Betriebshof Heidelberg

"Das hier ist ein oberirdischer Klotz"

Offener Brief zur Gestaltung des Betriebshofs am Altstandort in Bergheim. Die Unterzeichner fordern mehr Umsicht bei der Stadtentwicklung.

13.04.2021 UPDATE: 14.04.2021 06:00 Uhr 2 Minuten, 20 Sekunden
Dort, wo der Betriebshof heute liegt – zwischen Email-Maier- und Karl-Metz-Straße – soll er auch neu gebaut werden. Wenn dies nach den gegenwärtigen Plänen geschieht, werde die Stadtentwicklung jedoch für die nächsten 100 Jahre blockiert, meinen Kritiker. Foto: Klaus Venus

Von Julia Lauer

Heidelberg. Die Mittermaierstraße ist nicht nur die wichtigste Verkehrsachse Bergheims in Nord-Süd-Richtung, sie trennt Bergheim auch in zwei Teile, und zwar in eine ansehnliche und eine weniger ansehnliche Hälfte. Das sieht zumindest der Architekt Dirk Rulffes so, der in Neuenheim ein Büro für Bauprojekte betreibt. Dafür, dass der Stadtteil zusammenwächst und Bergheim-West an Attraktivität gewinnt, spiele der Betriebshof eine wichtige Rolle, argumentiert er – weshalb er nun, wenige Tage bevor das viel diskutierte Bauvorhaben an diesem Mittwoch im Haupt- und Finanzausschuss des Gemeinderats behandelt wird, einen offenen Brief an die Stadt mit auf den Weg gebracht hat.

"Wenn man auf der Mittermaierstraße in Richtung Neuenheim fährt, guckt man rechts in Straßen, in denen alles entwickelt ist. Ganz anders als links", sagt der Architekt. Früher sei das kein derart großes Problem gewesen – anders als heute: "Wieblingen hat sich entwickelt, die Bahnstadt ist zu einem lebendigen Stadtteil geworden. Wenn man Bergheim voranbringen will, muss man diesen Stadtteil mit den umliegenden Quartieren verbinden", gibt er zu bedenken. Nun, mit dem Umbau des Betriebshofes, sieht er eine günstige Gelegenheit für eine Veränderung in diesem Sinne gekommen. Allein: Mit den Entwürfen, die Stadt und Rhein-Neckar-Verkehr GmbH (RNV) im Februar für den Betriebshof vorgestellt haben, hält Rulffes dies nicht für möglich.

Am Altstandort in Bergheim sollen nach den aktuellen Plänen von Stadt und RNV künftig 32 Bahnen und 30 Busse in einem sieben bis acht Meter hohen Gebäude parken. Auf dem Gelände des Betriebshofs ist zwar – anders als früher einmal angedacht – kein Wohnraum mehr vorgesehen, aber im Bereich der Emil-Maier-Straße soll ein öffentlicher Park entstehen. Und in den Gebäuden zur Karl-Metz-Straße hin sind im Erdgeschoss Nutzungen denkbar, die laut Stadtverwaltung "in den öffentlichen Raum hinausspielen und dort auch Attraktivität und Verbindung zum Landfriedgebäude schaffen".

Das klingt eigentlich nicht allzu weit entfernt von einer Lösung, die auch Architekt Rulffes gutheißen könnte. Denn gegen Parks, Geschäfte oder auch Lokale hat er nichts einzuwenden. Im Gegenteil: "Eine lebendige Stadt zeichnet sich durch eine vielfältige Nutzung aus", meint er, und ebendies hätten die Befürworter dieses Standorts schließlich auch versprochen. Aber: "So gut wie nichts davon wird umgesetzt", kritisiert der Architekt: "Das hier ist ein oberirdischer Klotz." Statt neue Fassaden hochzuziehen, gelte es, Bereiche zu schaffen, durch die man gerne hindurchgeht, erläutert Rulffes. Der Park jedenfalls reiche nicht. "Wir müssen aufpassen, dass wir uns nicht von schönen Bildern verwirren lassen. Ein Park braucht auch Menschen", meint der Architekt.

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Rulffes schlägt vor, den Bedarf an öffentlichem Personennahverkehr noch einmal auf den Prüfstand zu stellen, etwa mit Blick auf die künftigen Anforderungen bei Kapazität, Logistik oder auch Klimaschutz. Dann könne man auf dieser Grundlage entscheiden, ob Bergheim wirklich der richtige Ort für Abstellflächen und Werkstätten sei. Wenn ja, halte er ein unterirdisches Depot für die Bahnen für denkbar, die Busse könnten im Erdgeschoss parken. Drumherum könnten Wohnungen, Geschäfte, Kneipen und große Freitreppen und Durchwegungen entstehen, die Verbindungen in alle Himmelsrichtungen schaffen.

Die Kritik will Rulffes als konstruktiv verstanden wissen, deutlich ist sie trotzdem. "Die stadträumliche Vernetzung von der Bahnstadt bis ins Neuenheimer Feld bleibt auf der Strecke", heißt es in dem Brief. Und weiter: "Die Entwicklung und die Einbindung des Landfriedareals in Bergheim wird Stückwerk bleiben. Der FU-Campus verharrt in einer Randlage zwischen Tramdepot und Gleisen. Das alles wird für die nächsten 100 Jahre blockiert. Bergheim wird aufs Abstellgleis gestellt, mitten im Herzen von Heidelberg." Am Dienstag hatten den Brief 19 Menschen unterzeichnet, darunter die Direktorin der Volkshochschule, Silke Reck, der Unternehmer Hans-Jörg Kraus, Altstadtrat Christian Weiss und der Kurator des "Metropolink"-Festivals, Pascal Baumgärtner.

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