Heidelberg

Was die Club-Betreiber am "Feierbad" stört

Die Jugend-Partyreihe "Feierbad" sorgt für Zündstoff. Ein Gespräch mit Zora Brändle und Nora Straßer vom Clubverband "EventKultur".

01.06.2022 UPDATE: 02.06.2022 06:00 Uhr 3 Minuten, 15 Sekunden
Das "Feierbad" beim Tiergartenbad kam im Sommer gut an. Archiv-Foto: Rothe
Interview
Interview
Zora Brändle (o.) und Nora Straßer
Vorsitzende von EventKultur Rhein-Neckar

Von Philipp Neumayr

Heidelberg. Mehrere Hunderttausend Euro hat die Stadt bislang in das "Feierbad" investiert. Jetzt soll die Partyreihe für Menschen unter 18 Jahre in die dritte Runde gehen. Der Clubverband "Eventkultur Rhein-Neckar" kritisierte zuletzt öffentlich, dass die Verwaltung den Clubs mit Steuergeldern Konkurrenz mache. Woran sich die Clubbetreiber genau stören und warum sie im "Feierbad" keine Zukunft sehen, erklären Zora Brändle (Halle02) und Nora Straßer (Breidenbach Studios), die beiden Vorsitzenden von EventKultur Rhein-Neckar, im RNZ-Interview.

Frau Brändle, Frau Straßer, das "Feierbad" wurde erstmals letzten Sommer ins Leben gerufen. Warum stören Sie sich erst jetzt an dem Konzept?

Brändle: Ich möchte zunächst sagen: Was da für die Jugend gemacht wurde, ist richtig cool, und das "Feierbad" ist ein Konzept, das letztes Jahr auch sinnvoll war. Was uns gestört hat, ist, dass dieses Konzept fortgesetzt werden sollte, ohne zu schauen, wie man die bestehenden Akteure in Heidelberg miteinbeziehen kann. Uns geht es darum, gemeinsam eine nachhaltige Lösung zu finden, die Jugendkultur ernsthaft in der Stadt verankert – unter Mithilfe der Clubs.

Warum haben Sie, warum haben die Clubs im letzten Jahr nicht auch selbst dafür gesorgt, Feierangebote für Jugendliche zu organisieren?

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Straßer: Für die Clubs waren die vergangenen zwei Jahre Pandemie sehr hart. Wirtschaftlich überhaupt überleben zu können, war zeitweise fast unmöglich, die meisten haben es nur mit finanziellen Überbrückungshilfen geschafft. Als das Problem eines fehlenden Angebots für junge Menschen letzten Sommer akut geworden ist, wäre es für die meisten Clubs gar nicht möglich gewesen, eigene Partys für Jugendliche zu organisieren. Hinzu kommt, dass es auch ohne Pandemie nicht unbedingt profitabel ist, Veranstaltungen für Menschen unter 18 Jahren anzubieten.

Warum nicht?

Straßer: Es handelt sich hier um eine Zielgruppe, die oft weniger Geld zur Verfügung hat. Deshalb muss man die Eintritte und Getränkepreise reduzieren, es können nur bestimmte, ohnehin schon günstigere Getränke verkauft werden. Wirtschaftlich lohnt sich das nicht, gerade in einer Zeit der Pandemie. Ohne städtische Gelder oder andere Förderungen lassen sich Angebote für Jugendliche daher kaum umsetzen – das muss man leider so sagen.

Es gibt auch Gegenbeispiele: Clubs wie die Nachtschicht oder die Halle 02 haben früher regelmäßig Veranstaltungen für Jugendliche angeboten.

Brändle: Vor fünf oder zehn Jahren war die finanzielle Situation für die Clubs noch eine andere. Aber schon vor der Pandemie wurde der Preisdruck größer. Durch die letzten zwei Jahre und nun auch noch die Inflation haben wir heute eine Situation, die es noch schwieriger macht, solche Angebote auf die Beine zu stellen. In unseren Augen ist es deshalb die Aufgabe der Stadt, solche Formate zu unterstützen und zu ermöglichen.

Hintergrund

> Der Pop-up-Club "Feierbad" wurde im Sommer letzten Jahres in Zusammenarbeit von Jugendlichen und jungen Erwachsenen, den Nachtbürgermeistern und Heidelberg Marketing ins Leben gerufen – als kurzfristige Reaktion auf die teilweise eskalierten Feiern junger Menschen auf

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> Der Pop-up-Club "Feierbad" wurde im Sommer letzten Jahres in Zusammenarbeit von Jugendlichen und jungen Erwachsenen, den Nachtbürgermeistern und Heidelberg Marketing ins Leben gerufen – als kurzfristige Reaktion auf die teilweise eskalierten Feiern junger Menschen auf der Neckarwiese und in der Altstadt, rund um die Alte Brücke. Die erste Auflage der Veranstaltungsreihe zwischen 31. Juli und 4. September fand unter freiem Himmel, auf dem ehemaligen Außengelände des Schwimmbadclubs, statt. An elf Terminen feierten insgesamt rund 10.000 junge Menschen.

> Die zweite "Feierbad"-Auflage, die sogenannte Winter-Edition, fand von Mitte März bis Mitte April in einem Zelt am Tiergartenbad statt. Wegen der geringen Zahl an Gästen wurde die Partylocation bereits zwei Wochen früher als geplant geschlossen. An zehn Terminen kamen nur knapp 4000 Menschen.

> Nach einem CDU-Antrag soll das "Feierbad" auch diesen Sommer nochmal öffnen. Am Donnerstag wollen Jugendgemeinderat und Gemeinderat gemeinsam über die kurzfristige Zukunft der Veranstaltungsreihe entscheiden. pne

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Das heißt: Erst wenn die Stadt Geld für die Clubs locker macht, können Sie der Jugend etwas anbieten?

Brändle: Es geht nicht darum, dass wir die offene Hand hinhalten und sagen: Gebt uns bitte mal eine halbe Million Euro, dann kümmern wir uns. Es geht darum, gemeinsam mit allen Akteuren eine langfristige Lösung zu finden.

Wie kann diese Lösung aussehen?

Brändle: Wie das genau aussehen kann, das muss man gemeinsam erarbeiten – mit der Stadt, aber natürlich auch mit den Jugendlichen. Was wir uns gut vorstellen können, ist ein allgemeiner Geldtopf, über den man spezielle Partyformate für die Jugend kofinanzieren kann. Das heißt nicht, dass solche Formate komplett über Steuergelder finanziert, aber dass sie zumindest bezuschusst werden könnten.

Und Sie sind sicher, dass die Clubs dann mitziehen würden?

Brändle: Ich denke, dass alle Clubs, die über Räume verfügen, bereit wären, auch etwas für die Jugend zu machen. Die erforderliche Expertise haben wir jedenfalls. Je mehr Clubs mitmachen würden, desto mehr Angebot würde es auch geben, und das braucht es auch. Denn die Jugend ist nicht eine homogene Jugend, auch da gibt es mehrere Zielgruppen.

Der Sommer ist längst da, viele junge Menschen – nicht nur Abiturienten und Realschüler – zieht es abends vor die Tür, und wollen nicht darauf warten, bis ein langfristigeres Konzept erdacht wurde. Was schlagen Sie kurzfristig vor?

Straßer: Wir wollen nicht, dass das "Feierbad" Geschichte ist. Das Konzept diesen Sommer noch einmal durchzuziehen, macht durchaus Sinn.

Brändle: Ab dem Herbst/Winter sollten wir aber ein langfristiges Alternativkonzept stehen haben, das den Jugendlichen eine Perspektive gibt. Es ist wenig sinnvoll, wenn man jedes Vierteljahr neu aushandelt, wo und wie die Jugend feiern darf. Aber auch die allgemeine Clubkultur braucht eine neue Perspektive. Wir sprechen schließlich über Heidelberg, wo in den letzten Jahren viele Clubs dauerhaft geschlossen haben. Nach der Pandemie müssen wir es schaffen, die Clubkultur in dieser Stadt wieder besser aufzustellen. Jetzt ist eine gute Gelegenheit dafür.

Dafür müssten Sie und die anderen Akteure aber erst einmal miteinander ins Gespräch kommen.

Brändle: Wir sind seit einigen Wochen bereits in Gesprächen mit der "Feierbad"-Gruppe und der Stadtverwaltung. Bisher ist es ein offener und guter Diskurs, und ich hoffe, dass das so bleibt. Gemeinsam können wir viel mehr erreichen, als wenn jeder sein eigenes Süppchen kocht. Denn das Ziel, das wir alle haben, ist das Gleiche: ein besseres Feierangebot für junge Menschen in Heidelberg zu schaffen.

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