Das Gehwegparken wird in Heidelberg kaum geahndet
Die Stadt toleriert das eigentlich illegale Abstellen in vielen Straßen. Das Landesrecht gibt jedoch klare Regelung vor.

Von Denis Schnur
Heidelberg. Muss Heidelberg deutlich vehementer gegen Autofahrer vorgehen, die ihr Fahrzeug auf dem Gehweg parken? Die Stadtverwaltung duldet die Praxis in vielen Straßen, auch wenn sie eigentlich verboten ist. Erst nach und nach will sie neue Parkkonzepte erstellen und dann das Gehwegparken unterbinden. Damit verstößt die Stadt aber offenbar gegen einen Erlass des Landesverkehrsministeriums. Dieser könnte die Verwaltung zwingen, konsequent durchzugreifen – und damit die Zahl der Parkplätze binnen kurzer Zeit deutlich zu reduzieren.
Rein rechtlich ist Parken auf dem Gehweg grundsätzlich verboten. Nur nach "sorgfältiger Prüfung" und mit entsprechender Beschilderung könne es in Ausnahmefällen erlaubt werden, erklärt ein Sprecher des Verkehrsministeriums auf RNZ-Anfrage. Heidelberg toleriert das Abstellen von Autos auf dem Bordstein dagegen an vielen Stellen der Stadt – ohne entsprechende Beschilderung. "Wo ortskernüblich beziehungsweise aufgrund der örtlichen Beschaffenheit seit Jahrzehnten komplett oder zum größten Teil auf dem Gehweg geparkt wird, wird das Gehwegparken geduldet, bis ein neues Parkkonzept erstellt worden ist", teilt die Stadtverwaltung im Juni auf Anfrage des Grünen-Stadtrats Christoph Rothfuß mit.
Der Gemeindevollzugsdienst, der den ruhenden Verkehr kontrolliert, greife nur ein, wenn ein Auto weniger als 90 Zentimeter von der Hauswand entfernt steht. Diese Restbreite sei nötig, damit auch Rollstuhlfahrer noch vorbeikommen. Bleibe genug Platz, sehe man bislang davon ab, Autofahrer zu verwarnen oder das Fahrzeug abzuschleppen. Perspektivisch will die Verwaltung dies mit neuen Parkkonzepten in allen betroffenen Straßen ändern. Denn: "Dieser Zustand ist selbstverständlich keine dauerhafte Lösung."
Doch diese 90-Zentimeter-Regel widerspricht einem Erlass des Landes aus dem vergangenen Jahr. Dort wird eine Mindestrestbreite von 1,50 Meter festgelegt, die auch für die nachgeordneten Behörden, also die Kommunen, bindend sei, wie ein Ministeriumssprecher bestätigt. Die Stadt habe nicht das Recht, eine andere pauschale Grenze festzulegen. Eine solche Regelung habe "einen Ermessensausfall und damit die Rechtswidrigkeit der Entscheidung zur Folge", so der Sprecher.
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Geht es nach dem Grünen-Stadtrat Rothfuß, sollte die Verwaltung den Erlass zügig und konsequent umsetzen: "Für mich ist völlig unverständlich, dass die Stadt einfach die Regeln zu Lasten der Schwächeren ändert. Und das, obwohl sie hier gar keinen Ermessensspielraum hat." Das Gehwegparken müsse stadtweit unterbunden werden, so der Fraktionsvize: "Nicht von heute auf morgen, aber nach und nach – und konsequent." Zumal die Verwaltung eigentlich schon im Jahr 2016 festgelegt habe, dass eine Restbreite von 1,60 Metern dafür ausschlaggebend sein solle, ob der Vollzugsdienst eingreift.
Diese interne Regelung wurde jedoch nie umgesetzt – und auch die sofortige Umsetzung des Landeserlasses sieht die Stadt problematisch: "Würde der Gemeindevollzugsdienst flächendeckend das Gehwegparken unter 1,60 Metern oder 1,50 Metern unterbinden, würde sprunghaft viel Parkraum verloren gehen – welcher nicht kompensierbar ist", betont die Verwaltung in der Antwort an Rothfuß. Das wiederum würde zu Ärger bei Anwohnern führen: "Für eine hohe Akzeptanz bei der Reduzierung von Parkraum ist es entscheidend, dass keine Ad-hoc-Entscheidungen beim Gehwegparken getroffen werden." Stattdessen wolle man sukzessive Gehwege freiräumen und dabei klare Zeithorizonte und Kriterien vorgeben.



