Unterirdisch

Erzfeinde Israel und Hamas: Unterirdische Mauer gegen Terror-Tunnel

Seit dem Mord an einem Hamas-Führer im Gazastreifen ist die Lage gespannt wie lange nicht mehr. Die Hamas hat mit Rache gedroht. Der Bau einer unterirdischen Mauer im Grenzgebiet verschärft die Lage.

04.04.2017 UPDATE: 04.04.2017 12:00 Uhr 2 Minuten, 4 Sekunden
Erzfeinde Israel und Hamas: Unterirdische Mauer gegen Terror-Tunnel

Blick auf die Gaza-Grenze durch inzwischen zerrissene Tarnnetze. Die Tarnnetze hat Israels Armee an einer Straße aufgehängt, die zu einem Militärlager führt. Foto: dpa

Von Sara Lemel

Nachal Oz/Gaza (dpa) - Ein israelischer Bauer tuckert gemütlich mit seinem Traktor über sein Feld, direkt neben dem Sperrzaun zum feindlichen Gazastreifen. Der Acker gehört zum benachbarten Kibbuz Nachal Oz, der mit hohem Stacheldraht umzäunt ist. Die Sonne scheint und die Umgebung blüht in sattem Frühlingsgrün. Doch die Ruhe ist trügerisch: Fast drei Jahre nach dem letzten Gaza-Krieg wächst die Sorge vor einer neuen Eskalation der Gewalt. In Vorbereitung auf den nächsten Konflikt arbeitet Israel an der Grenze zu dem Palästinensergebiet mit Hochdruck an einem milliardenschweren Mammutprojekt: einer Betonmauer, die auch tief in die Erde reicht.

Die im Gazastreifen herrschende Hamas sieht Israel als Drahtzieher des tödlichen Attentats auf ein ranghohes Mitglied seines militärischen Arms, Masen Fukaha, Ende März. Er galt als Vertrauter des neuen radikalen Hamas-Chefs Jihia al-Sinwar - im israelischen Gefängnis haben die beiden sich eine Zelle geteilt. Bei Fukahas Begräbnis trug Al-Sinwar dessen kleinen Sohn auf den Schultern.

Die Hamas-nahe Nachrichtenagentur Schihab veröffentlichte anschließend ein Droh-Video, das führende israelische Politiker und Militärs - darunter Verteidigungsminister Avigdor Lieberman und Generalstabschef Gadi Eisenkot - im Fadenkreuz zeigten. "Die Rache wird der Tat entsprechen", hieß es am Ende auf Hebräisch.

Vor mehr als vier Jahren hatte ein Attentat auf den damaligen Hamas-Militärchef die Gewalt schnell eskalieren lassen. Im November 2012 hatte die israelische Luftwaffe nach mehrtägigen Raketenangriffen von Palästinensern gezielt den Hamas-Militärchef Ahmed Al-Dschabari getötet. Es folgte die "Operation Wolkensäule", der zweite von insgesamt drei Gaza-Kriegen seit Dezember 2008.

Die internationale Hilfsorganisation Oxfam warnte zuletzt vor einer gefährlichen Krise bei der Wasserversorgung und sanitären Lage in der Küstenenklave. Der Wiederaufbau zerstörter Wohnviertel im Gazastreifen stehe auch angesichts der fortwährenden Blockade durch Israel und Ägypten vor dem Scheitern.

Militante Palästinenser haben in den vergangenen Wochen wieder vermehrt Raketen in das israelische Grenzgebiet gefeuert. Die israelische Luftwaffe greift als Reaktion immer wieder Hamas-Ziele an. Und die Hamas feuert Raketen in Richtung Meer ab - bisher nur zu Trainingszwecken. Obwohl beide Seiten kein echtes Interesse an einem neuen Krieg haben, könnte der Funke jederzeit überspringen.

Seit dem letzten Gaza-Krieg im Sommer 2014 versucht die Hamas, ihre damals zerstörten Angriffstunnel im Grenzgebiet zu Israel wieder aufzubauen. Nach Angaben von Verteidigungsminister Lieberman gibt es Informationen über 15 unterirdische Tunnel, die bis in israelisches Gebiet reichen. Am Grenzzaun zum Gazastreifen finden israelische Patrouillen immer wieder Sprengsätze.

Die Mauer an der Grenze zum Gazastreifen werde "in gutem Tempo und in guter Qualität gebaut", sagte Lieberman am Sonntag. "Ich hoffe, dass wir ungestört weiter so voranschreiten können." Kommentatoren in israelischen Medien hatten berichtet, es bestehe die Sorge vor Attacken der Hamas auf das Bauprojekt, das von der israelischen Armee abgesichert wird.

Die Mauer soll 65 Kilometer lang werden und mehr als 3,3 Milliarden Schekel (gut 870 Millionen Euro) kosten. Dazu kommen 1,2 Milliarden Schekel für hochmoderne Geräte zur Lokalisierung unterirdischer Tunnel.

Das Bauprojekt soll die Hamas im blockierten Gazastreifen ihrer wichtigsten strategischen Waffe berauben - der Angriffstunnel, die nach Israel führen. Man könne davon ausgehen, "dass sich die Hamas mit den Bauarbeiten nicht abfinden wird", schrieb ein Kommentator der Zeitung "Jediot Achronot". Aus Sicht der Hamas-Führung sei "ein Krieg ohne Tunnel keine Option". "Deshalb sollte die Armee sich auf eine neue Konfrontation in Gaza in diesem Sommer einstellen."