Neckar-Odenwald-Kreis

"Normalität im Spätsommer oder Herbst ist möglich"

Der Kanzleramtschef Helge Braun diskutierte mit Unternehmern aus der Region über Öffnungsschritte und wagt einen optimistischen Blick in die Zukunft.

20.05.2021 UPDATE: 21.05.2021 06:00 Uhr 2 Minuten, 48 Sekunden
Fallende Inzidenzen, steigende Impfquote und Schnelltestzentren (hier das in der Buchener Fußgängerzone) tragen dazu bei, dass Öffnungsschritte möglich sind. Foto: Martin Bernhard

Von Martin Bernhard

Neckar-Odenwald-Kreis. Kanzleramtschef und Bundesminister für besondere Aufgaben Helge Braun (CDU) hat am Dienstagabend mit rund 60 Teilnehmern aus dem Bundestagswahlkreis Odenwald-Tauber über die nächsten Öffnungsschritte in der Coronapandemie online diskutiert. Dabei ging es um finanzielle Überbrückungshilfen, Hygienekonzepte, digitale Lösungen und unterschiedliche Regelungen der Bundesländer und Landkreise.

Nach der Begrüßung durch die Bundestagsabgeordnete Nina Warken warf der Kanzleramtschef einen optimistischen Blick in die Zukunft: "Wir sehen Licht am Ende des Tunnels." Braun pries den Impfstoff-Hersteller Biontech für seine "gigantische Leistung". Doch trotz positiver Entwicklungen brauche es Zeit, die Pandemie zu überwinden. Man müsse weiterhin Kontakte vermeiden.

"Wir richten ein wachsames Auge nach Indien und Großbritannien", sagte Braun. Die Entwicklung in diesen Ländern bereite Sorge, denn die dort auftretenden Virusmutationen seien ansteckender. "Wir brauchen eine hohe Durchimpfungsquote", stellte er deshalb fest. "Je mehr Leute geimpft sind, desto besser." Er geht davon aus, dass sich die Lage wegen zunehmender Impfquoten und aus saisonalen Gründen entschärfen werde. Ungeimpfte müssten sich aber weiterhin regelmäßig testen lassen.

"Normalität im Spätsommer oder Herbst ist möglich", stelle Braun in Aussicht. Er freute sich darüber, dass die Wirtschaftshilfen für Unternehmen gut funktionierten. Diese verstehe man zunehmend als Brücke zur Normalität.

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MdB Alois Gerig leitete die anschließende Fragerunde, an der rund 60 Unternehmerinnen und Unternehmer aus der Region teilnahmen. Frank Bundschu, Vorsitzender des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) Main-Tauber, forderte, dass die Überbrückungshilfen über den 30. Juni hinaus bezahlt werden müssten. Außerdem wünscht er sich eine Smartphone-App, die Kontakte nachverfolgt und in der hinterlegt ist, ob die betreffende Person geimpft, genesen oder negativ getestet ist.

Die Inhaberin einer Gärtnerei äußerte ihr Unverständnis darüber, dass kleine Bekleidungsgeschäfte schließen mussten, obwohl dort Hygienekonzepte gut umgesetzt worden seien. Außerdem kritisierte sie, dass es schwierig sei, einen Impftermin zu erhalten.

Bernadette Martini, zweite Vorsitzende des Dehoga Neckar-Odenwald, kritisierte, dass die Pflicht zur Quarantäne für Reiserückkehrer aus Risikogebieten abgeschafft worden sei. So habe ein Kunde ihres Hotels seine Buchung storniert, weil die Reisebedingungen in Österreich besser und kalkulierbarer seien. "Wir sind mit dem Ausland nicht konkurrenzfähig", stellte sie fest.

Yvonne Hünenberg, stellvertretende Geschäftsführerin des Verbands Baden-Württembergischer Omnibusunternehmer, beklagte den "Flickenteppich in Deutschland", der zu unübersichtlichen Regelungen führe. Darunter leide die Busbranche. Außerdem forderte sie eine bessere finanzielle Regelung für Busunternehmen, die als Mischbetriebe im öffentlichen Personennahverkehr und in der Reisebranche tätig sind. Zudem wünschte sie sich, dass Reisebusse wieder mit voller Besetzung fahren dürften.

"Die ganze Pandemie in einer App zu haben, ist nicht trivial", erläuterte der Bundesminister. Denn es gehe um sensible Gesundheitsdaten. Die staatliche Corona-Warn-App sei für die anonyme Kontaktnachverfolgung entwickelt worden. Die Luca-App dagegen erfasse Namen und Adressen von Kontaktpersonen. "Mit zwei Apps können wir das aber schaffen", stellte Braun in Aussicht.

"Manche Dinge sind unerlässlich, andere nicht", sagte Braun dazu, dass z. B. kleine Bekleidungsgeschäfte im Gegensatz zu Lebensmittelgeschäften schließen mussten. "Es geht darum, Kontakte zu reduzieren." Er zeigte Verständnis dafür, dass man manche Maßnahmen für ungerecht halte. "Die Pandemie stellt uns vor unmögliche Aufgaben", sagte er.

Ähnlich verhalte es sich bei der Vergabe von Impfterminen. "Die Politik kann nicht alle Ungerechtigkeiten ausgleichen", stellte er fest. Man habe Älteren und Vorerkrankten den Vortritt gelassen. Da Geimpfte für niemanden mehr eine relevante Ansteckungsgefahr bedeuteten, habe man diesen ihre Grundrechte zurückgeben müssen.

Der Kanzleramtschef verteidigte die Entscheidung, die Quarantäne für Auslandsrückkehrer aus Ländern mit einer Inzidenz unter 200 auszusetzen. "Wir werden bald stabile, niedrige Infektionszahlen in Deutschland haben", kündigte er an. Bezüglich von Mischbetrieben bei Busunternehmen sieht auch Braun ein Problem bei der Überbrückungshilfe. "Wir suchen händeringend nach einer guten Idee", sagte er. Derzeit könne man solche Unternehmen nur auf den Härtefallfonds verweisen. Anträge, die dort eingingen, würden individuell überprüft.

Er sprach außerdem von einem "harten Ringen" mit der EU um die Verlängerung der Überbrückungshilfen. "Für mich ist diese Unterstützung keine Beihilfe", sagte Braun. Denn dadurch würden die Folgen staatlicher Maßnahmen ausgeglichen. Außerdem kündigte er Hilfen für Veranstalter an, damit diese bald Veranstaltungen für weniger Besucher wirtschaftlich organisieren könnten. Dass verlässliche Liefertermine beim Impfstoff nicht möglich seien, liegt nach den Worten des Bundesministers daran, dass man über keine Lagerhaltung der Vakzine verfüge. Dennoch habe man in jedem Quartal mehr Impfdosen erhalten, als vertraglich vereinbart worden sei.

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