SV Waldhof Mannheim

Stadt hat keine Pläne für Stadion-Abriss und -Neubau (Update)

SV-Waldhof-Geschäftsführer Markus Kompp spricht von 20 Millionen Euro. Die SPD schaltet sich in Debatte um den angedachten Neubau neben der SAP-Arena ein.

26.08.2021 UPDATE: 30.08.2021 19:49 Uhr 6 Minuten, 22 Sekunden
Das Carl-Benz-Stadion im Mannheimer Stadtteil Neuostheim wurde zwar erst 1994 eröffnet, ist in vielerlei Hinsicht aber schon in die Jahre gekommen. Der Fußballtempel könnte abgerissen werden und einem Wohngebiet weichen. Foto: Alfred Gerold

Mannheim. (alb) Mit zwei dürren Sätzen hat eine Rathaussprecherin eine Anfrage der RNZ zur Diskussion um einen Stadionneubau in Mannheim beantwortet. Das Carl-Benz-Stadion befinde sich in einem "funktionstüchtigen und verkehrssicheren" Zustand für den Spielbetrieb in der dritten Fußball-Liga, "dies wurde mit den Investitionen 2019/2020 erreicht", schrieb sie. Pläne für einen Abriss gebe es seitens der Stadt keine.

Damit ist das Thema nicht vom Tisch. So hat die SPD-Gemeinderatsfraktion bereits angekündigt, sich nach der Sommerpause intensiv mit einem Stadionneubau im Bösfeld nahe der SAP-Arena zu beschäftigen. Fraktionschef Thorsten Riehle drängt darauf, dass sich der Rat noch in diesem Jahr darauf verständigt, welche Perspektiven es für die fußballerische Weiterentwicklung in Mannheim gibt.

Die Genossen bemängeln die Klimabilanz des Benz-Stadions im Stadtteil Neuostheim, den hohen Energieverbrauch und die veraltete Infrastruktur. Ähnlich hatte sich Grünen-Politikerin Melis Sekmen nach einem Gespräch mit SV-Waldhof-Geschäftsführer Markus Kompp geäußert. Die CDU-Fraktion sieht in einem Neubau mit einer Kapazität für 40 000 Fans "riesige Stadtentwicklungschancen". An die Stelle des jetzigen Stadions im Stadtteil Neuostheim könnte ein hochwertiges Wohngebiet an Luisenpark und Neckar rücken.

Die Debatte ins Rollen gebracht hatte Kompp bei einem Fantreffen mit der Aussage, er glaube nicht, dass der Traditionsclub in zehn Jahren noch im Benz-Stadion spiele. Der Verein strebt die Zweite Liga an. Um das Benz-Stadion für die höhere Spielklasse fit zu machen, müssten laut Kompp 20 Millionen Euro ausgegeben werden. Fraglich ist allerdings, ob die Stadt sehr viel mehr Geld für einen Neubau in die Hand nehmen will und sich die Investition oder ein Teil davon durch ein – erst noch zu entwickelndes – Wohngebiet angemessen refinanzieren lässt. Der Ball liegt nun im Feld der Kommunalpolitik, und es wird sich zeigen, ob die Fraktionen einen Vorstoß unternehmen.

Update: Montag, 30. August 2021, 17.26 Uhr


So teuer könnte die Sanierung des Carl-Benz-Stadions werden

Von Alexander Albrecht

Mannheim. Markus Kompp ist derzeit ein gefragter Mann. Kürzlich haben die Grünen-Bundestagskandidatin Melis Sekmen und Vertreter der SPD-Gemeinderatsfraktion den Geschäftsführer des Fußball-Drittligisten SV Waldhof Mannheim besucht und sich dabei buchstäblich die Klinke in die Hand gedrückt. Kompp hat in der Quadratestadt eine Debatte über die Zukunft des Carl-Benz-Stadions ausgelöst. Er glaube nicht, dass der Traditionsclub in zehn Jahren noch dort spiele.

Der Geschäftsführer fordert zwar nicht explizit einen Neubau. Kompp macht aber deutlich, dass er einerseits mittelfristig keine Alternative dazu sieht und andererseits das Stadion im Stadtteil Neuostheim die Auflagen für die vom SV Waldhof angestrebte Zweite Liga nicht erfülle. Außerdem stünden viele Reparaturen an. Wie die SPD am Wochenende mitteilte, habe Kompp beim Vorort-Termin von 20 Millionen Euro gesprochen, die notwendig seien, um die Heimspielstätte fit für das Fußball-Unterhaus zu machen.

Stattdessen könnte das Stadion abgerissen und auf dem frei werdenden Gelände ein neues Wohngebiet entstehen. Der SV Waldhof würde, so die Gedankenspiele, künftig im Bösfeld in Nachbarschaft zur SAP-Arena kicken. Der Neubau steht nach Angaben der örtlichen CDU im Zentrum des städtebaulichen Strukturkonzepts "Messe und Sportpark" Mannheim. Die Stadtverwaltung will an diesem Montag Stellung zu der Diskussion beziehen.

Der Verein sei mit sozialdemokratischen Größen wie Walter Spagerer oder Herbert Lucy verbunden, werde aber nicht nur deshalb von den Genossen unterstützt, sagte die SPD-Stadträtin und Bundestagskandidatin Isabel Cademartori laut einer Mitteilung. Sie verwies auf die letzten Investitionen im Carl-Benz-Stadion, die von ihrer Fraktion "vorbehaltlos mitgetragen" wurden. Diese reichen aber nicht aus. Deshalb regte SPD-Fraktionschef Thorsten Riehle an, die "hohen Beiträge", die weiter in das bestehende Stadion fließen müssten, eingehend zu betrachten. Mit dem Ziel, die sportliche Infrastruktur zu verbessern.

Gleichzeitig drückte Riehle aufs Tempo. "Die Zeit drängt", sagte er. Noch in diesem Jahr müsste sich der Gemeinderat "dem Grunde nach" darauf verständigen, wie es mit dem Stadion weitergeht und welche Perspektiven es für die fußballerische Weiterentwicklung in Mannheim gibt.

Sollte am Ende der Überlegungen der Wunsch nach einem Neubau stehen, bräuchte die Stadt in Zeiten finanziell knapper Mittel "einen guten Plan". Vor allem aber müsse dann die Klimabilanz deutlich günstiger ausfallen. Jene für das Benz-Stadion sei aufgrund des hohen Energieverbrauchs und veralteter Infrastruktur schlecht, befand Riehle.

Er versprach den Fans der "Buwe", dass sich die SPD nach der Sommerpause intensiv mit dem Thema beschäftigen werde. Dazu gehörten auch die Frage nach bezahlbarem Wohnraum in einem neuen Stadtquartier oder wie es gelingen könnte, traditionelle Symbole – wie die den Anhängern heilige Otto-Siffling-Tribüne – vom Benz-Stadion in den Sportpark "umzusiedeln".

Eine Entscheidung darüber erfordere eine sachliche und fachliche Auseinandersetzung, so Riehle, und kein "Schnellstatement" auf dem grünen Rasen. Ein Seitenhieb auf Sekmen, die ein Foto von sich und Kompp im Carl-Benz-Stadion in diversen Sozialen Medien verbreitet hatte.

Update: Sonntag, 29. August 2021, 20.06 Uhr


Entsteht das neue Stadion neben der SAP-Arena?

Von Daniel Hund, Olivia Kaiser 
und Alexander Albrecht

Mannheim. Das Thema ploppt seit Jahren immer mal wieder auf – und nimmt jetzt in der heißen Phase des Bundestagswahlkampfs erneut Fahrt auf. Der SV Waldhof Mannheim will mittelfristig nicht nur in der 2. Liga kicken, der Verein beschäftigt sich auch mit einer neuen Heimspielstätte. Das Carl-Benz-Stadion soll abgerissen und "umgesiedelt" werden, so die Gedankenspiele. Es sollen bereits konkrete Pläne für einen neuen Sportpark existieren, in dem auch andere Sportarten wie Baseball untergebracht werden können: im Bösfeld, in der näheren Umgebung der SAP-Arena.

Am bisherigen Standort in Neuostheim könnten neue Wohnungen entstehen. Direkt am Luisenpark, nur einen Steinwurf vom Neckar entfernt – beste Lage. Nach RNZ-Informationen laufen hinsichtlich des Stadion-Neubaus hinter den Kulissen schon seit längerer Zeit Gespräche, die immer konkreter werden.

Melis Sekmen und Markus Kompp. Foto: privat

Dazu passt die Aussage von Markus Kompp, dem Geschäftsführer des SV Waldhof. Er hatte kürzlich betont, dass die Blau-Schwarzen in zehn Jahren nicht mehr im Carl-Benz-Stadion spielen werden. Am Mittwoch, einen Tag nach der 5:0-Gala der "Buwe" gegen den SV Meppen, traf sich Kompp mit Melis Sekmen zum Ortstermin. Die Begeisterung der Fraktionsvorsitzenden der Grünen im Gemeinderat und Bundestagskandidatin hielt sich in Grenzen. Große Baustellen sind aus ihrer Sicht die CO2-Bilanz des Stadions und die Flutlichter. Dass nach wie vor Halogen-Lampen verwendet werden, hat sie erschreckt.

Sekmen plädiert für klimafreundlichere Leuchten, beispielsweise LED. "Der SVW braucht unbedingt eine nachhaltige, in die Zukunft gerichtete Infrastruktur", sagte sie. Und: "Bund und Länder müssen hier mit Programmen zur ökologischen Modernisierung unterstützen." Aber warum ausbessern, wenn ohnehin bereits ein Fußball-Tempel forciert wird? Das Carl-Benz-Stadion gehört der Stadt. Eine Sprecherin des zuständigen Bau- und Sportdezernats konnte eine Anfrage der RNZ am Donnerstag nicht beantworten und verwies auf Abstimmungsprozesse mit den Fachabteilungen.

Sekmen wurde im Gespräch mit dieser Zeitung konkreter: "Für den Verein und die Stadt ist es natürlich wichtig, dass Investitionen nachhaltig sind. Es geht darum, die Infrastruktur im Carl-Benz-Stadion zu verbessern. Und wenn der Neubau dann tatsächlich kommt, können viele Maßnahmen wie beispielsweise LED-Leuchten mit einbezogen werden. Bezüglich der anstehenden Neubau-Pläne müssen wir gemeinsam Ideen zu mehr Nachhaltigkeit und Umweltschutz weiterentwickeln", sagte sie.

Infolge des Aufstiegs des SV Waldhof 2019 nahm die Stadt 2,4 Millionen Euro in die Hand, um das bisherige Stadion drittligatauglich zu machen. Dazu zählten die Sanierung des Rasens sowie die Ertüchtigung von Flutlicht- und Lautsprecheranlage. Außerdem wurde die Videoüberwachung ausgebaut. Gegenüber der RNZ betonte Kompp jetzt, "dass die Betriebssicherheit für eine Nutzung in der 3. Liga so langsam infrage gestellt werden" müsse. "Wir sind offen für eine fraktionsübergreifende Lösung mit weiteren Mehrwerten für die Stadtgesellschaft", so der Geschäftsführer. Die eng mit dem SV Waldhof verbundene Mannheimer SPD wollte keine Stellungnahme abgeben. Die Betreibergesellschaft der SAP-Arena ließ eine Anfrage unbeantwortet.

Dafür ging die CDU-Fraktion in die Offensive. "Ein Stadion-Neubau schafft riesige Stadtentwicklungschancen", sagte Fraktionschef Claudius Kranz der RNZ. Nach vorheriger Abstimmung mit dem Ersten Bürgermeister und Parteifreund Christian Specht hätten die Christdemokraten die Idee am 19. Juli, bei der Eröffnung der "Waldhof-Welt" am Wasserturm, aufgenommen. Kranz und die CDU glauben, dass östlich des Luisenparks ein hochwertiges grünes Wohngebiet am Park und Neckarufer entstehen könne. "Die Zeit für die Umsetzung ist jetzt gekommen, und eine Finanzierung nach dem Modell der SAP-Arena hat sich bewährt", so der Fraktionschef.

Die Voraussetzungen dafür seien gelegt. Das städtebauliche Strukturkonzept "Messe- und Sportpark Mannheim", bei dem neben der SAP-Arena ein Fußballstadion und ein Baseballfeld im Bösfeld sowie die Verlegung des Reitvereins zum Reitstadion im Mühlfeld vorgesehen sind, liege in der Schublade. Der Bau eines modernen, zweitligatauglichen Stadions für 40 000 Zuschauer sei in den vergangenen Jahrzehnten bei allen weiteren Planungen mit berücksichtigt und bei Klimagutachten mit eingeplant worden.

Die Anhänger der Blau-Schwarzen sind in Sachen Neubau geteilter Meinung. Tobias Stahl kann man als Hardcore-Fan des SVW bezeichnen. Seit vielen Jahren drückt er den "Buwe" die Daumen. Stahl würde das Projekt begrüßen: "Ich bin Rollstuhl-Fahrer, und im Carl-Benz-Stadion sind die Voraussetzungen für uns wirklich schlecht. Von den Parkplätzen bis hin zu den Toiletten ist es nicht rollitauglich. In anderen Stadien gibt es da mittlerweile ganz andere Möglichkeiten."

Erschwerend kommt hinzu, dass der SVW bei einem Aufstieg in die 2. Liga gar keine Rollstuhl-Fahrer mehr in den Innenraum des 1994 eingeweihten Carl-Benz-Stadions lassen dürfte. Stahl: "Das war auch schon eine Zeit lang in der 3. Liga wegen Corona so. Da hatte die Stadt angeordnet, dass wir hinter die Zaungitter sollen. Dort ist es aber viel zu eng."

Zudem darf der Club wegen der Anwohner in Neuostheim nur in Ausnahmefällen Flutlichtspiele am späteren Abend austragen. Sören Runke vom Vorstand des Fandachverbands "Pro Waldhof" macht auf ein weiteres Problem aufmerksam: "Es fehlen im Carl-Benz-Stadion VIP-Logen und somit wichtige Einnahmen." Und trotzdem bekennt er: "Mir gefällt’s". Zwar würde Runke einen Standort im Mannheimer Norden bevorzugen, wo der Waldhof seine Wurzeln hat. Doch das erscheint ihm mangels passendem Standort illusorisch. Das Bösfeld hätte den Vorteil, dass das Stadion – wie in vielen anderen Fußball-Hochburgen – außerhalb, an der Autobahn und über den S-Bahn-Anschluss in der Nähe des Hauptbahnhofs liege.

Martin Willig vom Fanprojekt hebt auf den Faktor Tradition ab: "Es gibt im Carl-Benz-Stadion die Otto-Siffling-Tribüne, die uns sehr viel bedeutet. Dafür bräuchte es bei einem Neubau eine Lösung."

Update: Donnerstag, 26. August 2021, 19.45 Uhr

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