Initiative "Linda" (Lärm in der Altstadt") ist es in den letzten Monaten ruhig geworden - was aber nicht heißt, dass es keinen Grund zur Klage gibt. Erst unlängst trafen "Linda"-Vertreter auf den Bürgeramtsleiter Bernd Köster und den Leiter des Polizeireviers Mitte, Christian Zacherle, um die Lage nach den Runden Tischen (November 2009 bis März 2010) und einem verregnet-kalten Sommer zu besprechen. Bei der Unterhaltung, über die "Linda" in einem Gespräch mit der RNZ informierte, ging es vor allem um die Kneipen, die die Stadt nach eigenem Bekunden an die kurze Leine (bis hin zum Konzessionsentzug) nehmen wollte.

Doch die Altstadt-Bewohner merken kaum etwas davon: "Die Kneipen tricksen", empört sich Karin Werner-Jensen, "wenn die Polizei auftaucht, wird die Musik leiser gemacht." Dabei, so musste auch Bürgeramtsleiter Köster zugeben, "steht und fällt alles mit der Kontrolle". Das sieht Sabine Erpf ganz ähnlich: "Wenn es kontrolliert wird, dann bessert sich die Situation deutlich." Und schon war "Linda" bei der Polizei, an deren Verhalten teilweise massiv Kritik geäußert wurde: "Die Polizisten im Auto hören ja den Lärm gar nicht", sagt Werner-Jensen und fordert Streifen zu Fuß oder auf dem Fahrrad sowie Leute in Zivil. Einmal wurde sogar beobachtet, wie ein Streifenpolizist in eine als besonders laut verschriene Kneipe lief und dort einer Dame an der Bar ein Begrüßungsküsschen gab. Andere "Lindaner" beobachteten, wie Polizisten auf Anwohnerklagen nicht reagierten und weiterfuhren. Revierleiter Zacherle konnte die Schilderungen nach "Linda"-Angaben kaum glauben. Generell werde jeder Beschwerde nachgegangen, Zeugen solcher Vorfälle sollten sich das Kennzeichen des Streifenwagens merken. Allerdings: Fuß- und Zivilstreifen sind laut Zacherle wohl ziemlich unwahrscheinlich: zu wenig Personal.

Vom Kommunalen Ordnungsdienst (KOD) hingegen sieht man wenig, wenn es in der Altstadt am frühen Morgen so richtig losgeht - an dieser alten Klage hat sich nichts geändert. "Es sind zu wenige, und ihre Dienstzeit ist zu kurz. Wenn bis zu 15 000 Leute in der Kernaltstadt feiern, reichen acht KOD-Kräfte nicht aus", sagt Gerd Guntermann.

Wurde denn die Situation in der Altstadt nach dem Runden Tisch besser oder nicht? "Details wurden schon besser. So wird beispielsweise die Außenbewirtschaftung jetzt scharf kontrolliert und geahndet, aber manches ist schwer zu kontrollieren und zu ahnden", sagt Werner-Jensen. Und generell seien die Wirte sensibler geworden. Manche Kneipen, so berichten Anwohner, hätten sich wirklich Mühe gegeben, bei anderen sei alles so schlimm wie immer.

Ein Problem bleibe weiter die Musik in den Kneipen. Die sogenannten Limiter, die an den Musikanlagen die Lautstärke und Bässe begrenzen, seien leicht zu manipulieren. Außerdem würden viele Wirte die Fensterläden zumachen, dafür aber die Fenster öffnen. Überhaupt gibt es bei den Kneipen-Konzessionen keine einheitliche Linie. Je älter eine Kneipe ist, desto weniger detailgenau ist alles in der Konzession geregelt, während "jungen" Kneipen viele Vorschriften gemacht werden, die aber dann auch nicht immer kontrolliert werden. Immerhin ist es prinzipiell möglich, eine alte, vage Konzession zu aktualisieren und strenge Auflagen zu machen. Für "Linda" sind die Altstadt-Probleme also noch nicht grundlegend angegangen und ausgeräumt, manche befürchten Schlimmes: "Wenn die Polizei ihre Aufgaben nicht wahrnimmt, bahnt sich eine Art Bürgerwehr an", schwant es Jens van Norden. Mittlerweile sei der Wechsel von Mietern in der Altstadt enorm, statt eines seriösen Langfristmieters gebe es immer mehr Kurzfristmieter, hat Werner-Jensen beobachtet.

Und doch: "Linda", Polizei und Bürgeramt wollen in Kontakt bleiben - schließlich kann man sich nicht immer auf einen kalten Sommer verlassen. Und mittlerweile hat der KOD sogar Lärmmessgeräte bekommen.

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