Ludwigshafen

Warum Autos wieder in die Fußgängerzonen dürfen

Ludwigshafen will zwei Fußgängerzonen wieder öffnen. Im Rathaus spricht dabei allerdings lediglich von einer "Überlegung" und "möglicher Alternative".

23.05.2022 UPDATE: 24.05.2022 06:00 Uhr 2 Minuten, 19 Sekunden
In Verlängerung der Prinzregentenstraße verläuft die Bismarckstraße in Ludwigshafen südlich des Rathauscenters, das abgerissen wird. Als Einkaufsmeile hat die Bismarckstraße nicht mehr die Bedeutung von früher. Fotos: Lenhardt

Von Carsten Blaue

Ludwigshafen. Während sich Mannheim zurzeit an der autofreien Innenstadt versucht, will Ludwigshafen den Verkehr offenbar wieder in seine Fußgängerzonen holen. "Verkehrsberuhigt" zwar, aber immerhin. Dabei geht es um die Bismarckstraße und die Prinzregentenstraße, wie die Verwaltung auf RNZ-Anfrage bestätigt. Die Kritik vom Naturschutzbund BUND und vom Kreisverband des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) ließ nicht lange auf sich warten.

Die Verwaltung nennt ihre Idee lediglich "Überlegungen" und "mögliche Alternativen" im Rahmen der auf Jahre angelegten städtebaulichen Entwicklung und des geplanten Parkraumkonzepts für die City. Das alles sei nötig vor dem Hintergrund der enormen städtebaulichen Veränderungen wie dem Abriss des Rathauscenters, dem Rückbau der Hochstraße Nord und dem Ersatz für die Hochstraße Süd. Da müsse man erörtern, wie sich das auf die Situation der Menschen in der City auswirkt. Gerade auch in Sachen Verkehr und Wohnqualität sowie angesichts der Bedürfnisse für Handel und Gewerbe.

In der Prinzregentenstraße gibt es 70 Haushalte von Anliegern. Diese dürfen hier heute schon fahren und parken.

Die Stadtverwaltung wehrt sich gegen den Vorwurf, sie habe zum Beispiel die politischen Gremien vor vollendete Tatsachen gestellt. Das von der Stadtspitze um Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck (SPD) gebilligte Maßnahmenpaket, das die Bereiche Stadtplanung, Straßenverkehr und Tiefbau erarbeitet haben, sei eine Basis für die gemeinsame Diskussion, ein Vorschlag, hieß es. Alles sei offen.

Doch dafür scheint das Rathaus zu sehr daran interessiert zu sein, seinen Vorstoß gut zu erklären. Gerade die Bismarckstraße sei demnach nicht mehr so sehr die typische Einkaufsmeile. Beide Fußgängerbereiche seien aber Wohnstraßen mit Anwohnerverkehr. Und für sie Parkplätze quasi vor der Haustür zu schaffen, bedeute eine Steigerung der Lebensqualität. Vor allem dann, wenn Langzeitparker durch deutliche Anstiege der Parkgebühren abgeschreckt werden sollen und nur Kurzparker ihr Auto abstellen dürfen, um schnell etwas zu besorgen. Verkehrsberuhigung hieße zudem, Fahrradverkehr zuzulassen, der ja ansonsten in Fußgängerzonen verboten ist. Anwohner müssten die Bismarckstraße unabhängig von der Tageszeit nutzen können.

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Auch in der Prinzregentenstraße gebe es rund 70 Anliegerhaushalte. Sie haben Garagen und Stellplätze in Innenhöfen, dürfen also durchfahren. Es sei unmöglich, Unbefugte durch Kontrollen herauszuhalten. Dafür müsste die städtische Verkehrsüberwachung nämlich den fließenden Verkehr anhalten, und das dürfe sie nicht. Und versenkbare Poller – auch zur Regelung des Anlieferverkehrs – seien teuer, so ein Sprecher der Stadtverwaltung gegenüber der RNZ. Ein paar Absperrungen, die von Geschäftsleuten und Lieferanten geöffnet werden können, würden doch reichen und könnten Abhilfe schaffen, hält Sabine Laubner-Draheim von der BUND-Kreisgruppe Ludwigshafen dagegen. Auf Anfrage der RNZ kündigt sie an, dass man gemeinsam mit dem VCD ein eigenes Verkehrskonzept anregen und einbringen werde, das "die Ausgewogenheit der unterschiedlichen Verkehrsteilnehmer berücksichtigt". Für Laubner-Draheim steht jedenfalls fest: "Würde Ludwigshafen das Öffnen der Fußgängerzone wirklich wahr machen, wäre das völlig aus der Zeit gefallen." Der BUND lehne das ab. Sicher brauche es mehr verkehrsberuhigte Zonen – aber sicher nicht dort, wo es schon Fußgängerzonen gibt. Dabei gehe es nicht alleine um Lebensqualität: "Der Klimawandel zwingt uns ohnehin dazu, weniger Verkehr, weniger Versiegelung und mehr Grün in die Städte zu bringen."

Fußgängerzonen würden überdies die Innenstadt beleben. Dabei geht es Laubner-Draheim gar nicht nur um den Einzelhandel, sondern etwa um die Außengastronomie oder die Aufenthaltsqualität an sich. Kinder könnten in Fußgängerzonen auch mal unbeaufsichtigt spielen, und die Eltern müssten sich nicht sorgen. Das alles trage mehr zur Urbanität bei als Autoverkehr. Laubner-Draheim rät der Stadtverwaltung daher, das Rad nicht neu erfinden zu wollen. Lieber sollte sich Ludwigshafen beim Verkehrskonzept lebenswerte Städte zum Vorbild nehmen: "Mannheim macht das ganz richtig."

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