Studierendenwerk Heidelberg

So will die neue Chefin den Studenten Jobs verschaffen

Studierendenwerks-Chefin Tanja Modrow zieht Bilanz nach erstem Semester - Mit Medifasching in der Halle "zufrieden, aber nicht glücklich"

12.02.2019 UPDATE: 13.02.2019 06:00 Uhr 3 Minuten, 51 Sekunden

Studierendenwerk-Chefin Tanja Modrow. Foto: Hentschel

Von Denis Schnur

Heidelberg. Seit Oktober führt Tanja Modrow das Heidelberger Studierendenwerk - jetzt hat sie ein turbulentes erstes Semester hinter sich: Nicht nur, dass sie mitten im großen Streit um die studentischen Beschäftigten hier ankam. Seitdem musste sie den Beitrag der Studenten erhöhen, fast den Medizinerfasching absagen und die Mensen wegen der Trinkwasserwarnung dicht machen. Im RNZ-Interview zieht die Betriebswirtin, die vorher in Pforzheim Geschäftsführerin der Evangelischen Stadtkirche war, eine Bilanz ihrer ersten Monate.

Frau Modrow, haben Sie sich Ihr erstes Semester in Heidelberg so vorgestellt?

Natürlich nicht. (lacht) Aber das erschreckt mich nicht. Bei der Situation mit den studentischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern war ich vorgewarnt. Ich hatte vor meinem Antritt meinen Sommerurlaub in Frankreich verbracht und die Entwicklung über die RNZ verfolgt.

Aktiv in dieser Sache wurden Sie aber erst nach Ihrem Antritt.

Auch interessant
Heidelberg: Medizinerfasching ist gerettet - Kultfete steigt in der Halle 02
Heidelberg: Studierendenwerk erhöht die Gebühren
Studierendenwerk Heidelberg: Studenten wollten scheidender Geschäftsführerin die "Suppe versalzen"
Trinkwasserkrise in Heidelberg/Dossenheim: Ein halber Tag ohne Leitungswasser – Wie sich für Zehntausende der Alltag änderte

Genau. Eines meiner ersten Erlebnisse hier war ein Gespräch mit Studierenden und Wissenschaftsministerin Theresia Bauer. Mittlerweile hat sich die Kommunikation verstetigt, im Januar gab es einen zweiten Termin mit Studentinnen und Studenten, Abteilungsleitern und mir. Dabei ging es um ein neues Konzept, das das Verhältnis zwischen studentischen und nichtstudentischen Beschäftigten regelt und versucht, beide Interessensseiten zu berücksichtigen. Im Sommer wird es ein abschließendes Gespräch geben, in dem wir das bewerten und gegebenenfalls nachjustieren.

Wie sieht dieses Konzept aus?

Wir haben einen Personalschlüssel festgelegt für den Anteil der studentischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in unseren Cafés. Aktuell streben wir da ein Verhältnis von 65 zu 35 an, also etwas mehr als ein Drittel Studierende.

Das würde bedeuten, dass die Zahl der studentischen Mitarbeiter sinkt?

Vermutlich ja. Das liegt auch daran, dass wir aktuell manche Café-Schichten leider nicht besetzt bekommen. Das ist ja auch logisch: Die Studierenden haben zu gewissen Uhrzeiten nun mal Uni-Veranstaltungen. Das bedeutet für mich aber: Schichten, die ich mit Studierenden nicht besetzt bekomme, müssen nichtstudentische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter übernehmen.

Also werden zum Sommer befristete Arbeitsverträge nicht verlängert?

Nein. Das kann passieren, muss aber nicht. Wir haben eine Personalbedarfsplanung für die Cafés gemacht. Wir haben geschaut: Was wollen die Studis? Sind unsere Öffnungszeiten so, wie sie sie brauchen? Dabei haben wir festgestellt: Im Zeughaus-Café haben wir einen massiven Überhang an Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, im Botanik sind es zu wenige. Addiert man beide, kommen wir ungefähr auf null, beziehungsweise haben wir einen leichten Überhang. Aber es gibt studentische Beschäftigte, von denen wir wissen, dass sie zum Semesterende eventuell aufhören möchten. Dann werden diese Stellen gegebenenfalls nicht neu besetzt.

Was ändert sich sonst für die studentischen Mitarbeiter?

Das Konzept sieht eine Mindestarbeitszeit von acht Stunden pro Woche vor. Dafür wollen wir langfristig den Anteil der unbefristeten Stellen steigern: Wenn die Leistung passt, warum sollte ich da Bauchschmerzen haben? Das Verhältnis zwischen Studis und Nichtstudis ist auch nicht starr: Wenn wir unsere Schichten nicht belegt bekommen, müssen wir weniger Studierende beschäftigen. Wenn es gut klappt, können wir vielleicht auf 50 Prozent erhöhen; es muss sich entwickeln. Wir wollen hier ja bewusst Studierende beschäftigen. Das ist nicht in allen Studierendenwerken so, aber ich finde das sehr wichtig.

Der Medizinerfasching wäre fast ausgefallen. Wie zufrieden sind Sie mit dem Exil in der Halle 02?

Ich bin nicht glücklich, aber zufrieden. Da der Medizinerfasching für die Studierenden eine wichtige Kulturveranstaltung ist, bin ich sehr froh, dass wir gemeinsam mit Felix Grädler von der Halle 02 so pragmatisch eine Alternative anbieten konnten. Nicht glücklich bin ich, weil wir die Veranstaltung auf einen Donnerstag - statt wie üblich auf einen Freitag - legen mussten. Leider war das die einzige Möglichkeit.

Richtig voll wurde es entsprechend nicht.

Nein. Statt wie bislang 1800 Gäste hatten wir ungefähr 550. Aber es war besser, als den Medifasching ausfallen zu lassen. Finanziell gelohnt hat es sich für uns nicht, aber der Medifasching war nie eine große Einnahmequelle und ist auch so nicht gedacht. Meist hat er sich gerade so selbst getragen.

Im nächsten Jahr kann er aber definitiv wieder in die Mensa "heimkehren"?

Ja. Wir werden uns beim Thema Sicherheit und Notfallpläne deutlich besser aufstellen. Ein externer Dienstleister wurde beauftragt, uns zu unterstützen, und wir werden mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schulen. Für die nächste große Veranstaltung, den "Tanz in den Mai", sind wir fit.

Sie konnten sich nun ein Semester lang ein Bild von der Lage hier machen. Welche Veränderungen haben Sie sich für die Zukunft vorgenommen?

Viele. Auch bei uns ist die Digitalisierung ein großes Thema. Das fängt bei der digitalen Bafög-Akte an und geht bis zu Flachbildschirmen in den Mensen, auf denen die Menü-Pläne und andere Infos zu sehen sind.

Auch Werbung?

Das haben wir noch nicht diskutiert. Mir geht es dabei primär um die Information der Studis.

Welche Änderungen stehen sonst an?

Wir befassen uns auch mit der Frage, wie das Essen der Zukunft aussieht. Das ist zwar ein sehr abgenutzter Begriff, aber da ist Nachhaltigkeit sehr wichtig. Hier müssen wir den Spagat zwischen günstigem Essen und einem möglichst großen Anteil an Bio- und regionalen Speisen schaffen. Außerdem wollen wir unseren Fuhrpark sukzessive umstellen auf Elektro- und Gasantrieb. Wir haben als Studierendenwerk Verantwortung für junge Menschen und sind verpflichtet, gemäß unserem gesetzlichen Auftrag Studierende zu fördern, und können mitunter gesellschaftliche Werte vermitteln. Das nehme ich auch als vierfache Mutter sehr ernst.

Leben Ihre Kinder und Ihr Mann mittlerweile auch in Heidelberg?

Nein, die sind noch in Pforzheim. Zwei unserer Söhne besuchen dort die Schule, den Umzug planen wir für die Sommerferien. Aber die Wohnungssuche gestaltet sich als sehr schwierig. Wir sind insgesamt zu sechst - zwei unserer drei Söhne und eine Pflegetochter leben bei uns - darum hätten wir gerne einen kleinen Garten. Im Moment tut sich da noch nicht viel auf.

Wie machen Sie das denn zur Zeit?

Derzeit habe ich meinen Zweitwohnsitz in Heidelberg und wohne in einem Gäste-Appartement des Studierendenwerkes im Neuenheimer Feld, zahle aber natürlich den Mietspiegelpreis. Von Freitagabend bis Sonntag fahre ich immer nach Pforzheim zu meiner Familie. Sie nicht täglich zu sehen, ist schon belastend. Wir freuen uns deshalb sehr darauf, bald gemeinsam in dieser wunderschönen Stadt zu leben.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.