In Walldürn leuchtet im Winter das "America House"
Ein Stück Amerika in der Wallfahrtsstadt - Jeden Freitag tritt Jürgen Weckbach live auf

Von Tabea Laier
Walldürn. Wie in einem amerikanischen Weihnachtsfilm kommt man sich vor, wenn man in Walldürn in der Pater-Josef-Eckstein-Straße steht. Überall leuchten Lichterketten, Zuckerstangen, Weihnachtsmänner und vieles mehr. Wenn es im Winter dunkler und dunkler wird, erstrahlt das amerikanische Haus von Jürgen und Ariane Weckbach umso heller. Das in der Region gut bekannte Haus ist nicht nur eine optische Attraktion, sondern dient mit einer Spendensammlung für das benachbarte Odenwald-Hospiz zusätzlich einem guten Zweck. Aber nicht nur in dieser Hinsicht lebt Familie Weckbach ihre Affinität für das Amerikanische aus, denn Jürgen Weckbach ist musikalisch mit Country, Rock und Balladen Richtung Amerika unterwegs. In der Facebook-Gruppe "Elvis and Friends across the World" gibt er jeden Freitagabend Livekonzerte für die ganze Welt.
Das Faible für die USA kommt aus dem familiären Hintergrund des Ehepaars. Ariane Weckbach ist Halbamerikanerin, ein Großteil ihrer Familie lebt überall in den USA verteilt. Durch viele USA-Reisen inspiriert, wollte das Ehepaar vor 18 Jahren dann sogar ganz in die USA auswandern. Aus beruflichen Gründen entschieden sich Ariane und Jürgen Weckbach aber doch dagegen. Stattdessen bauten sie sich ein original nordamerikanisches Haus in Walldürn. Den Grundriss plante Jürgen Weckbach selbst, hergestellt wurde das Haus in den USA, dann nach Deutschland importiert und in Walldürn aufgebaut. Auch innen sei das Haus typisch amerikanisch mit bereits eingebauten Kleiderschränken und amerikanischen Türen, erzählt Jürgen Weckbach. Lediglich Wasser und Elektrik mussten den deutschen Standards entsprechen.
Im Winter begann Familie Weckbach dann, das "America House" mit immer mehr Lichterdekoration zu schmücken. Inzwischen schätzt Jürgen Weckbach die Beleuchtung auf insgesamt rund 1500 Lichter. "Der Aufbau dauert meistens eine ganze Woche. Ein paar Mal habe ich mir sogar extra dafür Urlaub genommen, dann ging es in drei Tagen", berichtet Jürgen Weckbach. Die Beleuchtung stammt fast ausschließlich direkt aus den USA. "Dort lässt es sich ganz toll Lichter shoppen", meint Weckbach im Vergleich zum Angebot auf dem deutschen Markt. Aber auch hierzulande habe sich die Auswahl inzwischen deutlich erweitert.
Das weihnachtliche Haus lockt jedes Jahr zahlreiche Besucher nach Walldürn, manche schauen sich das Haus beim Spazierengehen an, andere kommen extra aus anderen Orten angefahren. "Wir beobachten immer wieder Autos aus der weiteren Umgebung Richtung Miltenberg, die an unserem Haus anhalten und Fotos machen", erzählt Jürgen Weckbach. Seit letztem Jahr nutzt das Ehepaar diesen Zulauf, um Spenden für das Odenwald-Hospiz zu sammeln. "Das ist uns eine Herzenssache. Immer wieder kriegen wir mit, wie schwer es für solche Organisationen ist zu überleben", sagt der 52-Jährige. Dafür steht eine Spendenbox mit Infoschild vor dem Haus, in die Besucher eine Spende legen können. Letztes Jahr konnte das Ehepaar dem Hospiz so eine Spende in Höhe von 416 Euro nur durch ihr Weihnachtshaus überreichen. Auch in diesem Winter steht die Box wieder für Spenden bereit.
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Der andere Teil der Sympathie für die USA drückt sich im deutsch-amerikanischen Haushalt der Weckbachs durch Musik aus. "Ich mache Musik, seit ich denken kann", erzählt Jürgen Weckbach. Ganz konventionell habe er Schlagzeug und Gitarre gelernt, später kam dann noch das Keyboard und die Bassgitarre dazu. Bei einem Auftritt im "Fliegerstübchen", den seine Frau Ariane livestreamte, wurde dann die Musikmanagerin Carmen Gantt aus Texas auf ihn aufmerksam.
Im ersten Corona-Lockdown gründete Carmen Gantt gemeinsam mit dem deutschen Elvis-Interpreten Andy King die Facebook Gruppe "Elvis and Friends across the World". Die Idee dahinter war, musikalischen Künstlern und Elvis-Fans eine Plattform zu geben, auf der sie während Corona kostenlos musizieren beziehungsweise "Konzerte" besuchen können. So wurden immer mehr Künstler eingeladen, dort am Wochenende live Musik zu machen. Dabei bekommt jede Stunde ein anderer Künstler einen Zeitraum, in dem er sich beim Musizieren streamen kann. Inzwischen zählt die Facebook-Gruppe mehr als 18.000 Mitglieder aus der ganzen Welt. Kurz nachdem die Gruppe in den USA angelaufen ist, breitete sie sich schnell nach Deutschland, Großbritannien, Australien, Brasilien und in viele andere Länder aus.
Als Carmen Gantt durch Ariane Weckbach, die selbst großer Elvis-Fan ist, auf Jürgen Weckbach aufmerksam wurde, lud sie ihn ein, selbst in der Gruppe aufzutreten. "Das Besondere ist, dass man dort nur auf Einladung musizieren darf", freut sich der Hobby-Musiker. Obwohl er im Gegensatz zu vielen anderen Musikern bei "Elvis and Friends across the World" kein Elvis-Interpret ist und stattdessen Country-Songs und Balladen spielt, wurde ihm schon nach seinem ersten Auftritt ein fester Zeitraum – immer freitags um 20 Uhr – eingeräumt.

"Zuerst war ich etwas unsicher, ob die Elvis-Hardcore-Fans mich akzeptieren und meine Musik annehmen würden", erinnert sich Jürgen Weckbach. Schnell habe sich dort aber eine feste "Fan-Base" für ihn gebildet. Mittlerweile bekommt Jürgen Weckbach neben viel positivem Feedback sogar Songwünsche. "Gerade jetzt sind sehr viele Menschen zuhause und mit dieser tollen Aktion können sie Kontakt zum Rest der Welt aufrechterhalten und sogar neue Freundschaften entwickeln", sagt er. "Entstanden aus einer Corona-Laune im Lockdown, aber gewachsen wie eine große Familie, ist dies für viele mittlerweile ein schönes Ziel, auf das man sich wöchentlich freut."
Dass die Gruppe auch nach Corona weiterbesteht, davon geht Jürgen Weckbach aus. Natürlich hofft er, dass gerade die Künstler, die von der Musik leben, mit echten Auftritten wieder Fuß fassen können. Trotzdem denkt er, dass es sogar dann hin und wieder Onlinekonzerte bei "Elvis and Friends across the World" gibt.
Trotz der großen Liebe zu den USA haben Ariane und Jürgen Weckbach momentan keine Auswanderungspläne mehr. Da haben sie mit ihrem amerikanischen Haus einen guten Kompromiss gefunden. Und für Reisen in die Vereinigten Staaten haben sie ja genug Anlaufstellen.



