Fraktionen sprechen sich für Mobilitätskonzept zum Radverkehr aus
Fördergelder sollen nicht verfallen - Die Kosten betragen rund sechs Millionen Euro

Von Paul Pflästerer
Rhein-Neckar. Weg frei für das Radwegekonzept – das hat der Ausschuss für Umwelt, Verkehr und Wirtschaft bei seiner Sitzung in der Wieslocher Kreissporthalle am Dienstag einstimmig beschlossen. Nun entscheidet der Kreistag am 20. Juli endgültig über die Fortschreibung des Mobilitätskonzepts, das bereits seit 2015 entwickelt wird. Die Vorzeichen stehen jedenfalls gut: Alle Vertreter der Fraktionen, die sich zur Vorberatung versammelt hatten, sind überzeugt von dem, was Patrick Fierhauser, Leiter der Stabsstelle Mobilität und Luftreinhaltung, im Rahmen einer Präsentation vorstellte.
Ziel des Mobilitätskonzeptes ist es, den Umstieg vom Auto auf das Fahrrad attraktiver zu gestalten, und dadurch klimaschädliche Emissionen zu reduzieren – bis zum Jahr 2030 soll sich dank guten, sicheren Straßen und einer nahtlosen Verbindung eine "nachhaltige Radkultur" entwickelt haben.
An dem Projekt beteiligt wurden neben Politik und Verwaltung auch die Bürger im Kreis: Vom 14. September bis zum 11. Oktober 2020 hat der Rhein-Neckar-Kreis eine Öffentlichkeitsbeteiligung angeboten, in der die Menschen die Gelegenheit nutzen konnten, ihre Erfahrungen in die Planung für das Radwegenetz einfließen zu lassen.
An welchen Stellen wird es gefährlich? Wo braucht es eine genauere Beschilderung? Über 500 Formulare mit rund 2000 Hinweisen sind bei den Planern eingegangen. "240 Problemstellen konnten dadurch identifiziert und geprüft werden", lautet die Bilanz. In die Netzplanung mit aufgenommen wurden laut des Planungsbüros schließlich 49 Maßnahmen, die aus der Befragung hervorgehen.
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Bei aller Planung und Beratung soll das Radnetz kein "starres" sein, sondern kontinuierlich weiterentwickelt werden. Nach der Bestandsaufnahme 2015, als bereits vorhandene Strecken zu einem vorläufigen Wegenetz zusammengeführt wurden, sind laut Fierhauser 60 Streckenkilometer hinzugekommen. "Wir möchten ein sicheres Streckennetz herstellen und haben dafür bauliche und verkehrstechnische Maßnahmen vorgesehen", sagt Fierhauser. Dazu gehören die Verbreiterung der Wege und Beschilderungen.
Spannend sind auch die Ergebnisse aus der Befragung, die es im Rahmen der Beteiligung gab. Hierbei haben vorwiegend fahrradaffine Einwohner unter anderem die Qualität der bisherigen Wege bewertet. Rund. 45 Prozent empfinden diese als "schlecht", etwa 35 Prozent der Befragten sogar als "sehr schlecht". Ebenfalls große Einigkeit herrschte bei der Frage, wie gut es sich mit dem Fahrrad von A nach B kommen lässt: Knapp 70 Prozent sind unzufrieden. Die Aufgabe der Stabsstelle und des Planungsbüros "R und T Verkehrsplanung" war dann, alle Ergebnisse, Hinweise und Anmerkungen in die bestehende Planung mit einfließen zu lassen. Auch von den Fraktionen gab es im Verlauf einige Änderungswünsche: CDU-Kreisräte aus Weinheim, Hirschberg und Dossenheim setzten sich zum Beispiel für die Verbindung von Hirschberg über Rittenweier nach Oberflockenbach sowie für die Strecke von Schriesheim nach Altneudorf ein. Zusammen mit der SPD forderte man einen weiteren Radweg parallel zur Landesstraße 630 auf der Brühler Kollerinsel, wo sich Radfahrer nicht sicher fühlen und bald viele Pendler unterwegs sein könnten.
Für eine direkte Verbindung zwischen dem Steinachtal und der Rheinebene machten sich auch die Freien Wähler stark. Das beschauliche Heddesbach habe sich ebenfalls "seit Jahren" darum bemüht, an das Radroutennetz angebunden zu werden. Laut der Fraktion scheiterte dies bislang an der Anbindung an die hessischen Nachbargemeinden Hirschhorn und Wald-Michelbach. Das habe sich nun geändert: Inzwischen liege eine Neuplanung vor, wodurch der Anschluss möglich wäre.
Dass von den Kreisratsfraktionen am Dienstagnachmittag keine Einwände hinsichtlich der Finanzen kamen, lag vermutlicht auch an der hohen Förderquote: 90 Prozent der Kosten werden vom Land Baden-Württemberg und vom Bund übernommen. 5,96 Millionen Euro sollen die Maßnahmen des Mobilitätskonzepts am Ende kosten; ein wesentlicher Faktor ist der Geh- und Radweg entlang der Kreisstraße 4283 von Sinsheim-Steinsfurt nach Sinsheim-Adersbach. Für Planung, Grunderwerb und Bau sind allein hier 2.407.000 Euro kalkuliert.
Weil einige Fördermaßnahmen Ende 2021 auslaufen, warb Landrat Stefan Dallinger bei der Ausschusssitzung für eine schnelle Entscheidung: "Es ist wichtig, das Projekt jetzt auf den Weg zu bringen." Langfristig müsse schließlich das "Amt für Straßenbau" in ein "Amt für Straßen- und Radwegebau" umgewandelt werden.
John Ehret (Freie Wähler) bedankte sich für die Aufnahme der Anträge seiner Fraktion. Michael Till (CDU) tat es Ehret gleich. Er sagte: "Wir freuen uns, dass auch außerhalb der großen Städte gearbeitet wird. Die Zuschüsse von Bund und Land müssen genutzt werden, um diese Lücken zu schließen." Gerhardt Gebhard (Grüne) stellte fest: "Jede Radfahrt ist eine Autofahrt weniger. Und in Corona-Zeiten wird das Fahrrad immer mehr genutzt." Die Stabsstelle solle sich außerdem "nicht scheuen", den Kreistag zu kontaktieren, sollte mehr Geld gebraucht werden. Die SPD sei "zuversichtlich, dass mit dem Konzept das Radfahren im Kreis attraktiver, sicherer und angenehmer wird", sagte Brigitta Martens-Aly. FDP und Die Linke pflichteten ihren Vorrednern bei.



