Artenschutz für Tim Wiese

Aus "Sorgfaltspflicht" wird der 1899-Torhüter rausgenommen und in letzter Minute durch Heurelho Gomes ersetzt   

01.02.2013 UPDATE: 01.02.2013 06:17 Uhr 2 Minuten, 14 Sekunden
Artenschutz für Tim Wiese

Aus "Sorgfaltspflicht" wird der 1899-Torhüter rausgenommen und in letzter Minute durch Heurelho Gomes ersetzt

Eines muss man der TSG 1899 Hoffenheim lassen – der Kraichgauklub ist immer für eine Überraschung gut. Trainer Marco Kurz und Manager Andreas Müller holten gestern bei der Pressekonferenz vor dem badischen Duell am Samstag (15.30 Uhr/Sky und Liga total!) gegen den SC Freiburg "in eigener Sache", wie Kurz einführte, etwas weiter aus. Also sprach der Cheftrainer zur Torhüter-Problematik und über das Dauerthema Tim Wiese: "Er ist keine Maschine. Sorgfalt ist ein tolles Thema. Wir sollten sorgfältiger sein mit den guten Menschen und nicht immer draufknüppeln." Artenschutz für Wiese – nicht wenige der zwei Dutzend Medienvertreter waren im Trainings- und Geschäftsstellenzentrum bass erstaunt.

Nach dem Austausch mit Gesellschafter Dietmar Hopp und Wieses Berater Roger Wittmann traf Kurz die Entscheidung, den leidgeplagten Torhüter (31) für unbestimmte Zeit zu schonen. "Einen Tim Wiese aus dem Fokus zu nehmen, war für mich unerlässlich", konstatierte Kurz und verwies auf diesen "wahnsinnigen Druck", den Manager Müller unterstrich: "Tim ist in der jetzigen Situation chancenlos. Egal, was er macht, er hat keine Möglichkeit, vernünftig bewertet zu werden. Mit dem Druck, in dem er in jedes Spiel geht, um fehlerfrei zu sein, das ist unmenschlich."

Müller schaute strenger in die Runde. Auch wenn er im Gegensatz zu den letzten Tagen niemanden rausdeutete, gemeint waren die Medien, die Öffentlichkeit – und vielleicht auch die Fans?

In Hoffenheim hat in dieser bedrohlichen Saison eine Kultur Einzug gehalten, eher von den eigenen Schwächen abzulenken. Dabei ist die Lesart des "Falls Wiese" ganz klar: Auf der Torhüterposition gab es vor Rundenbeginn keinen Handlungsbedarf – Tom Starke war ein sicherer Rückhalt des 1899-Teams, noch dazu ein Kommunikator und klasse Typ.

Die jetzige Wendung konnte freilich keiner vorausahnen. Wiese wurde zur "Leidfigur", von seiner Abwehr im Stich gelassen, patzte – und schien mit der von Ex-Trainer Markus Babbel verliehenen Kapitänsbinde zunehmend überfordert zu sein. Kurz setzte auf ihn, nahm ihm aber die Verantwortung des Spielführers und verteilte diese auf Andreas Beck und Sejad Salihovic. Dabei hatte sich Wiese über seine eigene Krise im RNZ-Interview vom 14. Januar noch so geäußert: "Es gibt eben Phasen, da läuft es nicht. Damit muss ein Profi klar kommen."

Dass dies mit dem 1:2 bei Eintracht Frankfurt und der unsicheren Herangehensweise Makulatur wurde, muss auch Kurz klar gewesen sein, der ihm demonstrativ den Rücken stärkte.

Seit Donnerstagabend, gerade noch rechtzeitig vor Schließung des Transferfensters, bekommt die unendliche Geschichte der TSG um Wiese und seinen Vertreter Koen Casteels ihre neue Facette. "Hoffe" hat den 31-jährigen Brasilianer Heurelho Gomes von Tottenham Hotspur verpflichtet. Am Nachmittag hatte sich der letzte Wintertransfer angedeutet. Skysports brachte in England diese Nachricht und berief sich dabei auf Gomes’ Berater Alex Suarez.

Seit dreieinhalb Jahren agiert Gomes für die "Spurs", stand 95 Mal in der Premier League zwischen den Pfosten. Müller über die Leihgabe (bis Saisonende) der Londoner: "Wir bekommen einen Torhüter, der sowohl national als auch international eine Menge Erfahrung auf höchstem Niveau gesammelt hat." Drei Mal streifte er sich das Trikot der legendären Seleção über, verzeichnete 42 Einsätze in der Champions League (PSV Eindhoven, Tottenham).

Ein Hoffnungsträger? Er soll ein netter Kerl sein, ein Liebling der Fans, sogar ein Lied ("Heurelho Gomes, du bist die Liebe meines Lebens ...") haben sie im Multi-Kulti-Stadtteil Londons für ihn umgeschrieben. Bei den "Spurs" war er zuletzt die Nummer drei, ergo kein ganz großer Torhüter. Im Kraichgau könnte er eine Heldentat vollbringen. Die TSG- Fans lassen sich gerne von den Abwehrkünsten eines Gomes überraschen. 

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