Entlastung für das Nadelöhr am Neckar
Das Paul-Martin-Ufer soll zur Fahrradstraße werden. Der Beschluss könnte aber nicht umsetzbar sein.

Von Heike Warlich-Zink
Mannheim. Der Weg am südlichen Neckardamm, der von Neuostheim in Richtung Seckenheim führt, ist ein Nadelöhr. Vor allem bei gutem Wetter tummeln sich auf der attraktiven Strecke Spaziergänger, Radfahrer, E-Scooter-Fahrer und Inlineskater. Deshalb kommt es dort öfter zu Zwistigkeiten zwischen den einzelnen Gruppen. Wenn es nach der Mehrheit im Gemeinderat geht, soll aber bald Abhilfe geschaffen werden – ein Umstand, der in der vergangenen Woche im Ausschuss für Umwelt und Technik allerdings für Turbulenzen sorgte.
Für SPD-Stadträtin Isabel Cademartori war es "völlig daneben, was da gerade passiert". Baubürgermeister Ralf Eisenhauer warnte: "Wir sind gerade dabei, etwas zu beschließen, das nach jetzigem Stand nicht möglich ist." Hintergrund war ein Antrag der Fraktion FDP/Mittelstand für Mannheim (MfM). Dieser sieht vor, die parallel zum Neckardamm und entlang der Stadtbahnlinie 5 in Neuostheim führende Straße "Paul-Martin-Ufer" als Fahrradstraße auszuweisen. Die Instandsetzung der Straße ist bereits beschlossen und soll noch in diesem Jahr beginnen. Da könnte man sie doch gleich zur Fahrradstraße umwidmen, so die Idee der Fraktion. Außerdem soll die Verwaltung mit den Planungen für eine Radwegverbindung am südlichen Neckarufer von der Innenstadt bis nach Seckenheim beginnen.
Grüne, LiParTie und CDU stimmten für den Antrag. Damit war die Mehrheit gegeben. Die Fraktion Mannheimer Liste (ML) hingegen bezeichnete den Mehrheitsbeschluss als ein "an der Nase herum führen". Die SPD kritisierte, dass der Antrag nicht mit Zahlen hinterlegt ist. Dabei sind sich in der Sache alle einig: Der bestehende kombinierte Fuß- und Radweg von der Endhaltestelle Neuostheim in Richtung Innenstadt kann in dieser Konstellation auf Dauer nicht bleiben. So sehr der Umstieg vom Auto aufs Fahrrad aus Klimaschutzgründen begrüßt wird, so wenig ist diese Strecke auf das erhöhte Radaufkommen und sportlich-schnelle Radfahrer ausgerichtet. Wochentags sind auf der Strecke zudem viele Schüler und Berufspendler unterwegs.
Auch bei Spaziergängern und Joggern ist die Strecke beliebt, und so wird es auf dem an vielen Stellen nur zwei Meter breiten Teilstück zwischen der Endhaltestelle und dem Fernmeldeturm ziemlich eng. Der Neuostheimer Stadtteilverein fordert schon länger eine Lösung. Abgesehen von Beinahe-Unfällen und tatsächlichen Zusammenstößen werde der Ton auf der Strecke zunehmend rauer, hieß es bei einer Demo im September 2020, mit der zu mehr Rücksichtnahme aufgerufen wurde.
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Doch für Fahrradstraßen gibt es eine vom Gemeinderat beschlossene Prioritätenliste. Erst nachdem die fünf darin beschlossenen und finanzierten Projekte umgesetzt sind, können weitere Fahrradstraßen realisiert werden. "Also frühestens in fünf oder sechs Jahren. Es sei denn, ein anderes im Haushalt finanziertes Fahrradweg-Projekt wird zurückgestellt", kritisierte die ML den Mehrheitsbeschluss. Dieser sei umso unverständlicher, weil man sich doch zuvor nicht öffentlich am Runden Tisch Radverkehr einstimmig darauf verständigt habe, einen neuen Verwaltungsvorschlag zu prüfen: den Radweg im kritischen Bereich zeitnah auf einen bereits vorhandenen Weg auf halber Höhe des Neckardamms zu verlegen und Radfahrern zugleich die Option Paul-Martin-Ufer zu lassen, ohne dieses explizit als Fahrradstraße auszuweisen. "Der Runde Tisch ist kein beschlussfähiges Gremium", rechtfertigte FDP-Stadtrat Volker Beisel den seiner Fraktion vorgeworfenen "Sinneswandel".
Parteipolitischer Streit um ein kleines Stück Radweg, könnte man denken. Doch ganz so ist es nicht. Die Radwegführung von der Innenstadt über Neuostheim in Richtung Seckenheim und umgekehrt ist zwar nicht Teil des Radschnellwegs Heidelberg-Mannheim, wohl aber ein Zubringer und damit durchaus auch von regionaler Bedeutung.



