Hintergrund Reichspogromnacht Heilbronn
> Die Autorin dieses Berichts hat Walter Marx persönlich kennengelernt und erinnert sich noch gut an die ebenso zufällige wie beeindruckende Begegnung: "1977, im August, kam ein schlanker, nicht sehr großer älterer Herr, in einem taubenblauen Sommeranzug gut gekleidet, auf der Terrasse des Hotels ,Pitrizza‘ in Sardinien an den Tisch, von dem aus mein Mann, mein Sohn und ich den von hier aus so gerühmten Sonnenuntergang über dem Meer beobachtenen. Er fragte, ob das Auto auf dem Parkplatz mit der Heilbronner Nummer uns gehöre und welcher Jahrgang mein Mann sei. Spätestens bei dieser Frage war klar: Der Herr ist Jude. Freundlich und sehr interessierte fragte er dann danach, wie es in Heilbronn jetzt aussieht, wie sich die Stadt entwickelt, wie es sich dort lebt, und dann auch, ob wir das Haus Wilhelmstraße 54 kennen. Als wir das bejahten, wollte er noch einiges mehr dazu wissen und war sichtlich erleichtert zu hören, dass es in gutem Zustand sei. Seinen Namen nannte er nicht, aber auf die Frage, wie es ihm gehe und was er mache, erzählte er, dass er in New York lebe, Stoffhändler sei und deshalb einmal im Jahr nach Italien komme, um dafür einzukaufen und dann auch Urlaub zu machen. Auf die Frage, ob er sich nicht zu uns setzen wolle, deutete er auf einen anderen Tisch, sagte, das sei seine Frau und: ,Sie setzt sich nicht mit Deutschen an einen Tisch.‘ Es war nicht schwer herauszufinden, dass es Walter Marx war."