Neues Bündnis setzt sich für Klinikerhalt ein
Nur ein Dutzend Zuhörer kamen zur Kundgebung gegen die Schließung von Krankenhäusern auf den Neuen Markt in Eberbach.

Von Barbara Nolten-Casado
Eberbach. Gab es im Jahr 1980 noch 3783 Krankenhäuser in Deutschland, so hat sich diese Zahl bis heute beinahe halbiert. Allein im vorigen, von der Corona-Pandemie geprägten Jahr, wurden deutschlandweit etwa 20 Kliniken geschlossen. Weitere 34 sind nach Angaben des überregionalen "Bündnisses Klinikrettung" derzeit von Schließung bedroht – darunter auch die in Mosbach und Buchen. Und ein Ende des Kahlschlags in der Krankenhauslandschaft ist nicht in Sicht.
Aus Sorge um den Erhalt der flächendeckenden Krankenhausversorgung und anlässlich der bevorstehenden Bundestagswahl haben sich nun Bürger aus der Region sowie Mitglieder des DGB-Ortsverbands Hirschhorn-Neckarsteinach zu einem von Arno Huth aus Mosbach und Stefan Riedel vom DGB Hirschhorn initiierten "Ad-hoc-Bündnis" zusammengetan. Das neue "Bündnis für Krankenhaus und gute Arbeit Neckartal-Odenwald" hatte am Samstag zu Kundgebungen in Eberbach und Mosbach eingeladen.
Dass die Brisanz des Themas vielerorts noch nicht im Bewusstsein der Öffentlichkeit angekommen ist, zeigte sich dabei an der Resonanz in Eberbach: Gerade mal ein Dutzend Zuhörer verfolgte auf dem Neuen Markt die Redebeiträge von Arno Huth und DGB-Mann Kai Stöhr.
Erst Anfang dieses Monats habe der Vorsitzende des Gemeinsamen Bundesausschusses der Ärzte, Kliniken und Krankenkassen, Josef Hecken, eine Grundgesetzänderung gefordert, um den Ländern die Planungshoheit für die Krankenhäuser zu entziehen, begann Arno Huth seine Ausführungen.
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Deutschland habe zu viele Krankenhäuser, weshalb ihre Anzahl laut Hecken von 1900 auf 1200 reduziert werden solle. Diverse Gesundheitsökonomen und Politiker, neoliberale Institute wie die "Bertelsmann-Stiftung" oder die "Leopoldina" sowie Verbände von Krankenkassen propagierten ebenfalls die Schließung von Krankenhäusern – vorwiegend aus ökonomischen Gründen.
2004 wurde mit der Einführung der DRG-Fallpauschalen das bis dahin geltende Kostendeckungsprinzip abgelöst. Die Fallpauschalen decken seither nicht mehr alle Behandlungs- und Betriebskosten ab. Dies führe bei vielen Krankenhäusern zur Unterfinanzierung und damit zu hohen Defiziten, die von öffentlichen Haushalten ausgeglichen werden müssten.
Die Folge sei: Private Investoren würden herangezogen, die profitorientiert wirtschaften wollten. Die vier großen Krankenhauskonzerne Fresenius/Helios SE, Asklepios Kliniken GmbH, Röhn AG und Sana AG erwirtschafteten auf dem Rücken von Personal und Patienten Profite im Milliardenbereich und schütteten Dividenden an Aktionäre aus, erläuterte Huth – "eigentlich Gelder, welche die Versicherten als Beiträge gezahlt haben".
Auch kämen die Bundesländer ihrer Pflicht zu einer auskömmlichen Finanzierung der Krankenhaus-Investitionskosten nicht nach. Anstatt insbesondere Krankenhäuser der Grund- und Regelversorgung zu ertüchtigen, habe man zum Beispiel 600 kleineren Kliniken im Jahr 2018 die Zuschläge für die Notfallversorgung gestrichen. "Krankenhäuser werden schlecht gespart, ihnen werden Kompetenzen genommen, anstatt sie zu verbessern", so Huth. "Krankenhäuser gehören aber zur Daseinsvorsorge, ihr Betrieb sollte sich nach dem Bedarf richten und nicht von der Wirtschaftlichkeit abhängen", fordert das neue Bündnis aus Neckartal und Odenwald.
Als weitere Dimension hinsichtlich des Erhalts von Krankenhäusern im ländlichen Raum machte Huth die Bedeutung von gleichwertigen Lebensverhältnissen in Stadt und Land sowie den Erhalt einer ländlichen Infrastruktur deutlich. Nicht zu vergessen sei auch die Tatsache, dass bei Schließung von Krankenhäusern die jeweilige Entfernung zur nächstgelegenen Klinik steige. Die Anfahrzeiten für Notfälle würden länger, Rettungskräfte und Notärzte wären durch längere Fahrzeiten auch länger gebunden.
Kai Stöhr vom DGB Hirschhorn-Neckarsteinach ging auf das zunehmende Vordringen privater Krankenhauskonzerne auch in den ambulanten Sektor ein. "Der Staat muss wieder der Sicherstellung der Daseinsvorsorge nachkommen", formulierte er die Forderung des neuen "Bündnisses". Sogenannte "Integrierte Versorgungszentren" (IVZ) oder ähnliche Einrichtungen mit klingenden Bezeichnungen wie beispielsweise "Gesundheitscampus" seien keine Alternativen. "Aber ohne adäquate Alternativen zur wohnortnahen Versorgung darf es keine Schließung einer Klinik mehr geben", sagte Stöhr.
"Schaut genau in die Wahlprogramme der Parteien und fordert Politiker und Bundestagskandidaten zu klaren Aussagen und Bekenntnissen auf", forderte Arno Huth die Zuhörer zum Abschluss der Kundgebung in Eberbach auf.
Info: www.klinikrettung.de