Busfahren wird ab 2022 kostenlos
Eine Umstellung der VRN-Tarifstruktur macht dies möglich. Die Entscheidung wurde einstimmig getroffen. Die Linie nach Neulußheim soll geprüft werden.

Von Tobias Törkott
St. Leon-Rot. Kostenlos Busfahren, das geht ab dem Januar 2022 nun auch in St. Leon-Rot. Darauf einigte sich der Gemeinderat am Dienstagabend im Harres-Veranstaltungszentrum einstimmig. "Der Verkehrsverbund Rhein-Neckar (VRN) macht das möglich", leitete Sascha Rachow, verantwortlich in der Gemeinde für Klima, Umwelt und Mobilität, den Tagesordnungspunkt ein. "Für den Verkehrsverbund Rhein-Neckar ist das ein neues Segment und relativ komplex", erklärte Rachow. Der Nahverkehr soll so an Attraktivität gewinnen. Mit der Einführung will die Verwaltung "die innerörtlichen Fahrten mit dem PKW reduzieren" und mehr auf den Bus zu setzen, also, "den Einstieg zur Nutzung erleichtern", wird das Vorhaben in der Ratsvorlage begründet.
Denn bislang hatten die Kommunen keine Chance, ihren Bürgerinnen und Bürgern ein solches Angebot zu ermöglichen. Ab dem 1. Januar 2022 ändert der VRN jedoch seine Tarifstruktur, so kann der ÖPNV im Ortsgebiet kostenlos angeboten werden, heißt es in der Ratsvorlage und weiter: Kommunen können dann die Ortstarife günstiger anbieten, wenn sie die entstehenden Mindereinnahmen der Verkehrsunternehmen ausgleichen. Hat eine Gemeinde genug finanzielle Mittel, geht das auch in vollem Umfang.
In Walldorf wurden die Weichen für das kostenlose Busfahren bereits im Juli 2021 gestellt. Auch hier war die Tarifreform Auslöser. In der Astorstadt sollen die Kosten bei etwa 53.000 Euro liegen. Nach Angaben der Verwaltung St. Leon-Rots werden die Kosten nach VRN-Berechnungen auf 20.000 Euro pro Jahr geschätzt – inklusive der Verbindung an den Bahnhof Rot-Malsch. Grundlage für die Schätzung ist eine Verkehrserhebung aus der Zeit vor der Corona-Pandemie.
Und so soll das System funktionieren: "Man muss zum Busfahrer hingehen, der Fahrschein wird dann kostenlos ausgegeben", erklärte Rachow in der Sitzung. Sprich: Die Scheine werden von der Gemeindekasse bezahlt. Die Differenz zwischen 0 Euro und dem gültigen Preis eines Tickets für die Preisstufe 0 – im Jahr 2021 sind dies 1,70 Euro – gleicht St. Leon-Rot aus. Sollten sich die Fahrgastzahlen so stark steigern, dass die Bus-Kapazitäten erhöht werden müssten, könnten mehr Kosten als die veranschlagten 20.000 Euro auf St. Leon-Rot zukommen. Fahren weniger Personen mit den Öffentlichen, sinken diese. Daher gilt das Angebot vorerst für zwei Jahre, nach einem Jahr sollen die Zahlen geprüft werden. "Das ist nicht fix", so Rachow, der nochmals betonte: "Das Ziel ist es, die Leute zum Busfahren zu bringen."
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Bei den Ratsmitgliedern gab es viel Zuspruch: Die Fraktion der Freien Wähler erklärte, man habe sich selbst bereits mit dem Thema befasst. Bezüglich möglicher explodierender Kosten sei man auch bereit, in Zukunft mehr dafür zu zahlen. "Wir haben viel Geld in Bushaltestellen gesteckt, es wäre schade, wenn Busse nicht ausgelastet werden", erinnerte Tobias Rehorst. Das Angebot entlaste Privatverkehr und die Umwelt. Udo Back (CDU) lobte ebenfalls das Vorhaben: "Wir sind gerne bereit, Geld auszugeben." Dazu regte die CDU Gespräche für eine Linie mit E-Fahrzeugen zwischen Walldorf und St. Leon-Rot mit den beiden Gemeinden und dem Verkehrsverbund an. Eger betonte, dass dieses Thema komplex sei: "Der VRN ist da schmerzfrei. Der sagt: Ihr müsst das bezahlen." SPD-Rat Klaus Grün bezeichnete die Vorlage als "positiv" und sprach sich dahingehend auch für ältere Menschen aus, "die nicht mehr so gut zu Fuß sind."
Fahrten über die Gemarkung hinaus zählen übrigens nicht zu dem Angebot, ebenso wenig wie die sogenannten Zeitfahrkarten, sprich Monatskarten. Eine solche Fahrt über die "Grenze" ist auch die Verbindung zum Bahnhof nach Neulußheim. Die Ratsmitglieder forderten daher eine erneute Prüfung, ob nicht auch dieses Stück mit in das Angebot aufgenommen werden könnte – quasi von Bahnhof zu Bahnhof. "Wir haben da zwei verschiedene Trassen", erinnerte Rouven Dittman (Junge Liste) an die beiden Bahnstrecken. Zuvor hatte Roland Hecker (FDP), der der Vorlage ebenfalls zustimmte, diese erneute Prüfung bekräftigt. Er erinnerte dabei daran, dass seine Fraktion bereits 2018 dazu einen Antrag gestellt habe. Der Idee schloss sich auch Marina Krenzke (Grüne) an. Die Verbindungen nach Neulußheim – wie auch nach Walldorf – solle man "auf lange Sicht" prüfen.
Bürgermeister Eger sagte vor der Abstimmung, dass es für die Nutzer "schwer verständlich" sei, dass die Fahrt nach Neulußheim etwas koste, die zum Bahnhof nach Rot-Malsch nicht. "An der Wabenstruktur können wir nichts ändern", erklärte er aber. Mitnehmen in die VRN-Gespräche werde man dies dennoch.
Dittmann führte die Idee aus: Seine Fraktion habe überlegt, ob die Kosten für die Verbindung zwischen St. Leon-Rot und Neulußheim nicht von der Gemeinde getragen werden können: "So viele können das nicht sein." Besonders Pendler habe man dabei im Blick. Eger wollte sich der Idee nicht verschließen, aber zunächst abwarten, was der Verkehrsverbund generell zur Strecke nach Neulußheim zu sagen hat. "Vielleicht ist das gar nicht so kompliziert."



