"Get Well Soon" machten Stresstest für neuen Karlstorbahnhof
Die Band absolvierte mit ihrer nuancenreichen Musik das erste Konzert im neuen Kulturhaus. Es war leider nicht ausverkauft.

Von Alexander R. Wenisch
Heidelberg. "It’s Love" heißt ein Titel von Get Well Soon. Fast so etwas wie ein Hit in der Fangemeinde. Und es ist auch Liebe, die Konstantin Gropper, kreativer Kopf der Band, für den Karlstorbahnhof empfindet. Also für das nun ehemalige Kulturhaus in der Altstadt. Hier hat er als Student einige ereignisreiche Live-Konzerte erlebt, die, wie er sagt, seinen musikalischen Werdegang geprägt haben. Hier stand er, nachdem er als (zu Recht) lorbeerbekränztes "Wunderkind" die Mannheimer Pop-Akademie abgeschlossen hatte, selbst einige Male auf der Bühne.
Jetzt eröffnet Gropper den neuen Karlstorbahnhof in der Südstadt – und natürlich schwingt da bei ihm etwas Nostalgie mit. Immer wieder kommt der 40-Jährige in seinen Ansagen auf die alte Heimat zurück und schiebt das rockige "The 4:3 Days" nach – für alle, die wie er in den 90ern musikalisch sozialisiert wurden.
Anfangs scheint Gropper noch etwas zu fremdeln mit der neuen Location. Vielleicht ist es auch nur Lampenfieber. Die Ehre, das erste Konzert im neuen Kulturhaus spielen zu dürfen, ist sicher ebenso groß wie der Druck. Im Laufe des zweistündigen Abends entspannt er sich aber zusehends. Plaudert sogar ausgelassen, lobt den nagelneuen Backstage-Bereich. Während dort in anderen Häusern subversive Kritzeleien, Reste von Kotzeflecken und Flüssigkeiten unbestimmter Herkunft vorherrschten, sei der neue Künstlerbereich angenehm sauber. Ja, jungfräulich. Genau richtig für ihn, weil er sich in der Coronazeit eine gewisse "Angst vor Bakterien und Viren" antrainiert habe. Auch im Publikum tragen viele heute Abend noch Maske.
"Es ist eigentlich die komplett verkehrte Zeit, einen neuen Club zu eröffnen", meint Gropper. Und hat auch dafür einen Song parat: "Our Best Hope" – alles Große entsteht trotz widriger Umstände. Das Live-Geschäft lag lange brach, das Publikum kommt nur zögerlich zurück. Auch das Eröffnungskonzert ist mit knapp 300 Zuschauern mitnichten ausverkauft. Überraschend. Auf 700 ist der Saal ausgelegt. Im alten Karlstor wäre man da schon gedrängt gestanden, heute Abend ist nun gut Platz zum Tanzen und Feiern.
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Und gefeiert wird das erste Konzert. Auffallend lange erhält Get Well Soon zwischen den Songs Applaus. Begeisterte Zwischenrufe, die Gropper beruhigen: "Da sind doch einige wegen uns hier und nicht nur, um sich mal die neuen Räume anzugucken." Trotzdem der erste Eindruck: Der neue Karlstorbahnhof sieht drinnen aus wie die "Halle 02", nur kleiner.
Get Well Soon war sicher die beste Wahl für das erste Konzert. Die Band kann den neuen Saal einem Stresstest unterziehen. Denn Gropper ist ein verspielter Soundtüftler, der das Orchestrale ebenso schätzt wie das Rockige. Mal steht er alleine mit Wandergitarre im Scheinwerferlicht ("Tick Tack"), mal strotzt die Band nur so vor Energie ("You Cannot Cast out the Demons (You Might as Well Dance)"). Mal baut er Spielereien ein – ein Kinder-Xylofon oder eine Trompete –, dann klingt es nach Jahrmarkt. "My Home is my Heart" wiederum wird vom Piano vorangetrieben. Und immer wieder: der zweistimmige Gesang von Gropper und Alex Mayr, ebenfalls Elevin der Pop-Akademie. Die beiden harmonieren unglaublich gut.
Kurzum: Die Musik von Get Well Soon ist so nuancenreich, dass man sich einen guten Eindruck vom Sound des neuen Saals verschaffen kann. Und der ist: astrein. Mithin besser als am alten Standort, wo es auch mal sehr brummig-laut werden konnte. Groppers Mann am Mischpult jedenfalls ist begeistert vom Klang und der technischen Ausstattung. Zwar vermisst er noch ein paar Feinabstimmungen, aber das ist was fürs Profi-Gehör.
Bei Wein, Bier und Small Talk endet der erste Konzertabend. Und hier zeigt sich, dass doch nicht alles neu ist im neuen Haus: Das hippe Personal hinter der (nun deutlich breiteren) Theke ist so charmant chaotisch wie eh und je.





































