Kommen die "Schiffchen" am Ende auf jeden Fall?
Nach einem erfolgreichen Bürgerentscheid würde das Baurechtsamt über die Zulässigkeit der Rainbach-Neubebauung entscheiden. Die Form der Gebäude wäre dann kein Kriterium.

Von Christoph Moll
Neckargemünd. Am 26. September können die Neckargemünder gleich drei Kreuzchen machen: zwei bei der Bundestagswahl und eines beim Bürgerentscheid über die umstrittene Neubebauung im Ortsteil Rainbach. Hier sollen sie über die Frage abstimmen, ob der vom Gemeinderat im Frühjahr beschlossene Aufstellungsbeschluss für einen sogenannten vorhabenbezogenen Bebauungsplan aufgehoben werden soll. Ist der Entscheid "erfolgreich", wäre das Bebauungsplanverfahren beendet. Der Investor hat bereits angekündigt, die Bebauung dann nach Paragraf 34 des Baugesetzbuches durchzusetzen. Doch was bedeutet dies? Die RNZ hat beim Baurechtsamt des Landratsamtes Rhein-Neckar-Kreis in Heidelberg nachgefragt, das dann das letzte Wort hätte – und überraschende Antworten erhalten.
Zur Erinnerung: Bekanntlich möchte die Onigkeit-Gruppe als neue Eigentümerin das traditionsreiche und längst geschlossene Gasthaus zumindest zum überwiegenden Teil abreißen. Es sollen wieder ein Restaurant und Mehrfamilienhäuser entstehen. Besonders die wegen ihrer Form als "Schiffchen" bezeichneten Gebäude zum Neckar hin sind umstritten. Sie waren mit ein Auslöser für die Bürgerinitiative "Achtung! Rainbach und Neckartal", knapp 1900 Unterschriften gegen das Vorhaben zu sammeln. Doch diese "Schiffchen" sind wohl selbst bei einem erfolgreichen Bürgerentscheid nicht einfach vom Tisch.
Der Paragraf 34 greift im Falle der Rainbach-Bebauung, da es für den historisch gewachsenen Weiler keinen Bebauungsplan gibt. Es bestehen also keine Regeln, wie hier gebaut werden darf. Paragraf 34 regelt die "Zulässigkeit von Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile". Ein Vorhaben ist dann "zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist". Und es heißt auch: "Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden."
Doch was genau bedeutet dies? "Der Paragraf enthält viele unbestimmte Rechtsbegriffe, die für Laien schwer einordenbar sind", erklärt Ralf Schmidt, Leiter des Baurechtsamtes. Zur Art der geplanten baulichen Nutzung sagt er: "Wenn jeder weiß, dass hier früher eine Gaststätte war, dürfte eine neue Gaststätte kein Problem darstellen." Auch die Erschließung sei wohl gesichert. Komplizierter wird es beim Maß der baulichen Nutzung. Hierbei gehe es um "alle äußerlich wahrnehmbaren Kriterien" wie zum Beispiel die Firsthöhe und das Bauvolumen. Maßgebend hierfür seien die noch vorhandenen Gebäude, die größtenteils abgerissen werden sollen.
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Der Experte macht auch klar: "Die Form und die Gestaltung der neuen Gebäude spielen bauplanungsrechtlich keine Rolle." Sie seien kein Kriterium bei der Frage, ob sich das neue Vorhaben in die Umgebung einfügt. Dies gelte auch für die Frage der Dachform. Wenn es im Ortsteil schon ein Flachdach gebe, sei auch ein solches zulässig. "Die Form der Schiffchen wäre bauplanungsrechtlich irrelevant", macht Schmidt klar.
Gut möglich sei auch, dass nicht das gesamte Vorhaben nach Paragraf 34 beurteilt werden kann. "Teile davon befinden sich aus unserer Sicht im Außenbereich", erklärt Schmidt. Und da gelten wieder andere Regeln. Privilegiert sind hier zum Beispiel landwirtschaftliche Bauvorhaben. Aber auch andere Projekte könnten im Einzelfall zugelassen werden, wenn die Erschließung gesichert und öffentliche Belange nicht beeinträchtigt werden, so Schmidt. Fachbehörden müssten ebenso zustimmen wie die Stadt, die ihr Einvernehmen erteilen müsste. Und deren Zustimmung oder Ablehnung habe hier noch größeres Gewicht als bei der Beurteilung nach Paragraf 34.
"Über die Frage des Einfügens in die Umgebung kann man sich trefflich streiten", weiß Schmidt aus Erfahrung. "Es gibt unendlich viele Rechtsprechungen dazu." Der Amtschef spricht von einer "diffizilen Geschichte". Er sieht Vorteile für die Stadt, wenn sie einen Bebauungsplan aufstellt und es erst gar nicht zu einer Beurteilung nach Paragraf 34 kommt. "Dann hat es die Stadt selbst in der Hand und die Planungshoheit." Doch das entsprechende Verfahren könnte nach dem Bürgerentscheid beendet sein.
Schmidt erzählt noch, dass der Investor schon Kontakt zum Baurechtsamt aufgenommen habe, um die Möglichkeiten auszuloten. "Wir prüfen diese aber erst, wenn ein konkreter Antrag vorliegt." Und dies sei noch nicht der Fall.



