Von Heribert Vogt
Heidelberg. Als die Universität Heidelberg vor zehn Jahren, am 19. Oktober 2007, Exzellenzuniversität wurde, bedeutete dies einen starken Schub in der über 630-jährigen Geschichte der Ruperto Carola. Ahnte man zuvor eher die Strahlkraft der Hochschule, so liefern seither Wettbewerbe sowie Rankings zahlreiche Daten und Fakten zur Bedeutung dieser führenden deutschen Universität. Aber sie hat eben auch eine enorme historische Tiefe, die ihr Fundament bildet. Und 2017 gibt es wiederum einige runde und halbrunde Jubiläen, die bezeichnende Schlaglichter auf die Entwicklung des Heidelberger Kulturraums werfen.
Für die gesamte Kurpfalz des 18. Jahrhunderts spielte der aufgeklärte Landesherr Karl Theodor eine herausragende Rolle - vor 275 Jahren, am 31. Dezember 1742, wurde er als Karl IV. Pfalzgraf und Kurfürst von der Pfalz.
Sein hoher kulturgeschichtlicher Rang kommt bis in die Gegenwart auf der Heidelberger Alten Brücke deutlich zum Ausdruck, wo er neben einer Statue für sich selbst eine weitere für die griechische Weisheitsgöttin Pallas Athene errichten ließ. Als Landesherr zwischen Absolutismus und Aufklärung stehend, verlieh Karl Theodor seiner Politik eine ausgesprochen kultur- und bildungspolitische Zielrichtung.
Konkret gründete Karl Theodor 1763 die Mannheimer Akademie der Wissenschaften mit den zwei Klassen Geschichte und Naturwissenschaf-ten. Und die heutige Heidelberger Akademie der Wis-senschaften, die eng mit der hiesigen Universität verbunden ist, steht in der Nachfolge der historischen Kurpfälzischen Akademie der Wissenschaften. Diese auf Anregung von Voltaire gegründete Akademie bildete das Kernstück des fürstlichen Mäzenatentums.
Und in diesem Kontext tritt ein weiteres Jubiläum zutage. Denn das Großherzogliche Palais am Karlsplatz in Heidelberg - heute attraktives Domizil der Heidelberger Akademie der Wissenschaften - wurde vor 300 Jahren, ab 1717, von dem Darmstädter Architekten Louis Remy de la Fosse errichtet. Der typische Adelshof der Barockzeit unterhalb des Schlosses kam nach mehreren Verkäufen 1768 in den Besitz des Kurfürsten Karl Theodor, der die Landschreiberei in dem Gebäude unterbrachte. Ab 1805 diente es als Palast den Großherzogen von Baden, welche die Front des Bauwerks im Stil des Klassizismus modernisieren ließen. Seit 1909 ist das denkmalgeschützte Gebäude Sitz der Heidelberger Akademie der Wissenschaften.
Noch weiter, nämlich 450 Jahre, liegt ein bedeutender Zuwachs der legendären Heidelberger Bibliotheca Palatina zurück. Denn im Jahr 1567 kamen unter dem calvinistischen Kurfürsten Friedrich III. mit Ulrich Fugger weitere 235 Zentner Bücher nach Heidelberg, wo sie nach dem Tod des Augsburger Patriziers 1584 auch rechtlich der Palatina zufielen. Im Jahr 1623, während des Dreißigjährigen Krieges, wurde diese "Mutter aller Bibliotheken" dann als Kriegsbeute nach Rom abtransportiert.
Für die Universität Heidelberg war dann nach ihrer Neugründung 1803 das 19. Jahrhundert besonders richtungsweisend. In seinem Verlauf wurden Medizin und besonders die Naturwissenschaften bedeutsam. Vor 200 Jahren, 1817, wurde der bedeutende Arzt Maximilian Joseph von Chelius in Heidelberg Professur für Chirurgie sowie Augenheilkunde, ab 1818 übernahm er die Leitung der neuen chirurgischen Klinik. Und vor 175 Jahren (1842) wurde der Heidelberger Arzt Vincenz Czerny geboren, der später fundamentale Leistungen in der Chirurgie erbrachte. In den Naturwissenschaften entwickelten Robert Bunsen vor 175 Jahren (1842) - schon vor seiner langen Heidelberger Zeit - das Bunsen-Photometer, Hermann von Helmholtz veröffentlichte vor 150 Jahren (1867) sein wegweisendes "Handbuch der physiologischen Optik".
In Geisteswissenschaften und Literatur finden sich ebenfalls bedeutende Jubiläen. So erschien vor 200 Jahren, 1817, in Heidelberg Georg Wilhelm Friedrich Hegels philosophisches Fundamentalwerk die "Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse". Vor 175 Jahren (1842) starb Clemens Brentano, ein Hauptvertreter der Heidelberger Romantik. Und mit Heinrich von Treitschke kam vor 150 Jahren (1867) einer der renommiertesten Historiker nach Heidelberg, der später in Berlin, 1879, den Berliner Antisemitismusstreit auslöste.
Im 20. Jahrhundert schließlich war vor 100 Jahren (1917) die Oktoberrevolution für die damalige russische Kolonie in Heidelberg ein markanter Einschnitt. Und auch die Studentenrebellion vor 50 Jahren (1967) hinterließ tiefe Spuren in der Stadt.