Stadt setzt auf Mehrfamilienhäuser und öffentliche Grünflächen
Debatte um Einfamilienhäuser - Überbleibsel aus alten Zeiten

Von Harald Berlinghof
Schwetzingen/Hockenheim/Plankstadt. "Hier erwartet Sie ein großzügig geplantes Einfamilienhaus in zentraler Lage mit 220 Quadratmeter Wohnfläche und 336 Quadratmeter Grundstücksfläche. Kaufpreis 790.000 Euro". So liest sich ein aktuelles Immobilienangebot im Schwetzinger Schälzig. Bezahlbarer Wohnraum ist das mit Sicherheit nicht. Vielmehr handelt es sich bei dem zum Verkauf stehenden Anwesen um jene Art von Wohnraum, die der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Anton Hofreiter, kürzlich mit einer umstrittenen Interview-Äußerung kritisiert hat.
Hofreiters Kritik richtete sich gegen den hohen Flächen-, Energie- und Materialverbrauch von Einfamilienhäusern. Dabei stellt sich die Frage, ob der Grünen-Politiker da nicht mit Kanonen auf Spatzen geschossen hat. Denn in den meisten Städten und Gemeinden finden sich überwiegend Zwei- und Dreifamilienhäuser. Das typische Einfamilienhaus, also die Villa mit Garten, stammt meist aus den 1960er- bis 1980er-Jahren.
Der Schwetzinger Stadtteil Schälzig ist solch ein Überbleibsel aus vergangenen Zeiten. Als der Schälzig in den Achtzigern geplant wurde, galten beim Hausbau noch ganz andere Kriterien als heute, betont Oberbürgermeister René Pöltl. In den jüngeren Baugebieten am Granitzky-Parkplatz und an der Markgrafenstraße habe man völlig andere Prioritäten gesetzt. Das gilt auch für das geplante Neubaugebiet auf dem ehemaligen Pfaudler-Areal. Dort seien gar keine Einfamilienhäuser mehr vorgesehen, so der Oberbürgermeister.
Nicht umsonst spricht Pöltl bei der Gestaltung dieses großen Wohn-, Arbeits- und Kulturareals von einer "Schwetzinger Urbanität". Viel Grün entsteht da, aber ohne private Gärten. Das Pfaudler-Areal sei ein hervorragendes Beispiel für die Innenentwicklung Schwetzingens, sagt Pöltl. Statt neuen Boden zu verbrauchen, wandle man ein ehemaliges Industrieareal in eine Wohnfläche um. Bei anderen Flächen in Schwetzingen, die der landesweit vorgegebenen Prämisse "Innenentwicklung vor Außenentwicklung" gerecht werden, achte man zunehmend darauf, bepflanzte Innenflächen als grüne Lungen zu erhalten.
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Für den Hockenheimer Oberbürgermeister Marcus Zeitler steht fest: "Wir als Kommune lassen uns von keinem Bundespolitiker vorschreiben, wie wir unsere Bebauungspläne ausgestalten. Wir wollen alle Wohnformen gleichberechtigt bei uns in der Stadt." Er sei nicht gegen Einfamilienhäuser, sondern offen für alles. "Geschosswohnungsbau und Einfamilienhäuser: Wir brauchen beides. Und wir können auch beides", betont Zeitler. "Mit seinen Äußerungen untergräbt Herr Hofreiter die Kompetenz der Verwaltungen und das kommunale Selbstverwaltungsrecht", schimpft der Hockenheimer Rathauschef.
Wer, wie Hofreiter, beim Thema Einfamilienhaus gar von Enteignung spricht, der findet bei den anderen Parteien nicht viele Freunde. Allerdings bleibt zu bedenken, dass der Grüne solche Enteignungen nur für Extremfälle angedacht hat, wenn die Eigentümer mit ihrem Verhalten eine Verödung der Innenstädte provozieren und vom Grundsatz "Eigentum verpflichtet" nichts hören wollen. In Plankstadt hat der Gemeinderat am Montag vergangener Woche eine neue Planung für das Baugebiet "Kantstraße Nord" beschlossen. Die Zahl der Einfamilienhäuser wurde dabei reduziert. Nun sollen auf dem 25 Hektar großen Areal nur noch insgesamt 27 Einfamilienhäuser entstehen. "Das sind meist Randgrundstücke, die keine andere Bebauung zulassen, weil die Zufahrten nicht untergebracht werden können. Auch im Antoniusquartier war das so", erklärt Bürgermeister Nils Drescher. In den letzten drei Jahren habe man fast alle innerörtlichen Baulücken geschlossen. Eine Innenraumverdichtung sei in Plankstadt deshalb kaum noch möglich.



