"Die Hilfsbereitschaft ist überwältigend"
Die gebürtige Götzingerin Alexandra Ponickau und ihre siebenköpfige Familie haben bei der Flut ihr Haus verloren.

Götzingen/Bad Münstereifel. (rüb) "Das Wasser kam einfach zu schnell!" Auch drei Wochen nach der verheerenden Flutkatastrophe hat Alexandra Ponickau die schrecklichen Bilder noch genau vor Augen. Mit ihrem Mann und den fünf Kindern konnte sich die gebürtige Götzingerin auf den Balkon der Nachbarn retten – und von dort aus musste sich die Familie ansehen, wie ihr Haus ein Opfer der Fluten wurde und teilweise einstürzte. Doch auch in der dunkelsten Stunde gibt es Licht: "Die Solidarität und Hilfsbereitschaft, die wir in den letzten Wochen erlebt haben, ist überwältigend!" Auch aus Alexandra Ponickaus Heimat kam sehr viel Unterstützung.
Die Fachwerkstadt Bad Münstereifel gehört zu den am schlimmsten zerstörten Orten Nordrhein-Westfalens. Allein die Schäden an der städtischen Infrastruktur werden auf rund 200 Millionen Euro geschätzt. Was die Familie Ponickau vor genau drei Wochen erlebte, schildert sie wie folgt:
"Wir haben in der Innenstadt von Bad Münstereifel gewohnt und konnten nicht mehr rechtzeitig vor den Fluten flüchten. Unser Haus stand direkt über der Erft, so dass wir zum Glück zu den Nachbarn auf den Balkon geflüchtet sind. Kurz darauf mussten wir mit ansehen, wie das Haus von unseren anderen Nachbarn komplett eingestürzt ist. Etwas später wurde ein großes Tor von unserem Haus weggerissen und dann ist auch das in Teilen eingestürzt. Am Anfang dachten wir nur an unsere Existenz, doch dann ging es nur noch ums Überleben. Alleine hätten wir in dem Wasser keine Chance gehabt, und mit den Kindern auf dem Arm schon überhaupt keine. Das rettende Ufer war nur knapp zehn Meter entfernt und wäre doch unerreichbar gewesen. Dies alles mitansehen zu müssen, ist etwas verdammt Schreckliches: Autos wurden wie Legosteine umhergespült, auch unser VW-Bus wurde mitgerissen. Teilweise sind ganze Mauern von der Wucht des Wassers fortgespült worden. Zum Glück hat das Haus, wohin wir uns gerettet hatten, gehalten."
Die 38-jährige Alexandra Ponickau, geborene Link, stammt aus Götzingen. Gemeinsam mit ihrem Mann hat sie fünf Kinder im Altern von elf, sieben, fünf und zwei Jahren (Zwillinge). Glücklicherweise ist die siebenköpfige Familie nach der Flutkatastrophe bei Freunden in einer Ferienwohnung untergekommen. Trotzdem ist die Situation der Familie Ponickau natürlich weiter äußerst angespannt: Ihr Haus ist unbewohnbar, und die Familie braucht aufgrund der beengten Wohnsituation mit sieben Personen dringend ein Haus.
Gleich samstags nach der verheerenden Flut hatte Tobias Link, der Bruder von Alexandra Ponickau, einen Spendenaufruf gestartet. Er wurde dabei von Sigrid Egenberger, der Freundin seiner Schwester, tatkräftig vor Ort in Götzingen unterstützt. Die Resonanz war beeindruckend: "In kürzester Zeit waren drei Garagen voll mit Sachspenden. Die Bereitschaft zu helfen, war riesengroß", berichtet Sigrid Egenberger.
Gleich am Abend startete die erste Sortieraktion unter der Regie von Sigrid Egenberger und Nadja Weber. Anschließend wurde der erste VW-Bus, zur Verfügung gestellt von der Firma Bayer Maschinenbau (Hardthausen), gepackt. Sonntags machte sich dann eine Gruppe aus Götzingen und Hettingen auf den Weg, um der Familie die Sachspenden und Lebensmittel zu bringen und ihr bei ersten Ausräumarbeiten des Hauses zu helfen.
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Am Dienstag wurde die zweite Sortieraktion gestartet. Diese Spenden mussten jedoch erst einmal zwischengelagert werden, da viele Betroffene im Katastrophengebiet kein Dach über dem Kopf haben und somit gar nichts annehmen können. Am Donnerstag machte sich erneut eine Helfergruppe mit zehn Personen aus Götzingen auf den Weg, um die restlichen noch nutzbaren Gegenstände und Möbel aus dem Haus zu holen, zu reinigen oder zu entsorgen.
Hier schloss sich Jürgen Heckmann aus Bödigheim mit Freunden an: Sie hatten gute Ausrüstung und Maschinen dabei. Die Fahrzeuge hierfür wurden von der Firma Bayer Maschinenbau und der Firma WLC Adelsheim zur Verfügung gestellt, ebenso jede Menge Kartons zum Sortieren. Als Fahrer brachten sich Markus Stark (WLC) und Jürgen Bayer (Bayer Maschinenbau) ein.
Was die Helfer vor Ort zu sehen bekamen, lässt sie auch Tage später nicht los: "Die Bilder aus der Region sind das eine, real ist es jedoch sehr viel schlimmer", berichtet Sigrid Egenberger. "So stellt man es sich nach dem Krieg vor." Angesichts dieser Anblicke hätten gestandene Männer mit den Worten ringen müssen, teilweise liefen auch Tränen.
Mut mache jedoch die große Hilfsbereitschaft, sowohl aus der Heimat als auch vor Ort: "Menschen, die selbst glimpflich davongekommen sind, kochten und backten für die Helfer und auch für die, die sehr stark betroffen waren", erzählt Sigrid Egenberger.
"Wir sind sehr glücklich darüber, dass wir als Familie noch zusammen sind und keiner verletzt wurde", sagt Alexandra Ponickau und ist angesichts der Hilfsbereitschaft überwältigt: "Wir danken allen von Herzen, die uns unterstützen. Es ist einfach unfassbar, wie viele Freunde aus dem Bauland zu uns gekommen sind, um uns zu helfen. Vielen Dank nochmals!"
Info: Wer die Familie unterstützen möchte, kann direkt spenden:
Alexander Ponickau
IBAN DE58 5001 0517 5423 9246 77

"Help!" hilft den Flutopfern
Buchen-Götzingen. (jm) Die Flutkatastrophe in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz hat gezeigt, zu welchem Gemeinschaftsgeist wir fähig sind, und zu welcher Hilfsbereitschaft die Menschen im Notfall auch bereit sind.
Die schrecklichen Bilder und Berichte darüber in den Medien sowie die Nachricht über den durch die Flut erlittenen Totalverlust des Wohnhauses der siebenköpfigen Familie Ponickau hatten eine Helfergruppe aus Götzingen spontan zu zwei Hilfseinsätzen animiert. Die erschütternden Berichte dieser Helfer über die Umstände vor Ort riefen den Verein "Help! Sommermärchen-Team" auf den Plan, der gemäß seiner Satzung und dem Vereinsziel der Kinder- und Nothilfe unverzüglich je 2000 Euro als Soforthilfe für die geschädigte Familie und fünf durch die Flut zerstörten Kindergärten in Bad Münstereifel zur Verfügung stellte.
Obwohl der Verein aufgrund der Corona-Beschränkungen seit letztem Jahr keine Events veranstalten und damit keine Einnahmen generieren konnte, war ihm dank der Unterstützung seiner Sponsoren und Mitglieder erfreulicherweise diese spontane Hilfe möglich.
Bei dieser Gelegenheit erfuhr man aus dem Katastrophengebiet auch von zwei besonders von Flutfolgen betroffenen Reiterhöfen, denen neben der Zerstörung der Areale auch alle Futtervorräte weggeschwemmt wurden, was bei "Help!" nun eine ganz individuelle Initiative auslöste.
Landwirte und Tierhalter erinnerten sich nämlich jetzt daran, wie erfreut und dankbar sie in einem extremen Dürrejahr in den Siebzigern für dringend benötigte Futterhilfen aus dem Raum Heidelberg waren. In dankbarer Erinnerung erklärten sich Landwirte aus Götzingen und Rinschheim zu einer Heuspende im Rahmen einer Solidaraktion bereit: Sie werden ihr Heu vom zweiten Schnitt diesen flutgeschädigten Landwirten zur Verfügung stellen.
Die gesamte Aktion einschließlich Transport wird "Help!" koordinieren und organisieren. Da die Umstände derzeit eine gute Heuernte erwarten lassen, sind Landwirte und Organisatoren sehr optimistisch, ihr Vorhaben im September erfolgreich durchführen zu können.
So bleibt nur zu hoffen, dass auch der Wettergott mit von der Partie sein wird, damit die sich an der Aktion beteiligenden Landwirte erfolgreich ihre anstehende Getreideernte einbringen und dann einen ergiebigen zweiten Futterschnitt zugunsten der Flutgeschädigten ernten können. Die Planungen und Vorbereitungen für diese in Bad Münstereifel sehr willkommene und erwartete Futterlieferung laufen jedenfalls bereits auf Hochtouren.



