Fragen und Antworten zur B37-Radspur
In Zukunft müssen Autos langsamer fahren: Statt 100 darf teilweise nur 70 und 50 km/h gefahren werden. Die Frage ist auch: Wie gelangen nun Rettungskräfte zu Verletzten?

Von Christoph Moll
Neckargemünd/Heidelberg. Nach jahrelanger Planung und mehreren Monaten Bauzeit sind die Arbeiten für die Radspur auf der Bundesstraße B 37 zwischen Neckargemünd und dem Heidelberger Stadtteil Schlierbach abgeschlossen. Am morgigen Freitag, 30. April, soll die Abnahme stattfinden, sodass – je nach Ergebnis – im Anschluss eine Freigabe erfolgen könnte. Die RNZ beantwortet die wichtigsten Fragen zu dem Projekt.
Um was geht es bei dem Vorhaben? Zwischen Neckargemünd und Heidelberg gibt es derzeit keinen Weg, auf dem sich Radler sicher fühlen. Auf beiden Seiten des Neckars gab es bisher lediglich Radstreifen, an denen die Autos mit Tempo 100 und mehr vorbeibrausten. Auf der B37 wurde nun einer der vier Fahrstreifen – jener am Neckar – durch Betonleitwände abgetrennt und ist nun für Radler reserviert. Auf der 3,6 Kilometer langen Strecke wurden Ampeln und Bushaltestellen umgebaut. Es handelt sich um einen Verkehrsversuch, der wissenschaftlich begleitet wird. Nach zwei Jahren wird entschieden, ob die 400.000 Euro teure Radspur zur Dauereinrichtung wird.
Wird es eine Eröffnung geben? Nein, zumindest vorerst nicht. "Eine offizielle Eröffnung wird es zeitnah geben, allerdings stehen der Termin und dessen Ausgestaltung aufgrund der Corona-Lage noch nicht abschließend fest", so Christiane Calis, Sprecherin der für das Vorhaben zuständigen Stadt Heidelberg.
Derzeit sind schon Radler auf der neuen Radspur unterwegs. Ist diese eigentlich noch gesperrt? Ja und nein. Zum Teil. Der bisherige Fahrradstreifen darf tatsächlich befahren werden. Nicht genutzt werden darf aber der Bereich zwischen der dicken weißen Markierung, die bisher den Radstreifen abtrennte, und der neuen Betonleitwand. "Der neue Radweg ist offiziell noch gesperrt", so Calis. "Der Bestandsradweg kann nach wie vor genutzt werden; ebenso der Weg, der oberhalb der Bahnlinie in Richtung Heidelberg führt."
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Was hat es mit den hohen Metallgittern auf sich, die auf die Betonelemente installiert wurden? "Die Installation der Metallgitter hängt mit der zulässigen Kfz-Geschwindigkeit zusammen", erklärt die Stadtsprecherin. Da auf der benachbarten Spur für den motorisierten Verkehr 70 Kilometer pro Stunde erlaubt sind, entstehe ein Windsog durch größere Fahrzeuge. Die Metallgitter sollen diesen abmildern und verhindern, dass Radler bei einem möglichen Sturz auf die Kfz-Spur fallen.
Gibt es im Bereich der neuen Verkehrsinseln zum Beispiel an den Bushaltestellen Kanten, die für Radfahrer gefährlich sind? Genau das befürchtet Albrecht Kern. Der Heidelberger Fahrradaktivist hat die von ihm befürwortete Radspur unter die Lupe genommen. Dabei ist der 59-Jährige bei den provisorischen Verkehrsinseln stutzig geworden. "Die Verkehrsinseln schützen die Fußgänger im Bushaltestellenbereich vor den vorbeigeleiteten Radfahrenden", erklärt Christiane Calis. "Diese Inseln sind sehr für ihren Zweck geeignet." Radler würden rechts an dem Bushaltestellenbereich mittels Gelbmarkierung und Verschwenkungsinseln vorbeigeleitet. "Die Verschwenkungsinseln sind also zum Schutz der Wartenden vor dem Radverkehr und notwendig", so die Stadtsprecherin weiter. Und: "In Richtung Radweg sind die Borde abgeflacht."
Wird es noch Arbeiten an der Fahrbahn geben? Fahrradaktivist Kern moniert beispielsweise die beschädigte Regenrinne am Stadtausgang von Neckargemünd. "Der Fahrbahnbelag ist unseres Erachtens durchweg verkehrssicher", so Christiane Calis. Es sei derzeit nicht geplant, die Schlitzrinnen seitlich des Radwegs an dem Bord auszubessern.
Wie gelangen eigentlich Rettungskräfte auf die Radspur, wenn es dort zu einem Unfall kommt? Insider aus dem Rettungswesen zeigten sich gegenüber der RNZ skeptisch wegen der hohen Aufsatzgitter. Die Radspur sei so nicht oder nur sehr schwer zugänglich. Darf die Radspur also mit einem Rettungswagen befahren werden oder müssen Rettungskräfte über die Gitter klettern und Patienten über diese gehoben werden, während der Rettungswagen auf der B 37 steht? Es könnten weite Wege entstehen, die Zeit kosten – was bei einem schwer verletzten Patienten zum Beispiel mit massivem Schädel-Hirn-Trauma nach einem Sturz sicher nicht förderlich sei, wird befürchtet.
"Die Betonleitwand mit Metallgitter hat alle 200 Meter Unterbrechungen, damit Rettungssanitäter an den Radweg gelangen können", erklärt Calis dazu. "In den Abschnitten ohne Metallgitter ist es möglich, über die Betonleitwand zu steigen." Es sei nicht vorgesehen, dass Rettungswagen auf der Radspur fahren. Diese sollen auf der B37 halten und die Besatzung solle die Lücken in der Betonwand nutzen, um zu Verletzten zu gelangen.
Welches Tempolimit gilt künftig für Autos, Busse und Laster im Bereich der Radspur? Die Zeiten mit Tempo 100 sind schon seit dem Baustart vorbei. Phasenweise wurde das Tempolimit während der Arbeiten auf 50 Kilometer pro Stunde gesenkt. Künftig gilt in Richtung Heidelberg Tempo 70 bis zur Schleuse in Schlierbach, wo das Limit auf 50 gesenkt wird. "Tempo 100 gibt es auf der neckarseitigen Spur nicht mehr", so Calis. "Von Heidelberg in Richtung Neckargemünd gilt ab etwa der Ziegelhäuser Brücke Tempo 70, auf der geraden Strecke nach Süden Tempo 100 und auf Höhe der Verengung auf eine Fahrspur wieder Tempo 70." Für Autofahrer stehen aus Neckargemünd heraus bis etwa zur Hälfte der Strecke zur Orthopädie zwei Fahrspuren zur Verfügung – und dann bis Schlierbach nur noch eine Spur. In die Gegenrichtung sind es ab Schlierbach zunächst zwei Spuren und später dann nur noch eine. So sollen langsam fahrende Fahrzeuge wie Traktoren, Lastwagen und Busse an den Ortsausfahrten noch überholt werden können.



