Drehleiter-Streit

Nußloch droht Leimen mit Ausstieg aus Verbund

Gemeinderat stimmte für Ersatzbeschaffung und deren Verbleib am alten Standort - Bürgermeister und Fraktionssprecher stellten sich auf die Seite ihrer Feuerwehr

10.12.2020 UPDATE: 11.12.2020 06:00 Uhr 2 Minuten, 1 Sekunde

Symbolfoto: dpa

Nußloch. (axe) Die Drehleiter der Feuerwehr soll in der Gemeinde bleiben, auch in Zukunft. Dafür haben sich am Mittwochabend alle vier Fraktionen des Nußlocher Gemeinderates und Bürgermeister Joachim Förster wie aus einem Martinshorn ausgesprochen. Genauso entschlossen und unisono wurden schwelende Vorwürfe zurückgewiesen – im Vorfeld war die erforderliche Eintreffzeit im Verbund thematisch hochgekocht. Und zwischen den Zeilen der Wortbeiträge aus der Bürgervertretung klang an, dass es bei der aufgeflammten Diskussion zwischen Mondspritzergemeinde und Leimen irgendwie auch darum gehe, wer sinnbildlich den größeren Schlauch hat.

Die Nachbarstadt hatte sich bekanntlich dafür stark gemacht, dass wegen höherer Brandlast und besserer Erreichbarkeit eine neue Drehleiter ihren Standort in Leimen haben sollte. Das bisherige Hubrettungsfahrzeug muss ersetzt werden. Obschon der Gemeinderat der Großen Kreisstadt eine Entscheidung zunächst vertagt hatte, waren die Signale an Deutlichkeit kaum zu überbieten. Ordentlich Druck machten vor allem die Wehrleute, die uniformiert und in Mannschaftsstärke zur Leimener Ratssitzung aufmarschiert waren.

Nußlochs Rathauschef Förster hatte die örtlichen Brandbekämpfer dringend darum ersucht, von einer solchen Demonstration abzusehen. Lediglich Nußlochs Kommandant Bernd Rensch und sein Stellvertreter Christian Kleindienst trugen aufgrund ihrer Funktion blau. In Zivil hatten sich aber gleichfalls Feuerwehrkollegen aus Sandhausen – der dritten Kommune im Drehleiter-Verbund – im Zuhörerraum eingefunden.

Als Offizieller nahm zudem Kreisbrandmeister Udo Dentz an der Sitzung teil. Er bestätigte auf Försters Nachfrage, dass er bei einer durchschnittlichen Eintreffzeit von zwölf Minuten keinen Anlass sehe, den Standort zu hinterfragen. Zwar gelten zehn Minuten als Richtschnur und die Statistik weist für die vergangenen drei Jahre über zwei Minuten mehr aus. Doch ziehe man davon Fahrten ab, die sich währenddessen als unnötig herausstellten und ohne Blaulicht über die Straßen gingen, betrage der Durchschnittswert unter elf Minuten, machte Förster deutlich.

Zur Frage, warum es in umgekehrter Richtung zwingend schneller vorangehen sollte, hob Förster auf die Erfahrung und Expertise seiner Brandbekämpfer an den Sprossen ab, von denen 16 als Drehleitermaschinisten ausgebildet und sechs jederzeit in Bereitschaft seien. Der Rathauschef betonte: "Unsere Jungs machen einen sehr guten Job und haben diesen auch schon immer gemacht. Wenn die Drehleiter unterwegs war, war die Sicherheit der Bürger von Nußloch – und ich glaube, ich darf das auch für Leimen und Sandhausen sagen – stets gewährleistet und nie in Gefahr."

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Ebenso entschlossen zeigten sich die Fraktionssprecher. Brandmarkten die Vorwürfe als vorgeschoben. Lobten Ausbildung und Arbeit der Freiwilligen Feuerwehr von Nußloch. Und umwarben mit warmen Worten die Sandhäuser Wehr.

Ein funktionierendes System werde mutwillig zerstört, erhitzten sich fast gleichlautend Michael Molitor (SPD) und Rouven Röser (CDU). Letzterer spekulierte über eine politische Duldung jedenfalls von Teilen der Leimener Verwaltung und stellte später in seiner Haushaltsrede gar die gemeinsame Gartenschau-Bewerbung zur Disposition. Die Drehleiter steht seit 45 Jahren in Nußloch, wie Ralf Baumeister (FDP/BfN) in Erinnerung rief. Er habe den Eindruck, "dass in hohem Maße suggestiv auf den Gemeinderat Leimens eingewirkt wurde." Angesichts des "nachhaltig gestörten Vertrauensverhältnisses" plädierte Yannick Veits (Grüne) dafür, im Falle eines Beharrens der Leimener aus dem Drehleiter-Verbund auszusteigen.

Was so auch verabschiedet wurde: "Der Gemeinderat beschließt für die Ersatzbeschaffung der Drehleiter den Standort Nußloch festzulegen." Andernfalls schert die Gemeinde mit Inbetriebnahme des Ersatzes aus dem Verbund der Drehleiter aus.

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