Eppingen

Nahwärme-Planung unter Zeitdruck

Mehrheit im Technischen Ausschuss legt den Standort für eine Heizzentrale fest, die bis zu 500 Haushalte versorgen könnte.

20.01.2022 UPDATE: 21.01.2022 06:00 Uhr 2 Minuten, 48 Sekunden
Am Rand des Auenwäldchens (rechts) soll die Heizzentrale gebaut werden. Am linken Bildrand sind die Häuser zu erkennen, die an der Grenze zum Baugebiet „Zylinderhof III“ stehen. Foto: Guzy

Von Armin Guzy

Eppingen. Die Kommune will aus ökologischen Gründen, aber wohl auch aus wirtschaftlichem Eigeninteresse, in die Nahwärmeversorgung einsteigen, an der sich später einmal die Eppinger Stadtwerke GmbH als "zusätzlicher Akteur", wie es in der Vorlage heißt, beteiligen soll. Die Debatte im Technischen Ausschuss des Gemeinderats zeigte am Dienstag, was bislang geplant ist, wo Fallstricke liegen, wie groß der Zeitdruck ist – und auch, dass das Vorhaben schon auf den ersten Metern nicht unumstritten ist, zumindest, was den idealen Standort der nötigen Heizzentrale angeht.

Dieser wurde von der Verwaltung und der mit der Konzeption beauftragten Ingenieurgesellschaft IBS aus Bietigheim-Bissingen im Gewann "Brunnenbruch" ausgemacht, denn dort läge das später einmal bis zu 30 Meter lange, elf Meter breite und fast zehn Meter hohe Gebäude fernab jeglicher Wohnbebauung, was mögliche Interessenkonflikte von vorneherein minimiert. Die Heizzentrale sei im Betrieb zwar nicht besonders laut und stoße, dank moderner Filtertechnik, auch kaum Feinstaub oder andere Emissionen aus, aber in der Nähe von Gebäuden empfiehlt Planer Wolfgang Schuler den Bau dennoch nicht. Dass dadurch längere Leitungen nötig werden und wohl die Landesstraße 552 unterquert werden muss, wird als technisch unproblematisch gesehen.

Problematischer ist für einige Ausschussmitglieder der Standort an sich, liegt er doch auf einer vom BUND gepflegten Wiese und grenzt an ein Auenwald-Biotop. Es sei "fraglich, ob das Bauvorhaben eine ökologische Untersuchung standhält", warf Grünen-Stadträtin Brigitte Hilker ein. Sie befürwortete zwar die geplante Nahwärmeversorgung ("Endlich ein Projekt, das Erfolg verspricht"), nicht aber den Standort. Hartmut Kächele (SPD) und Andreas Oechsner (CDU) brachten zwar Alternativen ins Spiel, abgestimmt wurde am Ende jedoch nur über den Standort "Bruchgraben", der mit zehn Ja-Stimmen bei drei Neins und drei Enthaltungen mehrheitlich beschlossen wurde. Da für den privilegierten Bau im Außenbereich laut Planer kein Bebauungsplanverfahren nötig ist, will die Verwaltung nun schnell zur Tat schreiten, die Rechtmäßigkeit prüfen und das Gelände dann roden lassen.

Hätte der Ausschuss nicht zugestimmt, wäre das durchaus problematisch geworden, denn die Zeit drängt: Einerseits, weil Bäume gefällt werden müssen, und dies nur noch wenige Wochen möglich ist, andererseits, weil noch in diesem Jahr das Baugebiet "Zylinderhof III" westlich der Landesstraße erschlossen werden soll. Die dort geplanten fast 110 Wohnungen könnten also als erste an das Netz angeschlossen werden – allerdings nur, wenn die Wärmenetzplanung mit der Erschließungsplanung zeitlich Schritt halten kann und außerdem genügend Interesse besteht. Denn klar ist auch: Die Nahwärme aus der mit Holzhackschnitzel befeuerten Anlage muss mit anderen Energieformen konkurrenzfähig sein, im Idealfall sogar günstiger, sonst finden sich nicht genügend Eigentümer, die ihr Haus anschließen lassen. Ohne Anschlüsse, die bereits im Boden liegen, bevor das neue Haus gebaut wird, und zu einem günstigen Preis angeboten werden, "kriegt man nicht die Anschlussdichte, die man haben will", verdeutlichte Schuler. Um dann auch tatsächlich liefern zu können, wenn die ersten Häuser stehen und die Bewohner warme Füße haben wollen – voraussichtlich in drei Jahren –, favorisieren die Planer einen "Transformationsprozess": Zunächst wird dabei eine kleinere Heizzentrale gebaut, in der die Wärme in einem Gaskessel erzeugt wird. Finden sich ausreichend Interessenten, wird die Anlage um maximal 75 Prozent erweitert und auf Holzhackschnitzel und ähnliche Energieträger umgestellt. Dann könnte sie bis zu 500 Haushalte versorgen.

Das Potenzial ist zweifellos groß: Auf das Baugebiet "Zylinderhof III" soll "Zylinderhof IV" auf der anderen Seite der Landesstraße am Ortsausgang (Richtung Elsenz) folgen und weiteren Wohneinheiten Platz bieten – alles potenzielle Anschlusskandidaten. Und auf dem Plan ist auch "Zylinderhof V" schon angedeutet. Außerdem könnte das Nahwärmenetz in Richtung Stadtzentrum ausgedehnt werden: Orchideenstraße, Asternstraße, Spitzgärten, Hayden- und Johann-Strauß-Straße sind die bisherigen Plangrenzen.

Dennoch: Über Baukosten wurde noch nicht gesprochen, und fänden sich zu wenige Interessenten, wäre das Vorhaben vom Tisch. Daher soll IBS in den kommenden Monaten für rund 110.000 Euro – etwa 80.000 Euro davon kommen als Landeszuschuss – ein Quartierskonzept erarbeiten. In diesem wird unter anderem untersucht, wie groß das Interesse an einem Nahwärmeanschluss ist, aber auch, wie groß der derzeitige Wärmebedarf in den bestehenden Gebäuden ist – und somit auch das Absatz-, das Energie-Einspar- und das CO2-Vermeidungspotenzial. Etliche der Häuser im Untersuchungsgebiet wurden bereits vor vielen Jahrzehnten gebaut, manche vor Jahrhunderten, einige sind laut Stadt kaum gedämmt. Entschlössen sich die Eigentümer zur Sanierung, wäre der Anschluss an die Nahwärmeversorgung möglicherweise für viele attraktiv, zumal ein solcher einigen Freiraum im Keller schafft.

Auf dem Lageplan sind das gesamte Einzugsgebiet (gelb umrandet) und die beiden Baugebiete (weiß) Zylinderhof III (links) und IV (rechts) zu erkennen. Foto: Skizze IBS
(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
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