"Wir stehen noch ganz am Anfang"
Das Regierungspräsidium reicht den Planfeststellungsantrag zur Ertüchtigung des Rheindamms bei der Stadt Mannheim ein.

Von Olivia Kaiser
Mannheim. Darauf haben viele Baumschützer gewartet: Das Regierungspräsidium (RP) Karlsruhe hat am Freitag die Antragsunterlagen zur Ertüchtigung des Rheinhochwasserdamms bei der Stadt Mannheim zur Genehmigung eingereicht. Die wird in ihrer Rolle als Untere Wasserbehörde aktiv. Die Entscheidung über die Genehmigung der konkreten Maßnahmen zur Dammertüchtigung wird in einem Planfeststellungsverfahren gefasst, das mit der Ankunft der Unterlagen begonnen hat.
Das Landesvorhaben sorgt bereits seit geraumer Zeit vor allem bei den Bewohnern im Süden der Stadt für Aufregung, weil für die Sanierung des Rheindamms zwischen den Stadtteilen Neckarau und Lindenhof eine erhebliche Anzahl an Bäumen gefällt werden muss. Sie fürchten um den Charakter des Waldparks. Das RP spricht von 1000 "wertgebenden" Bäumen mit einem Durchmesser von mehr als 20 Zentimetern. Mehrere Initiativen haben sich gegründet, die bekannteste ist die Bürgerinteressengruppe (BIG) Lindenhof. Sie gehen von mehreren 1000 Bäumen aus. Die Sprecher betonen, genauso wie skeptische Kommunalpolitiker, dass sie nicht gegen das Projekt sind – immerhin geht es um die Sicherheit von Menschenleben. Es geht ihnen um das Wie.
Die BIG hat eigene Gutachten finanziert, die unter anderem ergeben haben, dass mit einer durchgängigen Spundwand viel weniger Bäume gefällt werden müssten. Die Pläne des RP sehen aber an Teilen des Damms eine Erdbauweise vor. Die Behörde argumentiert mit der Notwendigkeit der Dammverteidigung. Der Ball liegt jetzt im Feld der Stadt, von der sich viele Mannheimer erhoffen, dass sie sich alsbald gegen die Pläne des RP stellt, was die Rodungen betrifft.
"Wir können jetzt noch nichts entscheiden", dämpft Umweltbürgermeisterin Diana Pretzell (Grüne), in deren Dezernat die Prüfung erfolgt, die Erwartungen aus der Bürgerschaft. "Es handelt sich hier um ein komplexes Verfahren, das mehrere Jahre in Anspruch nehmen kann." Zunächst stehen Inhalte der Planung überhaupt nicht zur Debatte. Im ersten Schritt wird der Antrag auf seine Vollständigkeit geprüft, was schätzungsweise bis zum Frühsommer dauert. Die Untere Wasserbehörde vergewissert sich, ob alle Unterlagen für das Verfahren vorliegen und ob aus den eingereichten Papieren und Plänen alle Betroffenheiten zu erkennen sind. Wenn etwas fehlt, kann die Behörde Nachreichungen verlangen.
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Danach werden die Antragsunterlagen offen gelegt. Das bedeutet, dass jeder Einsicht nehmen und Einwendungen vorbringen kann. Diese werden – ebenso wie Stellungnahmen von Behörden und Verbänden – bei einem Erörterungstermin mit dem RP besprochen. Erst nach Abwägung aller Argumente erfolgt eine Entscheidung über den Planfeststellungsantrag. Ein wichtiger Umstand für Diana Pretzell: "Wir stehen also noch ganz am Anfang, und die Öffentlichkeit wird eingebunden." Etwa eineinhalb bis zwei Jahre werde es ihrer Schätzung nach dauern, bis über den Planfeststellungsantrag entschieden wird. "Wir wollen natürlich, dass so viel Natur wie möglich erhalten wird, aber wir wollen auch einen technisch soliden Hochwasserschutz."
Die Untere Wasserbehörde agiert als Planfeststellungsbehörde. Sie ist an die rechtlichen Vorgaben gebunden und trifft keine politische Entscheidung. Der Gemeinderat kann weder bei der Genehmigung noch bei der konkreten Ausgestaltung mitentscheiden. Die Stadt sei aber nicht nur Genehmigungsbehörde, sondern auch "Trägerin öffentlicher Belange", hebt die Umweltbürgermeisterin hervor. Das bedeutet, die Stadt kann bei der Öffentlichkeitsbeteiligung ihre Interessen vertreten. "Das werden wir tun", betont sie. Dazu werde man sich – ebenso wie die Untere Wasserbehörde bei ihrer Prüfung – unabhängige Experten an die Seite holen. Zudem ist die Stadt Mannheim auf einem etwa 300 Meter langen Abschnitt der Dammertüchtigung auch Bauherr.
Die Umweltbürgermeisterin ist seit Januar im Amt. Über die Rheindammsanierung hat sie sich umfassend informiert und sich dazu unter anderem auch mit der BIG vor Ort getroffen hat. "Wir liegen in unseren Auffassungen nicht weit auseinander", so Pretzell, die sich bereits in ihrer Tätigkeit beim WWF mit dem Thema Flussrenaturierung auseinandergesetzt hat.



