Tieren soll Stress bei der Schlachtung erspart bleiben
Bio-Musterregion stößt gemeinschaftliches Projekt von Rinderhaltern zur Schlachtung im Herkunftsbetrieb an.

Neckar-Odenwald-Kreis. (lra) Bundesweit setzen sich verschiedene Initiativen für mehr Tierschutz bei der Schlachtung ein. Es geht ihnen dabei um die Vermeidung von Lebendtiertransporten mittels hofnaher Schlachtung, auch (teil-)mobile Schlachtung oder Schlachtung im Herkunftsbetrieb genannt.
Auf Initiative der Bio-Musterregion Neckar-Odenwald könnte die Schlachtung im Herkunftsbetrieb schon bald als gemeinschaftliches Projekt von Rinderhaltern im Neckar-Odenwald-Kreis eingeführt werden. Zu einer ersten Informationsveranstaltung waren vor Kurzem alle Halter von Rindern im Kreis eingeladen. Regionalmanagerin Ruth Weniger freute sich über die gute Resonanz. "Jeder zehnte Rinderhalter im Kreis interessiert sich für das Thema. Es ist zwar eine Initiative der Bio-Musterregion aber alle Tierhalter haben die Möglichkeit sich anzuschließen, nicht nur Biobetriebe." Auch Fachdienstleiter Bernhard Heim freute sich über das große Interesse. "Es ist gut, dass diese Initiative für mehr Tierwohl erneut aufgegriffen wird, und wir hoffen, dass die nötigen Strukturen geschaffen werden können."
Dr. Ulrich Bennemann, Leiter des Fachdiensts Veterinärwesen, und Amtstierärztin Nadja Kast informierten über die neuen, seit September 2021 geltenden EU-rechtlichen Rahmenbedingungen und das Genehmigungsverfahren. "Bindeglied zwischen der Tierhaltung und einem ortsfesten Rinderschlachtbetrieb ist eine sogenannte mobile Schlachteinheit. Sie muss vom Veterinäramt abgenommen werden und dient einem tierschutzgerechten Betäuben, Entbluten sowie einem hygienischen Transport des Tieres. Nach Tötung des Rindes muss der Transport zum ortsfesten Schlachtbetrieb innerhalb von zwei Stunden erfolgen", so Bennemann. Auch eine Gebührenkalkulation für die von den Tierhaltern zu beantragende Genehmigung, die Anwesenheit des amtlichen Tierarztes bei der Schlachtung mit Lebendschau und die amtliche Fleischuntersuchung im Schlachtbetrieb wurden vorgestellt.
Neunkirchens Bürgermeister Bernhard Knörzer, Mitglied im Beirat der Bio-Musterregion Neckar-Odenwald und selbst Mutterkuhhalter, informierte über die Technik für die Schlachtung im Herkunftsbetrieb und stellte die entstehenden Kosten vor. Angeschafft werden müssen hierfür ein Fangstand für die Betäubung und ein spezieller Anhänger für den Transport. Knörzer ging auf die Bedeutung des Projekts hinsichtlich des Tierschutzes ein: "Die Trennung von Herde und vertrautem Umfeld und der oft lange Transport zum Schlachthof bedeuten für die Tiere Stress, den wir ihnen so ersparen können." Ebenso sprach er das Thema Arbeitssicherheit für die Tierhalter an, denn beim Verladen der Tiere für den Transport kommt es immer wieder zu schweren und sogar tödlichen Arbeitsunfällen.
Ob die Schlachtung im Herkunftsbetrieb ein neues Angebot des Maschinenrings Odenwald-Bauland werden könnte, beantwortete Burkhard Trabold, Geschäftsführer vom Maschinenring Odenwald-Bauland, und stellte dazu zwei Geschäftsmodelle vor.
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In der anschließenden Diskussion wurde thematisiert, dass Verbraucherwünsche nach artgerechter Haltung und möglichst tiergerechten Erzeugungsprozessen nicht immer mit der Bereitschaft einhergehen, auch mehr Geld für teurere Produkte auszugeben. Chancen sehen die Landwirte in neuen regionalen Vermarktungswegen, auch unter dem Aspekt der Fleischqualität. Betäubung und Tötung ohne Angst und Stress beeinflussen nämlich maßgeblich die Reifungsprozesse sowie die Qualität des Fleisches.
An die teilnehmenden Landwirte wurden inzwischen Fragebögen zur Erfassung von Daten zu den geplanten Schlachtungen verschickt. Weitere Interessenten können sich dem Projekt anschließen. Hierfür steht Regionalmanagerin Ruth Weniger (E-Mail: ruth.weniger@neckar-odenwald-kreis.de, Tel. 06281/5212-1617) zur Verfügung.



